Was haben Niedersachsens Ministerpräsident und die iranischen Revolutionswächter gemeinsam? Ganz einfach: Wenn es ums Grundsätzliche geht, kennen Sie kein Pardon. Das bekommt gerade die Opposition im niedersächsischen Landtag zu spüren, die in intrigantester Weise eine Überläuferin aus dem links-grünen in das verspießert-grüne Feuchtbiotop an der Leine gelockt hat. Dass es solche Wellen schlägt, wenn einer vom Lager der erklärten Staatsmonopolkapitalisten ins Lager der heimlichen Staatsmonopolkapitalisten wechselt, kann man wohl nur mit machttaktischen Erwägungen erklären.
Da geht es um den Wählerwillen und die Demokratie ist in Gefahr. Kleiner machen wir`s nicht.
VW und Niedersachsen sind dafür ein Lehrbeispiel. Das Land hält 20% der Aktien an VW und mittels des in ganz Europa einmaligen Volkswagengesetzes übt es einen noch über diese Beteiligung weit hinausgehenden Einfluss auf das Unternehmen aus. Begründet wird das mit der wirtschaftlichen Bedeutung, die VW für das Land hat. Da könnten sich Bayern und BMW mal ein Beispiel dran nehmen, wie man erfolgreich den Seehofer (der sich ja sonst für nix zu schade ist) mittels eines Jobs oberhalb der Gehaltsklasse eines Crashtest-Dummys für die Unternehmensziele des wichtigsten Arbeitgebers der Region produktiv schalten könnte.
Ein weiterer Nebeneffekt dieser staatskapitalistischen Verfilzung ist das Gefühl von Unverwundbarkeit, welches sie ihren Protagonisten einimpft. Nicht nur, indem sie ihnen ein über ihre Fähigkeiten und Verdienste weit hinausgehendes Einkommen verschafft getreu der sozialistischen Definition von Gerechtigkeit („Jedem nach seinen Bedürfnissen“, mit anderen Worten „mir das Meiste“), sondern auch, indem sie der vom Filz ebenso profitierenden Managerkaste das Gefühl der Unverwundbarkeit verleiht. „Was soll mir schon passieren, ich habe die Handynummer des Ministerpräsidenten, Bundeskanzlers oder EU-Kommissionspräsidenten, Ihr armen kleinen Würstchen“. Anders kann man sich die Hybris eigentlich nicht erklären, den Beweis für ein Wirtschaftsvergehen ein paar Millionen Mal zu kopieren und in ebenso viele Autos zu verbauen, damit der Beweis für die Ewigkeit gesichert ist. Manche Kriminelle wollen halt erwischt werden, weil es ihrem Leben Bedeutung verleiht. Das hört man in diesen Forensiksendungen, die seit einigen Jahren so in sind, immer wieder.
Was würde Karl Marx tun?
Als Neo-Österreicher kann ich ihm leider nicht sagen, was Karl vorgeschlagen hätte. Aber ich kann ihm sagen, was Ludwig Erhard ihm wahrscheinlich gesagt hätte: Hier liegt ein Interessenkonflikt vor, der sicher nicht dadurch bewältigt werden wird, dass man das inkriminierte Management um Erlaubnis fragt, was man tun, sagen oder lassen soll. Dieser Konflikt lässt sich nur durch Aufgabe einer im Grunde unvereinbaren Doppelrolle lösen. Das konnte er natürlich so nicht tun. Warum nicht?
Erstens, weil die Pöstchenwirtschaft ihre Profiteure abhängig macht. Das schöne Geld, die Annehmlichkeiten, die Dienstreisen im Rahmen der Dienstpflichten, die Honneurs, die Übersteigerung der eigenen Bedeutung, das sind alles Dinge, die sich an ihre Besitzer klammern wie die „Needful Things“ im Roman „in einer kleinen Stadt“ von Stephen King.
Sie sehen also, worauf das hinausläuft: Die Zeche dieses Versagens werden zwei Gruppen von Leuten zahlen: Die Aktionäre von VW und der Steuerzahler, soweit resultierende Verluste den zu versteuernden Gewinn mindern. Das ist angesichts der Milliardenzahlungen in den USA bereits heute der Fall und zwar nicht zu knapp.
Macht ja nichts, wir haben`s ja.
Und bevor sie sich jetzt zurücklehnen und dankbar darüber halluzinieren, dass das ja nicht dauernd passiert, hier noch eine kleine „hallo-wach!“-Pille: VW ist überall. Der Staatsmonopolkapitalismus, sein Filz, seine Korruption, seine Pöstchenwirtschaft, ist das konstituierende Merkmal des neuen Europa. Das drückt sich aus in den privatisierbaren Vermögenswerten der Staaten. Wer da anfängt zu graben, stößt auf große Zahlen: Deutschland weit über 1.000 Milliarden Euro, Frankreich ebenso, Italien wohl über 1.200 Milliarden, sogar das heruntergewirtschaftete Griechenland über 200 Mrd. Euro (die zugunsten der Oligarchen gut versteckt worden sind). Europa könnte sich von seiner Schuldenkrise mit dem Rückzug des Staates von diesen Beteiligungen befreien. Das wird aber mit unseren politischen Eliten nicht passieren. Dreimal dürfen sie raten, warum.
Deshalb brauchen wir einen Bruch mit den Eliten, die der Korruption und der Pöstchenwirtschaft frönen. Dann kann es auch wieder bergauf gehen mit Europa.
MEGA. Make Europe Great Again.