Noch gut eine Woche bis zur Wahl in Nordrhein-Westfalen: Die CDU liegt nur knapp vor der SPD. Jetzt kommt es auf die „Mobilisierung“ an: Wer bringt einen höheren Anteil seiner Wähler zur Stimmabgabe? Wem gelingt es nicht, ihnen das Gefühl zu vermitteln, dass es dieses Mal drauf ankommt? Wie erfolgreich das verläuft, hängt von dem ab, was die Politikwissenschaftler „Machtoption“ nennen. Randständige Parteien wie die AfD oder die Linke im Westen können mobilisieren, indem sie Unmut aufgreifen und somit unzufriedene Bürger einsammeln. Die anderen Parteien müssen ihren Wählern das Gefühl geben, eine Chance zu haben, in die Regierung zu kommen. Sie am besten sogar zu führen – eine „Machtoption“ halt.
Genau diese Machtoption – beziehungsweise ihr Fehlen – könnte nächste Woche die Wahl im größten deutschen Bundesland entscheiden. In den Umfragen liegen SPD und CDU fast gleich auf, die regierende Union um zwei bis vier Prozentpunkte vorne. Doch das Feld hinter den beiden „Volksparteien“ sieht für die CDU nicht gut aus: In der jüngsten Umfrage des ZDF reicht es sogar für Rot-Grün. Die bestehende schwarz-gelbe Mehrheit hat nach der Umfrage gar keine Chance, fortgesetzt werden zu können.
Die SPD ist in einer bedeutend komfortableren Situation als die CDU: Klappt es mit Rot-Grün, ist ohnehin alles in Ordnung. Fehlt es am Ende an ein, zwei Prozentpunkten, hat die SPD zwei Möglichkeiten: die besagte große Koalition und die Ampel. Vor fünf Jahren hatte die FDP in Nordrhein-Westfalen noch einen Wahlkampf gemacht, der stark gegen die damalige rot-grüne Landesregierung gerichtet war. Doch mit der Ampel im Bund wäre es kein Spagat für die Liberalen, auch am Rhein die Ampel leuchten zu lassen.
Ampel genauso wie Jamaika galten anfangs nur als Notlösungen in einer komplizierter werdenden Parteienlandschaft. Die Grünen scheuten sich, mit den Christdemokraten zusammenzugehen, den Liberalen ging es mit den Sozialdemokraten ähnlich. 2005 scheiterte die Koalitionsverhandlung nach der Bundestagswahl genau daran: Weder FDP noch Grüne wollten mit der von ihnen ungeliebten Volkspartei zusammengehen. Angela Merkel (CDU) musste eine ihrer drei großen Koalitionen bilden.
Die Wende kam 2016 in Rheinland-Pfalz. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) wollte partout nicht mit Julia Klöckner (CDU) koalieren. Deswegen bildete sie eine Ampel. Diese entschied sich für eine Politik der ruhigen Hand. Problemlösungen wurden verschoben. Rheinland-pfälzische Politiker kennen seitdem mehr Wörter für Arbeitskreis als Eskimos für Schnee. Doch bei den Wählern kam es an: Sie bestätigten 2021 die Ampel, die blieb im Amt. Jamaika war zehn Jahre zuvor im Saarland krachend gescheitert.
Gebildet worden war die Ampel in weniger als zwei Monaten. Es war Volker Wissing, der sie als FDP-Landeschef forcierte. Der heutige Bundesverkehrsminister und zwischenzeitliche FDP-Generalsekretär war und ist ein erklärter Gegner der Merkel-CDU. Er hat der Kanzlerin nicht verziehen, wie sie sich 2013 vor und nach dem Rauswurf der FDP aus dem Bundestag verhalten hat. Als Generalsekretär war er auch im Bund der Architekt der Ampel. Käme sie jetzt im größten deutschen Bundesland ebenso wie im Bund selber, wäre sie als Koalitionsoption endgültig etabliert – anders als Jamaika.
Verfestigt sich die Ampel als erste Wahl in der Koalitionsbildung, dann bliebe der Union nur der Ausweg, wie er sich in Schleswig-Holstein abzeichnet: so stark werden, dass keiner an ihr vorbei kommt. In der aktuellen ZDF-Umfrage ist die CDU im hohen Norden stärker als SPD und Grüne zusammen. Das macht sie dominant. Sodass sogar die nach links tendierende dänische Minderheitenpartei „Südschleswigscher Wählerverband“ angekündigt hat, der CDU im Zweifelsfall fehlende Stimmen zu einer Mehrheit beischustern zu wollen.
Nur ist der Weg der Union zu solch einer Stärke nach Merkel weit. Zur Wahl des Bundespräsidenten hat der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz keinen eigenen Kandidaten aufgestellt. Nicht gerade ein Signal der Stärke. Auch kein Signal des Selbstbewusstseins. Genau das braucht aber die Union künftig. Merkel hat die Dinge immer vom Ende her gedacht. Und genau zu diesem Ende hat sie ihre Partei geführt, indem sie dem rot-grünen Zeitgeist ohne Stolz auf die eigene Position hinterher gelaufen ist. All zu viele Karriersten in der Partei sind ihr dabei gefolgt.
Nun steht die Union da: nicht mehr viel stärker als die SPD. Keine regierungsfähige Partei will mit ihr koalieren. Und als Dreingabe machen ARD und ZDF keinen Hehl mehr aus ihrer Abneigung gegen die Merz-CDU. Bundesweit so stark zu werden wie in Schleswig-Holstein, ist daher momentan für die Union nicht in Sicht.
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