Tichys Einblick
Tarnen, tricksen, täuschen, löschen

Es ist etwas faul im Hause Olaf Scholz

Offenbar wurden im Haus des vormaligen Bundesfinanzministers Olaf Scholz bei seinem Wechsel ins Kanzleramt E-Mails in großem Stil rechtswidrig gelöscht. Zufall? Hat das alles rein gar nichts mit Scholzens „Erinnerungslücken“ in Sachen „Warburg-Bank“ zu tun?

Die Cum-Ex-, die Cum-Cum- und die Warburg-Affären seien hier nicht noch einmal im Detail aufgelistet. Darüber hat TE detailliert und regelmäßig berichtet. Zuletzt hier:

Nun stellt sich nach und nach heraus, dass im damals von Olaf Scholz (SPD) geleiteten Bundesfinanzministerium zu dessen Wechsel ins Kanzleramt in offenbar großem Stil E-Mails gelöscht wurden. Zufall? Hat das alles rein gar nichts mit Scholzens „Erinnerungslücken“ in Sachen „Warburg-Bank“ zu tun?

Im Januar 2023 hatte die AfD-Fraktion und im Juli 2023 auch die Fraktion der Linken im Bundestag Kleine Anfragen gestellt. Hintergrund waren Recherchen der „Welt am Sonntag“ vom 24. Dezember 2022 zu diesen Löschungen. Wie die Unterlagen zeigen, hatte das für die Beantwortung der Anfragen zuständige Innenministerium zur Vorbereitung von Antworten detaillierte Angaben der verschiedenen Ministerien eingeholt. Als Reaktion auf die Anfrage der AfD-Fraktion bestätigte im Januar 2024 die Mehrzahl der Ministerien dem Innenressort, dass persönliche Mail-Postfächer der Minister nach ihrem Abschied gelöscht würden. Im Anschluss entschied sich das Innenministerium aber – vermutlich auch auf Druck des Bundeskanzleramts –, den Bundestag mit eher nichtssagenden Aussagen zu bescheiden. Es gebe „keine Regelungen für die Löschung von E-Mail-Postfächern der Mitglieder der Bundesregierung nach Beendigung des Amtsverhältnisses“, hieß es im offiziellen Text. Die Bestätigung, dass es die Löschungen gab, fehlte bezeichnenderweise in der Antwort.

Das von Nancy Faeser (SPD) geführte Innenministerium verteidigte schließlich die verkürzten Aussagen. Man habe den Aussagewert dieser dann nicht verwendeten Teilantworten als „gering eingeschätzt“, so ein Sprecher. Die „Welt“ schreibt am 24. August 2024 dann auch vermutlich mit vollem Recht: „Als Scholz betroffen war, hielt das Innenministerium Informationen zurück.“

Folgenlos blieb auch eine Strafanzeige, die der frühere Linken-Politiker Fabio De Masi im September 2023 bei der Berliner Staatsanwaltschaft eingereicht hatte. Der heutige EU-Abgeordnete des BSW hatte sich über Mails beschwert, die im Finanzministerium nachweislich verschwunden waren; ausgetauscht hatten sie der damalige Staatssekretär und heutige Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) und ein gewisser Cybersecurity-Unternehmer, der die Kommunikation der Bundesregierung mit „SecurePIM“ verschlüsselte, der aber auch Geschäfte mit dem flüchtigen und vermutlich 2020 in Russland untergetauchten Wirecard-Manager Jan Marsalek betrieb und sein Vermögen mit einem russischen Oligarchen machte.

Die Berliner Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen dennoch im März 2024 ein. Nach dem Wechsel von Wolfgang Schmidt ins Bundeskanzleramt im Dezember 2021 „dürften die E-Mailpostfächer vor dem Hintergrund der angenommenen fehlenden Aktenrelevanz gelöscht worden sein, was nach den rechtlichen Vorgaben zulässig ist“, schrieb die zuständige Staatsanwältin. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft ergänzte, es gebe „kein Verbot einer Löschung“.

Nun ja, das Bundesarchivgesetz ist hier eindeutig: In § 11 heißt es, dass die Schutzfrist für Archivgut des Bundes 30 Jahre, in bestimmten Fällen gar 60 Jahre beträgt. Der Archivrechtler Thomas Henne hat die Begründungen der Staatsanwaltschaft überprüft. Die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage die Löschungen im Finanzministerium, zulässig waren, habe sie „nicht beantwortet“, urteilt er. Henne ist Professor an der Hochschule für Archivwissenschaft in Marburg. Das Bundesarchiv schlägt jedenfalls Alarm und warnt vor der „Gefahr, dass wichtige Informationen verloren gehen“. Jedenfalls liegt die Vermutung nahe, dass die in großem Stil nach dem Amtsausscheiden eines Ministers oder Kanzlers praktizierten Löschaktionen die Aufklärung von Skandalen und Fehltritten behindern sollen.

Einsetzung eines Untersuchungsausschusses wird verschleppt

Zur Erinnerung: Im April 2023 beantragte die Union zur Aufarbeitung des Warburg-Steuerskandals die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Dieser sollte auch die Rolle von Scholz klären. Die nötige Stimmenzahl hatte die Fraktion. Im Juli 2023 erklärte die „Ampel“ mit ihrer Mehrheit den Antrag jedoch für verfassungswidrig. Begründung: Das sei keine Sache des Bundes, sondern des Landes Hamburg.

Die CDU/CSU-Fraktion reichte schließlich in Karlsruhe Organklage gegen den Bundestag ein, weil die Regierungskoalition einen Untersuchungsausschuss zur politischen Glaubwürdigkeit von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verhinderte. In Hamburg gibt es indes dazu einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA), der seit 2020 – mittlerweile 61-mal – ohne greifbares Ergebnis getagt hat.

Es geht um Vorfälle aus der Zeit, als Scholz Hamburgs Erster Bürgermeister war. Das zuständige Hamburger Finanzamt hatte Ende 2016 auf die Rückforderung rechtswidrig erhaltener Steuererstattungen in Höhe von 47 Millionen Euro gegenüber der Skandalbank M. M. Warburg verzichten wollen. Grundlage waren Einnahmen dieser Bank aus strafbaren Cum-Ex-Manipulationen. Einige der Warburg-Manager sind inzwischen rechtskräftig strafrechtlich verurteilt. Das Verfahren gegen den Ex-Co-Chef der Bank Christian Olearius wurde freilich eingestellt, weil dieser vom Gericht für nicht mehr vollumfänglich verhandlungsfähig erklärt wurde.

Zurück zur Organklage der CDU/CSU: Im Februar 2024 beantragte die „Ampel“ in Karlsruhe Fristverlängerung; sie wurde ihr gewährt. Warum eigentlich, die Fakten liegen doch auf dem Tisch? Jedenfalls drängt sich die Frage auf: Spielen hier zwei „Gewalten“ (Exekutive und Legislative) einmal mehr über Bande?

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