Die realexistierende Blase verwirklicht sich derzeit in der Brandmauergemeinschaft, die letztlich ein Produkt des politisch-medialen Komplexes geworden ist. Ein Komplex, der so weit fusioniert hat, dass man von einem Politikkombinat sprechen kann, den Kombinat Grüne Pumpe, in dem Medien und Politiker sich gegenseitig vorantreiben in immer größere Absurditäten, weil sie den Kontakt zur Wirklichkeit verloren haben. Ihr Erkenntnishorizont endet an der Grenze von Berlin-Mitte. Die Wirklichkeit, die sie wahrnehmen, ist die Wirklichkeit, die aktivistische Medien und ideologiedominierte Wissenschaftssimulatoren kreieren. Dem Motto folgend, das nur das sein kann, was sein darf.
Der ideale grüne Staatsbürger ist derjenige, der dem Staat bedenkenlos vertraut und sich selbst misstraut. Wenn eine der vielen Propagandistinnen grüner Weltanschauung, die wir auch postmodernistisch nennen können – denn die Grünen sind der parteigewordene Postmodernismus – fast hysterisch auf einer Konferenz fordert: das Pro und Kontra abzuschaffen; wenn sie behauptet, was früher nur als Kabarett oder noch früher als Persiflage durchgegangen wäre, dass der demokratische Diskurs, dass die Auseinandersetzung mit anderen Vorstellungen, Weltanschauungen, politischen Ideen und Lebensentwürfen zur Selbstverdummung führt, dann sind wir jenseits der Aufklärung.
„Nein wir müssen es abschaffen, es führt genau zu dem, was dann anschließend als Spaltung der Gesellschaft thematisiert wird und wiederum von denselben Talkshows thematisiert wird, die vorher es kreiert haben. … Es ist auch ’ne Form von Selbstverdummung.“ Und weiter heißt es: „Wenn wir in diesem Pro und Contra Format uns vereindeutigen müssen, wo Dinge komplizierter sind. Also bitte lesen sie den Kram nicht, gehen Sie bitte nicht in Formate, lassen Sie sich nicht einladen zu diesen Formaten … es ist wirklich eine systematische Zerstörung von vernünftigem, rationalem, differenziertem Diskurs … Man muss es abschaffen.“
Das Wahlergebnis vom letzten Wochenende, die Veränderung der politischen Mehrheiten in Europa, ist nicht nur der Widerstand der „kulturell Abgehängten“, nicht nur der Widerstand gegen die „kulturelle Gentrifizierung“, es ist vor allem der Widerstand gegen die Zerstörung ihrer Welt, unserer Welt. Interessant ist aber der geistige Offenbarungseid, den die Postmodernen leisten müssen, denn diejenigen, die sich „moralisch überlegen fühlen und nach Größerem streben“, die „die Standards definieren“, sie fürchten sich inzwischen vor jeder öffentlichen Auseinandersetzung, davor, das andere Meinungen publiziert werden, dass sie selbst in der Kontroverse bestehen müssten. Sie fühlen sich nur überlegen, sind es aber nicht. Deshalb wollen sie verbieten, dass andere Meinungen als die ihren publiziert oder diskutiert werden, jede Kontroverse soll polizeilich verhindert werden. Denn, der Geist steht längst nicht mehr links. Was aus postmoderner Richtung kommt, von Butler über Membe, über Böhm, über Jaeggi etc. ist ein einziger intellektueller Ausfall. Das ist der Grund dafür, dass Carolin Emcke die Kontroverse verbieten, abschaffen will.
Kaum war die Rede des Chefs der Deutschen Börsen bekannt geworden, in der Theodor Weimer Robert Habecks Wirtschaftspolitik zwar drastisch, aber zutreffend kritisierte, versuchte sich der Gescholtene auf dem Wirtschaftstag der Union als Erneuerer der Sozialen Marktwirtschaft zu präsentieren, verlief sich allerdings nur hoffnungslos in der Begriffsopposition von Polemik und Irenik, versuchte sich in Philosophie, die jedoch nur ein schaler Aufguss grünen Populismus war.
Anschließend erhoben sich mühevoll und ächzend die Brandmauermedien, denn wie sollte man berechtigte und mit Zahlen belegbare Kritik delegitimieren? Ganz einfach, man geht erst gar nicht auf den Inhalt der Kritik ein, es reicht, wenn man darstellt, dass die Rede den Rechten, Rechtspopulisten, also allen, die nicht grün wie der SPIEGEL sind, gefallen hat.
