Nach dem was Internist und Onkologe Dr. Stefan Wöhrer im Corona-Quartett von Servus-TV am 23. November sagte, bat ich ihn um Beantwortung von Fragen, die in der öffentlichen Berichtswelt gestreift werden, das aber regelmäßig mit fahrlässiger Ungenauigkeit. Was leisten Tests, fragte ich Stefan Wöhrer als erstes, seine Antworten brachten mich auf die Idee, statt eines einmaligen Interviews eine lockere Serie von Fragen und Antworten zu versuchen. Hier Teil eins.
Ist positiv PCR-getestet der Nachweis von Covid-19 oder nur der von irgendwelchen Corona-Viren oder Partikeln von solchen?
Die zugelassen PCR-Tests weisen spezifische Fragmente des SARS-CoV-2 Virus nach. Andere Viren oder andere Corona-Stämme werden damit nicht nachgewiesen. Es ist somit sehr unwahrscheinlich, dass man bei einer viralen Infektion, die nicht durch das SARS-CoV-2 Virus verursacht wird, einen positiven SARS-CoV-2 Befund bekommt. Wichtig zu wissen ist allerdings, dass mit dem PCR-Tests nur ca. 20 Basen-Paare nachgewiesen werden, obwohl das Genom des SARS-CoV-2 Virus eine Länge von 30.000 Basen-Paaren hat. Wenn das Virus im Rahmen der Immunantwort abgebaut wird, bleiben oft einzelne Fragmente bis zu mehreren Wochen nach der Infektion in der Mund- und Nasenschleimhaut vorhanden. Diese Fragmente können dann mittels PCR noch nachgewiesen werden und ergeben somit einen positiven Befund, ohne dass der Patient krank oder ansteckend wäre. Bei ca. 20 Prozent der Bevölkerung sind solche Fragmente bis zu acht Wochen nach durchgemachter Infektion nachweisbar.
Oft muss tagelang auf das Ergebnis von PCR-Tests gewartet werden. Welche anderen Tests leisten ein sofortiges Ergebnis?
Seit Anfang September sind in Europa sogenannte Antigen-Schnelltests verfügbar. Die Material-Abnahme geschieht dabei wie beim PCR-Test über Nase- oder Rachenabstrich. Das Ergebnis ist innerhalb von 15-20 Minuten verfügbar und man benötigt keine Laborgeräte für die Test-Auswertung. Damit können diese Tests flächendeckend angewandt und rasch ausgewertet werden. Die Spezifität (positives Test-Ergebnis = tatsächliches Vorhandensein des Virus) ist sehr hoch, tatsächlich höher als bei PCR-Tests, und liegt bei ca. 99,5%. Die Sensitivität dieser Tests, also die Empfindlichkeit, ein Virus zu entdecken, liegt bei ca. 94%, ist aber abhängig von der Viruslast.
Wenn ein Patient eine hohe Virus-Last hat (niedriger Ct-Wert), ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, diesen Patienten mittels Schnelltest richtig zu identifizieren. Erfahrungen aus unserem Labor zeigen eine Sensitivität von 98% bei Ct-Werten unter 30. Bei einer sehr niedrigen Viruslast (Ct-Werte über 30) schneiden die Antigen Schnelltests deutlich schlechter ab und haben nur mehr eine Sensitivität von ca. 20%. Wenn die Viruslast also niedrig ist, d.h. entweder zu Beginn oder am Ende einer Erkrankung, sind Schnelltests nicht verlässlich und müssen mit einem PCR-Test bestätigt werden. Dieses Konzept haben leider einige Entscheidungsträger, zumindest in Österreich, nicht verstanden und es ist daher Usus, dass positive Schnelltest-Befunde mittels PCR bestätigt werden müssen und negative ohne weitere Testung akzeptiert werden. Also genau umgekehrt, wie die Logik gebieten würde. Dies führt dazu, dass SARS-CoV-2 positive Patienten mit einem negativen Antigen-Schnelltest-Befund herumlaufen und sich und ihr soziales Umfeld in falscher Sicherheit wähnen. Wie schon Marc Twain meinte: “It Ain’t What You Don’t Know That Gets You Into Trouble. It’s What You Know for Sure That Just Ain’t So“
Welche dieser anderen Tests sind genauer oder ungenauer?
