Dieses erste Mai-Wochenende dürfte bei Spitzenpolitikern gleich mehrerer Parteien in Deutschland in unguter Erinnerung bleiben. Bis zuletzt hatte man gehofft, die Kandidatur des langjährigen Chefs des Inlandsgeheimdienstes der Bundesrepublik, Hans-Georg Maaßen, auf einer Liste der CDU zur Bundestagswahl verhindern zu können. Besonders im Konrad Adenauer-Haus in Berlin, neben dem Kanzleramt die unverändert zweite Machtzentrale Angela Merkels, dürfte die Stimmung auf den Null-Punkt gesunken sein. Wie gern hätte man den Mann, der sich offen gegen die Ausländer-Politik seiner Partei gestellt hatte und die vom Kanzleramt verbreitete Behauptung von Hetzjagden auf Ausländer in Chemnitz aufgrund besseren Wissens nicht bestätigte, schien man als Störenfried in den Ruhestand entsorgt zu haben.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird nach dem ersten Schock eine Umarmungsstrategie gefahren werden, nach dem Motto: „Erst einbinden, dann einwickeln und schließlich einschläfern!“ Doch wetten, dass auch diese Masche nicht funktionieren wird. Im Gegenteil, für die Vielen in der CDU, die sich schon lange nicht mehr in ihrer Partei zuhause fühlen, ist Maaßen schon jetzt die Figur der Hoffnung zu einer Rückkehr der Partei Konrad Adenauers und Helmut Kohls zu ihrer wertkonservativen Substanz.
So froh man in der CDU gewesen wäre, der unbotmäßige Jurist hätte sich in Richtung AfD orientiert, um ihn als rechtsradikal abstempeln zu können, umso weniger glücklich dürften sich jetzt auch Gauland & Co fühlen. Denn Maaßens erklärtes Ziel ist es, bisherige Wähler der AfD für die Union zurückzugewinnen – sozusagen eine Rückabwicklung der Merkel-Strategie. Das Schönste dabei aber ist, und man muss es noch einmal betonen, dass eine Stigmatisierung als „Rechtsaußen mit Nazi-Nähe“ ins Leere läuft, denn bei einem so peniblen Mann wie Maaßen, ist davon auszugehen, dass er keinen Millimeter von dem CDU-Grundsatzprogramm abweicht, es höchstens ergänzen wird. Bleibt die SPD. Auch hier dürfte so mancher enttäuschte sozialdemokratische Stammwähler von einst, mit dem Gedanken an Maaßen, Interesse an der CDU finden.
Einzig die heute als Linkspartei firmierende SED und die Grünen dürften schmunzeln, lässt sich doch mit Maaßen das alte Feindbild CDU wieder aufpolieren. Andererseits hatten sich die Baerbocks und Habecks schon so kuschelig an Merkels Schulter angelehnt, dass ein Dahinschwinden der schwarz-grünen oder grün-schwarzen Option auch Magengrimmen verursachen dürfte. Einzig unberührt dürfte die FDP bleiben.
Für Maaßen heißt es jetzt, eisern die Nerven zu behalten. Die vereinigte Linke und ihre Hilfstruppen in den Medien werden eine Treibjagd eröffnen und dabei vor Hetze und Verleumdungen, auch weit unter der Gürtellinie, nicht zurückschrecken. Doch an Hans-Georg Maaßen werden sie sich die Zähne ausbeißen. Ein Mensch, der als erwiesener Spitzenjurist jede Möglichkeit hätte, Kohle zu scheffeln und sich den angenehmen Dingen des Lebens zu widmen, anstelle dessen den schweren Gang durch die Mühen der Ebene mit all seinen banalen und trostlosen Momenten wählt, ist nicht so schnell zu beeindrucken. Maaßen hat das, was heute so vielen fehlt: klare demokratische Grundüberzeugung, Verlässlichkeit und vor allem Prinzipientreue. Beim Nachdenken über Maaßen fiel mir unwillkürlich der Philosoph Sloterdijk ein, der kürzlich auf die Frage, ob er sich jetzt in der Corona-Zeit einsam fühle, antwortete: „Wieso denn einsam? Ich habe doch mich.“ So ist auch Hans-Georg Maaßen – frei, mutig und unabhängig.