Empört hat den SPIEGEL, dass Weimer der Propagandaveranstaltung williger und subventionsliebender Konzernchefs eine Absage erteilt: „In den vergangenen Wochen und Monaten habe er immer wieder gehört, dass einer der Gründe für die Investitionsverdrossenheit von Unternehmern der Aufstieg der Rechtspopulisten sei, so der Gast. »Die Frage ist: Sehen Sie das wirklich als Problem?“ Woraufhin Weimer antwortet: »Ganz klare Antwort: Dass es da Rechtspopulisten gibt, ist momentan für uns Profis kein Thema, weshalb wir nicht investieren. Wir gucken da tiefer.““
„Kurz vor der Europawahl war das Video des Weimer-Auftritts erneut hochgeladen worden, warum, das ist offen. Es verbreitete sich jedenfalls schnell und sorgt auch Tage später noch für Gesprächsstoff, selbst im englischsprachigen Ausland. Wie groß der Einfluss auf die Europawahl war, wird man wohl nicht ermitteln können.“ Wir lernen also von der Süddeutschen: Ohne das von bösen Rechten hochgeladene und verbreitete Video mit der Weimer-Rede wären die Grünen als glanzvolle Sieger aus der EU-Wahl hervorgegangen und BSW und AfD jämmerlich gescheitert. Denn: „Es gab massenhaft Applaus von Rechtsaußen. Die AfD Sachsen hatte auf X zum Teilen der Rede aufgerufen. Die AfD-Politikerin Beatrix von Storch behauptete, Weimer kenne die Wahrheit, „anders als der journalistische Teil des Ampel-Hofstaats“. Auch CDU-Politikerinnen wie die wirtschaftspolitische Sprecherin der Union, Julia Klöckner, stimmten zu.“ Nett, von der Süddeutschen, Julia Klöckner zu warnen, den Bereich der Brandmauer nicht zu verlassen. Wie stand es auf Warnschildern in Ostberlin an den Sektorengrenzen: „Sie verlassen den demokratischen Sektor von Berlin.“
Die Entscheidungen für und über die Wirtschaft, Robert Habeck also als Generaldirektor des Deutschlandkombinats? Das Primat der Politik war das Kennzeichen der sozialistischen Planwirtschaft. Und wie das ausgegangen ist, weiß man. Um nur ein Beispiel aus der Fülle herauszugreifen: Das Statistische Bundesamt gibt gerade bekannt, dass im I. Quartal 2024 5.209 Firmen mehr Insolvenz angemeldet haben als im I. Quartal 2023. Das entspricht einer Steigerung bei den Insolvenzen um gut einem Viertel, nämlich 26,5 %. Der Trend hält an, so haben im Mai 2024 25,9 % mehr Insolvenzen angemeldet als im Mai 2023. Aber Insolvenzen sind für den Bundeswirtschaftsminister kein Problem, denn die Firmen haben einfach nur aufgehört zu arbeiten. In diesem Jahr könnten die Insolvenzen letztlich 20.000 Firmen betreffen.
Und auch die Fußball-EM wird keine Ablenkung bieten, denn Freude am Fußball war gestern, jetzt heißt es, wachsam zu sein, die Regenbogenfarben anstatt die Farben der deutschen Demokratie zu tragen, denn ntv lässt bereits einen – nun ja, Soziologen – warnen: „Dann werden aus einer Anfeuerung für die deutsche Mannschaft schnell Schmähgesänge gegen andere, die die Grenzen zum Rassismus oder Nationalismus überschreiten. Wenn eine Überhöhung der eigenen Nation stattfindet und gleichzeitig eine Abwertung von anderen Nationen, ist diese Grenze im Grunde immer überschritten.“ Denn: „Aus Anfeuern wird schnell Rassismus.“ Bleibt hinter der Brandmauer eigentlich genügend Platz für ein Fußballfeld?
So kann man das natürlich innerhalb der Brandmauer sehen. Doch eines ist die Brandmauer mit Sicherheit, die Verhinderung der politischen Konkurrenz, sie ist für die Politik und die Gesellschaft dasselbe, was die Klimaplanwirtschaft für die Wirtschaft: Der Niedergang von politischer Auseinandersetzung, von politischem Wettbewerb, das Ersetzen von Politik, von mutigen und originellen Lösungen für wachsende Probleme durch Ideologie und Propaganda, durch Phrasen und Postensicherung. Sie ist das praktische Verbot von politischer Kreativität, von Meinungsstreit, von Pro und Kontra, von der Suche nach den besten Lösungen für unser Land.
Hinter der Brandmauer herrscht Habecks Irenik derer, die sich selbst auf Kosten des Landes Privilegien sichern. Die Brandmauer ist der Zaun um das neue Versailles einer mental rapide alternden politischen Klasse, denen die Wähler zunehmend die Gefolgschaft verweigern, auch wenn ihre Medien mit allen Mitteln dagegen anschreiben und dagegen ansenden. Am Ende entscheidet Glaubwürdigkeit – und Glaubwürdigkeit beginnt mit der Erkenntnis der Wirklichkeit. Und die verträgt keine Mauern.