Zunächst zu den Zahlen. Würde jetzt in Thüringen gewählt, käme die AfD auf 34 Prozent der Stimmen, gefolgt von der CDU mit 21 Prozent, der Linken mit 20 Prozent, der SPD mit 10 Prozent. Die Grünen müssten um den Einzug in den Landtag mit 5 Prozent fürchten und die FDP wäre mit 4 Prozent draußen. CDU und AfD kämen auf 55 Prozent, Linke und SPD auf 30 Prozent, und wenn es Göring-Eckardt, Habeck, Baerbock, Lang und Nouripour nicht doch noch verhindern, und die Grünen es noch irgendwie in den Landtag schafften, erreichten SPD, Linke und Grüne 35 Prozent, also ein Ergebnis, das unwesentlich höher ist, als das, was die AfD allein einfährt.
Würden diese Zahlen auch das Wahlergebnis sein, ergäben sich folgende Optionen: Die CDU könnte eine Minderheitsregierung bilden und sich von der AfD tolerieren lassen, die AfD könnte in der Duldung zeigen, dass es ihr um das Land geht und sie konstruktiv ist. Ein schwarz-rotes Regierungsbündnis unter Duldung der Linken ist ebenfalls denkbar, würde der CDU aber in den anderen Bundesländern und in der Bundestagswahl weitere Stimmverluste bescheren. Sollte es zu einem Spitzenkandidaten Wüst kommen, stünde die CDU möglicherweise vor einer Spaltung. Das könnten die ostdeutschen Landesverbände aus Existenzgründen nicht mehr mittragen. Die CDU benötigt eher einen Reiner Haseloff als einen Hendrik Wüst.
In Brandenburg führt ebenfalls die AfD mit 28 Prozent der Wählerstimmen, vor der SPD mit 21 Prozent, der CDU mit 18 Prozent, der Linken mit 10 Prozent und den Grünen mit 9 Prozent. Die FDP käme mit 3 Prozent nicht einmal annähernd in die Nähe eines Landtagsmandats. Die Ursachen bei der Brandenburger FDP sind überwiegend hausgemacht. Dass die Grünen bei 9 und nicht bei 6 bis 7 Prozent liegen, ist der Tatsache geschuldet, dass in Brandenburg ab 16 Jahren gewählt werden darf. Würde man das Wahlalter wieder auf 18 Jahre hochsetzen, würde das die Grünen empfindlich treffen. Sie haben grün empfindenden Lehrern an Gymnasien doch eine Menge zu verdanken.
Mit anderen Worten, die Zahlen sind Momentaufnahmen größerer Veränderungen. Es ist wahrscheinlich, dass die Zahlen der SPD und der Grünen noch nachgeben, die der AfD weiter steigen, 30 bis 32 Prozent sind vorstellbar – und was die CDU betrifft, so wird es an der CDU liegen, was aus ihr wird. Sie steht vor einer strategisch komplizierten Aufgabe. Sollte sie dem Kampf gegen die AfD in den Mittelpunkt stellen und sich de facto als Gefolgspartei der Grünen präsentieren, wird sie Wähler an die AfD abgeben – möglicherweise erdrutschartig. Die CDU hat nur eine Chance: sich als die Brandenburg-Partei zu etablieren und die Grünen zum Gegner zu erklären. Das setzt eine Wirtschaftspolitik im Sinne Ludwig Erhards und eine Beendigung des Windradwahns voraus.
In Sachsen-Anhalt führt unangefochten die CDU die Regierung und die Umfragen an. Sie vereinigt noch immer 31 Prozent der Stimmen, gefolgt von der AfD mit 29 Prozent, weit abgeschlagen dann SPD (9 Prozent), Linke (9 Prozent) sowie Grüne und FDP mit jeweils 6 Prozent. Die Werte für die CDU sind Haseloff-Werte, es ist die verdiente Beliebtheit des Ministerpräsidenten, der diese Werte gegen den Bundestrend und den Trend in anderen Bundesländern garantiert. Die Grünen werden nur in den beiden Universitätsstädten Magdeburg und Halle gewählt, ansonsten nirgends im Land.
Für Sachsen liegen die letzten Umfragen schon etwas zurück, aber auch hier lag im April die AfD mit 28 Prozent vor der CDU mit 25 Prozent. Doch dürften auch hier die Ergebnisse inzwischen anders aussehen.
Der Aufstieg der AfD in der Wählergunst ist kein ostdeutsches Phänomen, sondern inzwischen bundesrepublikanischer Trend, denn in NRW liegt die AfD mit einem Zugewinn von 6 Prozent knapp hinter den Grünen (16 Prozent) mit 15 Prozent. Grüne, SPD und CDU verlieren in der Wählergunst.
In einer aktuellen Umfrage liegen in Hessen, wie man auch in einer Analyse von Olaf Opitz nachlesen kann, die AfD als drittstärkste Kraft mit 19 Prozent noch vor den Grünen mit 18 Prozent und hinter der CDU mit 26 Prozent und der SPD mit 20 Prozent. Schwarz-Grün hätte keine Mehrheit mehr, und der Traum des grünen Spitzenkandidaten, Ministerpräsident Hessens zu werden, rückt Tag für Tag in immer weitere Ferne.
Es wird den Grünen, es wird der SPD, aber auch der FDP, auch den Merkelianern in der CDU nicht helfen, immer plumpere Angriffe gegen die AfD zu führen, sich in immer brachialerem Ton als „Demokraten“ zu bezeichnen, noch weniger wird es verfangen, einen „demokratischen Block“ zu bilden und Brandmauern zu errichten. Brandmauern und die Titulierung als Nazis und Faschisten verfängt im Osten, wo die Grenze der Freizügigkeit „Antifaschistischer Schutzwall“ und der demokratische Block „Nationale Front“ hieß, am allerwenigsten. Doch auch im Westen Deutschlands fragen sich wie im Osten immer mehr Bürger, warum eine deutsche Regierung gegen die Interessen des Souveräns, gegen das deutsche Volk regiert.
Immer deutlicher klafft die Lücke zwischen Propaganda und Wirklichkeit. Grüne und SPD, auch Teile der FDP und der Union sollten im eigenen Interesse begreifen, dass die Umfragewerte der AfD weniger Umfragewerte für die AfD, als Umfragewerte gegen diese Parteien sind. Sie sind ein demokratischer Weckruf, eine Meldung des Souveräns an seine Abgeordneten, dass sie seine Interessen zu vertreten haben. Die Pointe der Sache ist, dass ein Punkt erreicht ist, an dem alle Propaganda, zunehmend sogar alle berechtigte Kritik an der AfD an der Partei abprallen werden, im Gegenteil die Attraktivität der AfD noch erhöht.
Der Schrecken vor dem, was die Ampel in Deutschland wirtschaftlich, gesellschaftlich und politisch anrichtet, lässt den Schrecken vor der AfD verblassen. Die falsche, zudem so dilettantische wie überhebliche Politik der Ampel, das Erschrecken vor der fehlenden Bildung und Kultur eines Teils ihres politischen Personals sowie die Verweigerung der Opposition durch die Union zahlen Stimmen bei der AfD ein. Das ist die Botschaft der Zahlen.
Ein Verbot der AfD würde die Situation verschlimmern, weil erstens mit einem Verbot nicht die Probleme aus der Welt geschafft werden und zweitens die „demokratischen“ Parteien die Demokratie abschaffen würden, da sie auf exekutivem Weg versuchen würden zu lösen, was sie auf legislativem Weg nicht vermögen.