Tichys Einblick
Eine persönliche Sicht

Was spricht für welchen Kandidaten im CDU-Vorsitz?

Ein Mitglied der WerteUnion und Mittelstandsvereinigung der CDU wirft seinen Blick auf die Hauptkandidaten für den CDU-Vorsitz.

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Es ist viel passiert, seit Angela Merkel endlich bekannt gegeben hat, dass sie sich zurückzieht, zwar auf Raten, aber immerhin. Frau Dr. „Wir schaffen das“, schafft es eben nicht mehr. Sie schafft es nicht mehr, der Bevölkerung klar zu machen, dass eine Zunahme von Kriminalität bei Messerattacken, Gruppenvergewaltigungen, sexueller Belästigung und Morden rein gar nichts mit Ihrer Flüchtlingspolitik zu tun haben.

Die Wahlergebnisse waren dafür zu eindeutig, als dass man diese alleine auf Horst Seehofer und seine angebliche Streitlust schieben konnte. Bemerkenswert, diese nach jeder Wahl einsetzenden immer gleichen Floskeln der Medien „Das Erscheinungsbild der Regierung leidet unter Seehofer“, „Wenn Seehofer nicht wäre, dann wären die Wahlergebnisse anders ausgefallen“, usw., usw.

Ich stelle mir gerne das Gesicht des Wählers nach solchen Erklärungen vor. Denkt er: „Klar, denn darum ging es mir, um euren Streit und um euer Erscheinungsbild, also bitte in Zukunft umarmt euch mal, habt euch alle lieb und vor allem lasst zwecks besseren Erscheinungsbildes ein paar Nasen besser nicht mehr vor die Kamera.“

Die Wahrheit sieht wohl anders aus.

Der große weiße Elefant steht immer noch im Raum. Natürlich benennt man ihn immer noch nicht deutlich – aber jeder weiß, dass er da ist. „Die Mutter aller schlechten Wahlergebnisse“ ist und bleibt die völlig aus dem Ruder gelaufene Flüchtlings-/Migrationskrise.

Aber sei’s drum, Angela Merkel gibt im Dezember den Parteivorsitz ab; der Anfang vom Ende der Ära Merkel ist gemacht.

Jens Spahn war der erste, der sich als Nachfolger positionierte. Jung, engagiert, konservativ und vor allem einer der wenigen, der den großen weißen Elefanten im Raum sieht und auf diesen auch mit dem Finger zeigt.

Meines Erachtens ein fähiger Mann, der nicht nur der CDU, sondern auch diesem Land gut tun würde. Quasi ein deutscher Kurz. Natürlich werden Kritiker jetzt anführen, Spahn war in Merkels Kabinett, er ist vorbelastet.

Aber diesen Kritikern gebe ich eines zu bedenken – auch Sebastian Kurz hat unter Christian Kern erst in einer Regierung gearbeitet, die die Politik von Merkel in der Migrationsthematik unterstützt hat.

Bedenken an der Migrationspolitik Merkels haben beide geäußert, wieso sollte dieses jetzt bei Jens Spahn weniger glaubhaft sein als seinerzeit bei Sebastian Kurz?

Aber kommen wir zur nächsten Kandidatin. Die zweite, die ihren Hut in den Ring geworfen hat, war Annegret Kramp-Karrenbauer. Bei dieser Kandidatin dürfte bereits für viele der Name das aufregendste gewesen sein, ansonsten könnte man kurz damit schließen: „Merkel 2.0“.

Wie Phönix aus der Asche kommt der neue, alte Heilsbringer der konservativen, wirtschaftsliberalen CDU, Friedrich Merz. Der Mann, der von Merkel weggebissen worden ist; der Mann aus der CDU, der Streit mit Angela Merkel hatte.

Ich war schon recht erstaunt, wie jahrelange Mitstreiter der WerteUnion und KonradsErben, die ansonsten immer klug und überlegt gehandelt haben (seinerzeit galt ich als der unüberlegte Hitzkopf) reflexartig Texte wie diese in die Öffentlichkeit schickten: „Unter einem Vorsitzenden Friedrich Merz bleibt Merkel kein halbes Jahr mehr Kanzlerin. Das erträgt selbst sie nicht.“ oder „Merz hat das Potenzial, der Partei wieder ein klares Profil zu geben“, so, als ob dieser schon gesetzt wäre.

Als ob es einen großen Konsens innerhalb der WerteUnion gegeben hätte, an dessen Ende so ein Statement hätte stehen können, denn den gab und gibt es mitnichten. Aber sei’s drum, ich tue das jetzt mal als überschwängliche Vorfreude auf das hoffentlich nahe Ende der Kanzlerschaft Merkel ab.

Nur eines können wir leider nicht abtun, wir müssen uns schon näher mit dem Kandidaten Friedrich Merz beschäftigen. Ein „Er hatte mal Streit mit Merkel“ reicht mir da nicht.

Wir wissen es nicht, seine Pressekonferenz war so nichtssagend, dass man hätte meinen können, diese stammt aus derselben Feder wie die Reden der Noch-Kanzlerin.

Aber eines wissen wir gewiss über Friedrich Merz, dass er ebenso wie sein Arbeitgeber BlackRock ein Verfechter eines gemeinsamen EU-Haushalts sowie einer europäischen Bankenunion ist. Wie Merkel und Macron setzt sich Merz für die Enteignung der deutschen Sparer ein. Und vor dem Hintergrund ist es für die Meinungsbildung dringend erforderlich zu erfahren, wie weit er die Vorstellungen im Fragen der Migration seines Arbeitgebers teilt.

Nein, bei aller Euphorie sollten wir nicht denselben Fehler wie die SPD seinerzeit begehen und uns einen „100% Merz“ als Zugführer holen, ehe wir genau wissen, wohin dieser Merz-Zug eigentlich fährt. Haben wir es mit jemandem zu tun, der ein paar Jahre geruht hat, um jetzt sein Herz für Deutschland und die Deutschen wieder zu entdecken. Oder haben wir es hier ähnlich wie bei Macron nur mit einem weiteren Lobbyisten zu tun?

Also, liebe Mitstreiter, ehe wir jetzt alle anfangen „Martin, Martin“, ach, es war ja „Friedrich, Friedrich“, zu rufen, sollten wir diese Fragen doch bitte erst einmal klären. Dass so ein Merz-Zug ähnlich dem von Martin Schulz entgleisen kann, dass haben wir doch alle schon einmal gesehen.


Markus Mittwoch, WerteUnion, Mittelstandsvereinigung der CDU

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