Tichys Einblick
Teile aus Waffenlieferungen

Über dunkle Kanäle landet Kriegsgerät bei Extremisten und Kriminellen

Deutschland liefert Waffen ins Ausland im Wert von 8,3 Milliarden Euro, davon 2,2 Milliarden an die Ukraine. Doch nicht alle auch von anderen Ländern gelieferten Waffen landen bei der ukrainischen Armee. Medien berichten über Waffenlieferungen, die kurz darauf im Internet weiterverkauft werden und unter anderem bei Islamisten landen.

Symbolbild

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Die Bundesregierung hat vorab den Großteil ihres Rüstungsexportberichts für 2022 vorlegt. Der Bericht ist noch nicht ganz vollständig, aber erste Zahlen sind aufgrund einer parlamentarischen Anfrage der LINKE-Abgeordneten Sevim Dagdelen bereits öffentlich geworden. Mit Stand 22. Dezember ergibt sich für 2022 folgende Situation:

Zur Definition von Kriegswaffen siehe hier und zum Vergleich 2021 siehe hier.

Wie Waffen, die für die Ukraine bestimmt sind, in falsche Hände geraten

Die Ukraine wird zum kleineren Teil von Deutschland mit Waffen beliefert. Siehe oben: Im Jahr 2022 sind es Waffen für rund 2,2 Milliarden Euro. Was geliefert wurde, ist einer Übersicht der Bundesregierung zu entnehmen. Den Großteil der Waffenlieferungen an die Ukraine leisten die USA (geschätzt für umgerechnet 23 Milliarden Euro) und Großbritannien (4,1 Milliarden). Polen trägt etwa 1,8 Milliarden bei.

Und dann das Problem: Nicht alle Waffen landen bei der ukrainischen Armee. Darauf hat soeben Nigerias Präsident Muhammadu Buhari aufmerksam gemacht. Denn immer mehr Waffen für den Ukraine-Krieg „sickerten“ nach Afrika durch. Das österreichische Medienportal „eXXpress“ und weitere Medien berichteten seit Anfang Dezember 2022 über Waffenlieferungen an die Ukraine, die kurz darauf im Internet weiterverkauft werden. Und unter anderem bei den Islamisten von Boko Haram und beim IS landen. Buhari, Regierungschef des Bundesstaates Nigeria, anlässlich eines Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs der Tschadsee-Becken-Kommission (LCBC) Ende November 2022 wörtlich: “Leider dienen die Situation in der Sahelzone und der aktive Krieg in der Ukraine als wichtige Quellen für Waffen und Kämpfer, die die Reihen der Terroristen in der Tschadsee-Region stärken.” (Zur Tschadsee-Becken-Konferenz gehören die Länder Niger, Nigeria, Libyen, Tschad, Zentralafrikanische Republik und Kamerun.) Siehe hier und hier.

Der „eXXpress“ hatte bereits vor einigen Wochen Fahnder zitiert, die vor diesem neuen illegalen Waffenmarkt in der Ukraine warnten. Das Portal brachte Beispiele von Waffenschiebereien, die über Darknet in Kiew und anderen ukrainischen Städten aktuell möglich sind: Aus Militärbeständen abgezweigte tragbare Raketenwerfer, Sturmgewehre, Flugabwehrraketen, sogar US-Haubitzen lassen sich derzeit kaufen.

Auch Finnlands Polizei schlug Alarm: Nach ihren Erkenntnissen sind bereits Kriegswaffen aus der Ukraine in die Hände finnischer Krimineller gelangt. Dabei handele es sich beispielsweise um Sturmgewehre. Und weiter: Waffen, die für die Ukraine bestimmt waren, seien auch schon in Schweden, Dänemark und den Niederlanden gefunden worden.

All dies ist möglich, weil entweder die Kontrolle in der ukrainischen Armee versagt, und/oder weil korrupte Militärangehörige die Kriegswaffen verscherbeln. Inwieweit russische Agenten eine Rolle spielen, weiß man nicht. Mit im Spiel sind wohl international agierende Rockergruppen, etwa die Rockergruppe Bandidos MC, die wohl einen Vertreter in jeder größeren ukrainischen Stadt hat. Was hier an Waffenschiebereien stattfindet, erinnert Polizeiexperten an den Jugoslawien-Krieg der 1990er Jahre. Auch von dort sind Schmuggelwaffen in viele Länder gelangt.

Die Waffenlieferanten und die Ukraine müssen jedenfalls ab sofort alles tun, um diesen illegalen und gefährlichen Handel zu unterbinden. Für die Ukraine selbst steht dabei nicht nur der Erhalt wichtiger Waffen, sondern auch ihr Renommee auf dem Spiel.


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