Zweierlei hat die ausländischen Gäste während der Europameisterschaft verstört: wie unzuverlässig die Deutsche Bahn fährt. Vor allem aber, wie geduldig sich die Deutschen das gefallen lassen. Kein Aufmucken der Fahrgäste, kein Protest der Wähler, dass die Bahn all die Milliarden Euro aus Subventionen und Ticketpreisen nicht für einen funktionierenden Nahverkehr nutzt. Keine Forderung nach einem Rücktritt des Vorstands, der das alles tagtäglich verbockt. Auch nicht, wenn dieser sich selbst Millionen Euro an Prämien auszahlt, weil er ja „Nachhaltigkeitsziele“ erreicht habe, die er sich selbst gesetzt hat. Der Deutsche ist wie ein Masochist. Nur noch viel passiver.
Sich Unzumutbares zuzumuten, ist längst zum täglichen Brot des Deutschen geworden. Etwa beim Internetempfang. Anderes Beispiel als die Bahn, gleiches Trauerspiel. Das Netz fällt aus. Wieder mal. Informationen vom Anbieter? Erst einmal keine, dann: „Wir arbeiten dran.“ Der Kunde kann ja ein Call Center anrufen. Dort duzt ihn dann eine Hilfskraft und sagt: „Wir arbeiten dran.“ Wer dann noch nicht zufrieden ist, wird angepampt. Der Kunde hat sich zu freuen, wenn mal Internet da ist, und es geduldig zu ertragen, wenn es ausfällt. Natürlich zahlt er weiterhin den vollen Preis. Bloß nicht aufregen, heißt die Maxime im Land des Achselzuckens.
Träge Masochisten sind die Deutschen nicht nur als Kunden. Sie sind es auch als Bürger. Ein 17-Jähriger ist bereits 34 Straftaten überführt worden, läuft frei rum und ersticht jemanden? Kann man nichts machen. Einsperren? Man will doch einem 17-Jährigen mit 34 Straftaten nicht seine Chancen verbauen, Hirnchirurg oder Atomphysiker zu werden. Abschieben, weil er Syrer ist und die deutsche Gastfreundschaft für Straftaten missbraucht? Aber in Syrien könnte er niedergestochen werden und ihm will man diese Gefahr nicht zumuten.
Abschiebung ist in den Wahlkämpfen ein Thema. Michael Kretschmer (CDU) will Kriminelle abschieben. Doch keiner glaubt es ihm, auf X kommentieren die meisten Nutzer, dass er nur ein leeres Wahlkampfversprechen abgebe. Olaf Scholz verkündet über den Spiegel, er wolle „im großen Stil“ abschieben. Doch das ist nur ein Spruch im Rohrkrepierer der Demokratie. Wenige Tage später marschiert Scholz auf Demonstrationen mit, die sich gegen welche richten, die Abschiebung gefordert haben sollen.
Der Ministerpräsident des größten ostdeutschen Bundeslandes gibt leere Versprechen ab? Der Bundeskanzler widerspricht sich innerhalb von wenigen Tagen diametral? Ist halt so. Was Politiker sagen, gilt entweder gar nichts oder bedeutet genau das Gegenteil. So sind sie eben. Warum aufregen, bloß weil der Mann Regierungschef ist und sich vor Untersuchungsausschüssen damit rausredet, er habe alles vergessen? Achselzucken. Kann man nichts machen.
Auch nicht, wenn sich danach die ganze Geschichte um die vermeintlichen Remigrations-Pläne als inszenierte Fake News herausstellt. Ja. Das Staatsfernsehen hat die inszenierte Geschichte massiv verbreitet und danach die Prozesse totgeschwiegen, die diese Geschichte als eben solche geoutet haben. Die Mitarbeiter von ARD und ZDF sind eh alle linksextrem und missbrauchen die 18,36 Euro monatliche Zwangsgebühr dazu, einseitig ihr verquertes Weltbild zu verbreiten. Achselzucken. Weiß man doch.
Deutschland hat sich festgefahren. Alle Missstände dulden die Deutschen mit einem Achselzucken. Also mehren sich die Missstände: regierungsnahe NGOs, die sich mit Steuergeld die Taschen füllen. Politiker, die deutsches Geld nach Peru tragen, um dort Gepinsel als Radwege zu verkaufen. Eine Wirtschaft, die kollabiert. Steuern und Abgaben, die stetig steigen. Eine Politik, die trotzdem mit dem Geld nicht auskommt. Die Bahn, das Internet … alles duldet der Deutsche mit dem Achselzucken eines passiven Masochisten.
Angesichts eines Volks mit dieser Mentalität konnten sich auch die politisch Verantwortlichen festfahren. Sie verfolgen eine grün-woke Agenda. Egal, wie oft diese an der Realität scheitert. Und egal, wie deutlich die Wähler ihre Ablehnung gegen diese Agenda demonstrieren. Parteien, die etwas dagegen haben, werden hinter eine Brandmauer gesperrt. Die anderen Parteien können dann das Gleiche weitermachen, völlig egal ob als Ampel, als Jamaika, Schwarz-Grün, Rot-Grün oder wie auch immer.
Mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht ist eine neue Partei aufgetreten, die noch keine Gelegenheit hatte, zu beweisen, ob sie nicht nur eine andere Politik propagiert – sondern diese auch entschlossen umsetzen will. Im Herbst wird das Bündnis diese Gelegenheit voraussichtlich erhalten: mindestens in Sachsen und Thüringen, eventuell auch in Brandenburg. Unklar ist auch, ob Wagenknechts Partei bereit ist, mit der AfD zu koalieren, um Brandmauern einzureißen. Die Wahrscheinlichkeit ist allerdings gering.
Die Frage stellt sich. Nach Umfragen erreichen AfD und BSW in Sachsen und Thüringen eine Sperrmajorität. Ohne eine der beiden Parteien ist dann keine Regierung möglich. Das Bündnis kann diese Option nutzen, um eine Agenda durchzusetzen, die nicht woke ist, wie die derzeit vorherrschende im Bund und allen Ländern.
Dass es aber eine Mehrheit für eine Konstellation gibt, die voraussichtlich nicht miteinander arbeiten will, zeigt das deutsche Dilemma. Eines, das für die Politik gilt. Das aber tief in der deutschen Gesellschaft ruht. In ihrer Tendenz, Missstände zu dulden und mit einem Achselzucken zu quittieren. Es gibt derzeit keine gesellschaftliche Mehrheit für einen Aufbruch. Bestenfalls kommen Leute zusammen in ihrem Protest gegen die vorherrschende woke Agenda. Aber eben nicht, um einen eigenen Entwurf entgegenzusetzen.
So lange die Deutschen ausgefallene Züge und Internetverbindungen für gottgegeben halten. So lange sie die Behauptung akzeptieren, gegen einen 17 Jahre alten Intensivtäter gäbe es kein Mittel, sich zu wehren. So lange sie Politiker im Amt lassen, von denen sie wissen, dass die lügen, während sie lügen. So lange ändert sich in der Politik nichts. So lange gibt es für Missstände nur ein Achselzucken. Und Umstände, in denen diese sich bestens vermehren können.