Tichys Einblick
Nach TV-Duell keine Veränderung

Wahlumfrage Thüringen: AfD bleibt stärkste Kraft

Angesichts jüngster Umfragen steigt in Thüringen nicht nur der Druck auf die CDU, sondern auch auf das BSW, nach den Wahlen eine Anti-AfD-Koalition aus fünf Parteien zu bilden, die dem Willen der thüringischen Wähler widerspricht.

picture alliance / CHROMORANGE | Udo Herrmann

Knapp drei Wochen nach dem von Welt-TV veranstalteten Fernsehduell zwischen Mario Voigt und Bernd Höcke liegen die ersten Wahlumfragen vor, durchgeführt von dem Leipziger Meinungsforschungsinstitut INSA. Entgegen aller Hoffnungen, der Vorsprung der AfD gegenüber der CDU werde sich anschließend deutlich verringern, liegt die AFD mit 30 Prozent nach wie vor 10 Prozentpunkte vor der CDU mit 20 Prozent. Neben AFD und CDU spielen nur noch die Linke und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mit jeweils 16 Prozent eine nennenswerte Rolle. Die SPD mit 7 Prozent und die Grünen mit 5 Prozent müssen dagegen fürchten, nach der Wahl im September nicht mehr im Thüringer Landtag vertreten zu sein, wovon die FDP mit 2 Prozent schon weitgehend gesichert ausgehen muss.

Blickt man auf die Entwicklung der Umfrageergebnisse der letzten Monate, fällt auf, wie stabil sie trotz aller Demos gegen die AfD insgesamt geblieben sind, obwohl mit dem BSW sogar eine neue Partei ins Spiel gekommen ist, deren beachtlicher Stimmenanteil vor allem zu Lasten der AfD und der Linken geht. Gleichwohl kann die AfD weiterhin hoffen, dass ihr in Thüringen im Herbst 2024 das gelingt, was die CDU angesichts ihrer bundesweiten Umfragewerte von ebenfalls rund 30 Prozent derzeit mit Blick auf die Bundestagswahlen im Herbst 2025 propagiert: so stark zu werden, dass keine Regierung gegen sie gebildet werden kann. Grundsätzlich ist dies zwar nur möglich, wenn eine Partei die absolute Mehrheit erreicht, wovon selbst die Wahlstrategen der Union gewiss nicht ausgehen. Da im Bund jedoch Koalitionen von SPD und Grünen mit der AfD auszuschließen sind, können CDU und CSU hoffen, dass schon bei einem Wahlergebnis von 30 Prozent rechnerisch keine Koalition gegen sie gebildet werden kann.

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Ähnlich, aber nicht ganz so verhält es sich mit der AfD in Thüringen. Eine Regierungsbildung ohne sie wäre angesichts der aktuellen INSA-Umfrage rechnerisch zwar schwierig, aber möglich, sofern sich alle anderen im zukünftigen Landtag vertretenen Parteien unter der Führung einer 20-Prozent-CDU zu einer Anti-AfD-Koalition zusammenschließen. Nachdem SPD, Grüne und Linke schon lange öffentlich bekunden, dass sie zu einer solchen Koalition bereit sind, ziert sich die CDU noch, dies ebenso zu tun, weil sie damit ihre Ankündigung, keine Koalitionen mit der Linken einzugehen, schon vor den Wahlen widerrufen müsste. Der öffentliche Druck auf die CDU, ihre Brandmauer zur Linken angesichts einer 30-Prozent-AfD endlich einzureißen, wird bei einem entsprechenden Wahlausgang aber so groß werden, dass sie ihm vermutlich mit Blick auf das Ministerpräsidentenamt nach den Wahlen gerne nachgeben wird.

Das kann sie aufgrund der sich derzeit abzeichnenden Mehrheitsverhältnisse im Thüringer Landtag aber nur tun, wenn auch das BSW sich bereit erklärt, sich der gewünschten Anti-AfD-Front in Thüringen koalitionär anzuschließen. Entsprechende Blicke richten sich daher schon jetzt vor allem auf das BSW mit der bangen Frage, ob diese laut Wagenknecht links-konservative Partei ebenso wie alle anderen links der AfD angesiedelten Parteien dazu bereit sein wird, sich an einem Regierungsbündnis aus fünf Parteien zu beteiligen, dessen wichtigster, um nicht zu sagen einziger gemeinsamer Nenner darin besteht, die AfD im Landtag weiterhin von aller Regierungsbeteiligung fernzuhalten. So zeichnet sich ab, dass der öffentliche Druck, ein solches Regierungsbündnis in Thüringen einzugehen, in den kommenden Monaten nicht nur auf die CDU, sondern ebenso auf das BSW in dem Maße zunehmen wird, wie sich die Umfragen der letzten Monate weiter als stabil erweisen.

Sollte auch das BSW diesem Druck nachgeben, wird Thüringen die nächsten Jahre von einer linken Anti-AfD-Koalition unter Führung der CDU regiert, die noch instabiler sein wird als die derzeitige Bundesregierung. Dass dies dem Willen des thüringischen Wahlvolkes entspricht, darf man angesichts des Umstands, dass die mit teils deckungsgleichen Wahlversprechen werbenden Konkurrenten AfD und CDU laut INSA derzeit erwarten dürfen, am Wahltag von zusammen 50 Prozent aller Wähler ihre Stimmen zu erhalten, bezweifeln. Was aber zählt in einer Demokratie schon der Volkswille, wenn es darum geht, die Wiederkehr des Nationalsozialismus zu verhindern?

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