PCR-Tests sind die empfindlichsten Tests, mit der höchsten Sensitivität und werden weltweit als Goldstandard anerkannt. Wie oben erwähnt kann dieser Test allerdings nicht nachweisen, ob ein lebensfähiges Virus vorhanden ist oder nur noch Virusfragmente vorliegen. Antigen-Schnelltests haben eine deutlich niedrigere Sensitivität, die wiederum von der Viruslast abhängt. Bei einer niedrigen Viruslast (d.h. Ct-Wert über 30) sinkt die Sensitivität der Schnelltests dramatisch ab und liegt nur mehr bei ca. 20%. Sie haben allerdings eine sehr hohe Spezifität (99,5%) und liefern ein rasches Ergebnis. Manche Ärzte verwenden eine Kombination aus Antigen-Schelltest und PCR-Test, wodurch das Beste aus zwei Welten vereint wird. Alle Tests sind aber von der Abstrichqualität abhängig. Der Nasenrachenabstrich ist hier nach wie vor der Goldstandard. Die Sensitivität aller Tests sinkt signifikant bei Abstrichen aus der Mundhöhle oder bei Gurgelproben. Letztere sind in Österreich weit verbreitet, was unweigerlich zu einem Anstieg an falsch negativen Befunden führt und eine mögliche Erklärung für die unkontrollierte und rasche Ausbreitung des Virus während der zweiten Welle in Österreich sein könnte.
Bringt erst eine klinische Untersuchung das zuverlässige Ergebnis?
Nein. Die meisten SARS-CoV-2 positiv Getesteten sind entweder asymptomatisch oder haben nur milde Symptome, die klinisch nicht auffallen würden. Des Weiteren sind die Symptome nicht von anderen „grippalen Infekten“ zu unterscheiden. Eine klinische Untersuchung hilft nicht wirklich weiter, außer es geht darum, die Schwere der COVID-19-Erkrankung festzustellen und dem Patienten die richtige Betreuung zukommen zu lassen.
Wann kann seriös von infiziert gesprochen werden?
Grundsätzlich bedeutet „Infektion“ das Eindringen von „krankheitserregenden Keimen“ in den Organismus. Wenn nun ein Mensch auf SARS-CoV-2 positiv getestet wurde, dann liegt eine Infektion mit diesem Virus vor. Dass bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass dieser Mensch auch Krankheitssymptome entwickelt. Wie oben erwähnt, verlaufen viele SARS-CoV-2-Infektionen asymptomatisch. Zu Beginn der Pandemie wurde noch zwischen SARS-CoV-2-Positivität und COVID-19 (Corona Virus Disease 2019) unterschieden, um dieser klinischen Differenzierung Rechnung zu tragen (analog zu HIV Positivität und AIDS). Im Laufe der letzten Monate verschwand diese Differenzierung allerdings komplett und es wurde die SARS-CoV-2-Positivität mit COVID-19 gleichgesetzt.
Nach welcher Zeit oder welchen Untersuchungen ist ein als geheilt Geltender nicht mehr ansteckend?
Wenn kein Virus mehr nachgewiesen werden kann. Dies kann je nach dem Gesundheitszustand des Patienten wenige Tage bis mehrere Wochen dauern.
Wie lange kann sich der Geheilte nicht neu anstecken? Z.B. an Covid-20 usw.?
Man geht davon aus, dass ein spezifischer Immunschutz gegen das SARS-CoV-2-Virus aufgebaut wird, der für zumindest einige Monate bestehen bleibt und den Patienten vor COVID-19 schützt. Das bedeutet aber nicht, dass ein Immunschutz gegen andere virale Erkrankungen wie z.B. Influenz, andere Corona Viren, RSV, usw. besteht.
Ist Herdenimmunität nicht das wirkliche Ziel jeder Strategie, ohne dass die Verantwortlichen das sagen?
Ja. Eine Herdeimmunität wird entweder durch durchgemachte Infektionen oder Impfungen erreicht und führt ab einem gewissen Prozentsatz (ca. 60-80%) zum Schutz der gesamten Herde (d.h. Bevölkerung). Wenn genug Personen einen Immunschutz aufgebaut haben, kann das Virus nicht mehr übertragen werden und es kommt zum Rückgang der Infektionen.
Welche Schlüsse ergeben sich aus Todeszahlen? Gibt es überhaupt seriös Covid zuordenbare?
Da die Todeszahlen in vielen Ländern auf unterschiedliche Art und Weise zustande kommen, sind sie nicht zuordenbar. Wenn man zum Beispiel in Österreich SARS-CoV-2 positiv getestet wurde, und innerhalb der nächsten 28 Tage verstirbt, gilt man – unabhängig von der tatsächlichen Todesursache [sic!] – als COVID-19-Toter. Das ist natürlich hochgradig unseriös und von medizinischer Seite absolut nicht nachvollziehbar. Dementsprechend kann und sollte man keine Entscheidungen treffen, die auf diesen Daten basieren, da die tatsächliche Mortalität (Sterblichkeit durch das SARS-CoV-2 Virus) unweigerlich überschätzt wird. Basierend auf Antikörper Studien, konnte Ioannidis kürzlich zeigen, dass die Gesamt-Mortalität des SARS-CoV-2 Virus bei 0,27% liegt. Menschen unter 70 Jahren hatten eine Mortalität von 0,05% – also deutlich niedriger als initial angenommen.
Vielen Dank, Herr Doktor Wöhrer. Bis zum nächsten Mal.