Tichys Einblick
Nach Lügen in der Pandemie

Warum ist Karl Lauterbach immer noch im Amt?

Karl Lauterbach ist diese Woche der Lüge überführt worden. Von niemand geringerem als dem Vizepräsidenten des Bundestags, Wolfgang Kubicki. Auch sonst hat der Gesundheitsminister sein Amt nicht im Griff. Warum entlässt Olaf Scholz ihn nicht?

picture alliance/dpa | Michael Matthey

Karl Lauterbach ist der Mann, der „Die Wissenschaft“™ in die Politik bringt. Seine Politik beruht auf „Studien“, die nur er auswerten konnte. Er ist damit der Mann, der uns durch und aus der hochgefährlichen Pandemie führen kann. So lautete die Erzählung, die den neuen Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Dezember 2021 bewogen hat, den Mann aus Leverkusen zum Gesundheitsminister in seinem Kabinett zu machen. Diese Woche ist diese Erzählung – neudeutsch Narrativ genannt – in sich zusammengebrochen. Kein Verschwörungstheoretiker hat den amtierenden Gesundheitsminister der Lüge überführt. Es war der Vizepräsident des Bundestags persönlich: Wolfgang Kubicki (FDP).

Das Robert Koch-Institut (RKI) wollte bereits Anfang 2022 Entwarnung in Sachen Corona geben. Karl Lauterbach hat es dem Institut untersagt, weil dies ein falsches Zeichen sei. Die Politik hat der Wissenschaft befohlen, was sie der Politik zu raten hat, damit die so tun kann, als ob sie nur die Empfehlungen der Wissenschaft umsetzt. Die ganze Erzählung um Karl „Studie gelesen“ Lauterbach ist in sich zusammengebrochen. Nur noch seine größten Fans halten an ihm fest. Also ARD und ZDF sowie die Zeitungen, in denen Lauterbachs Ministerium so massiv Anzeigen schaltet, dass es mittlerweile sogar den Bundesrechnungshof auf den Plan ruft.

Achtung, Glosse!
Wenn Lauterbach lügt – und Kubicki keift
Trotzdem ist Lauterbach noch im Amt. Warum? Weil er als der Mann, der aus „Die Wissenschaft“™ kommt, eben dieses Amt ansonsten so gut im Griff hat? Nein. Das nicht. Das nun wirklich nicht. Die Horrormeldungen schlagen eigentlich täglich rund um den Gesundheitsminister ein. Eigentlich bräuchte es eine eigene Rubrik „Lauterbachs Versagen“, um alle darstellen zu können.

Dieses Versagen kommt Unternehmen und Arbeitnehmer teuer zu stehen. Unter Lauterbach sind die Beiträge zur Krankenkasse jedes Jahr moderat gestiegen. Das ändert sich jetzt. Zum nächsten Jahreswechsel gehen sie sprungartig nach oben. Die DAK-Gesundheit geht von 0,5 Prozent im Schnitt aus. Die Beiträge zur Pflegeversicherung hat Lauterbach bereits massiv erhöht – um jetzt zu sagen, dass sich mit dem bisherigen Geld qualitativ wertvolle Pflege nicht bezahlen lasse. Die nächste Erhöhung ist nur eine Frage der Zeit.

Lauterbach scheitert schon an einfachen Aufgaben. Etwa an dem Entwurf von Gesetzestexten. Selbst dann, wenn sein Haus sich für diese länger Zeit genommen hat als vorgesehen: etwa das Cannabisgesetz. Das regelt unter anderem, ob Vergehen rund um den Handel von Cannabis strafbar sind. Zumindest sollte es das, tut es aber nicht, wie die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) moniert.

Der Handel ist strafbar und kann zu hohen Strafen führen, wenn es sich um eine „nicht geringe Menge“ handelt. So heißt es im Gesetz. „Ab welchem Gewicht von einer ,nicht geringen Menge‘ auszugehen ist, wurde bewusst nicht gesetzlich geregelt, sondern der Rechtsprechung überlassen, die die geänderte Risikobewertung zu berücksichtigen hat“, schreibt die Kammer in ihrem aktuellen Newsletter. Die Richter müssen die Lücken füllen, die Lauterbach lässt: „Dies führt nach den Erkenntnissen der BRAK in der Praxis schon jetzt zu großer Verunsicherung.“ Die Kammer hat sich nun angeboten, für Lauterbach einen Entwurfstext zu schreiben, der die Rechtsunsicherheit beseitigt.

Umfrage von Allensbach
Karl Lauterbach ist die absolute Killervariante des deutschen Gesundheitswesens
In der politischen Zusammenarbeit ist auch kein Verlass auf Lauterbach, wie CDU und CSU beklagen. Der Minister setzt wichtige Themen auf die Tagesordnung des Kabinetts. Etwa das „Apothekenreformgesetz“ oder das „Gesundes-Herz-Gesetz“. Doch die werden dann nicht beraten, wie der gesundheitspolitische Sprecher der Union, Tino Sorge, mitteilt: „Die Kabinettzeitplanung aus dem Hause Lauterbach ist mittlerweile wertlos geworden, das Papier sollte man künftig lieber einsparen.“ Erst bringe Lauterbach seine Vorhaben „mit Brachialgewalt“ ins Verfahren ein, dann würden sie aber in der Abstimmung zwischen den Ministerien festhängen. „Damit wird immer deutlicher, wie stark der Einfluss des Gesundheitsministers innerhalb der ,Fortschrittskoalition‘ schwindet.“ Die Folgen sind laut Union gravierend. Etwa dass es Apothekern an Planungssicherheit fehle.

Kubicki hat Lauterbach in Sachen RKI auf der Basis von Akten überführt, die Lauterbach nicht freigeben wollte. Es hat einen Prozess von Journalisten gegen den Staat gebraucht – ebenso ein Datenloch, bis die Wahrheit endlich ans Licht kam. Lauterbach hat der Wahrheit einen harten Kampf geliefert. Doch letztlich auch den verloren. In einer auf Leistung basierten Regierung wäre Lauterbach längst ausgetauscht worden. Doch der Chef dieser Regierung ist Olaf „hab ich vergessen“ Scholz. Inkompetent und der Lüge überführt? Letztlich passt Lauterbach dann doch wieder in dessen Kabinett.

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