Tichys Einblick
Leben unter der IS-Drohung

Ob Kirmes oder Flohmarkt: In Deutschland wird Sicherheit unfinanzierbar

Nach München, Magdeburg und Mannheim haben deutsche Städte an den Sicherheitskonzepten gedreht. Auch kleinere Volksfeste werden dadurch unfinanzierbar. Schausteller leiden, das öffentliche Leben auch. Am Ende können wir uns das nicht gefallen lassen.

picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Wenn dieses Volksfest nicht mehr stattfinden kann, dann können es viele andere auch nicht mehr: Lage im Kreis Lippe ist eine ganz normale Mittelstadt von rund 35.000 Einwohnern. Aber die Innenstadt gilt nun als nicht mehr sicher für größere Veranstaltungen. Die Frühjahrskirmes muss ausfallen, ebenso wird es dem Martinimarkt im Oktober ergehen. Um die Kirmes im März stattfinden zu lassen, hätte es 30 große Lastwagen, 3,5-Tonner, gebraucht, dazu noch 20 Fahrer – um die Zufahrtswege gegen Attentäter zu blockieren. Die letzten Attentate von Magdeburg und München, ebenso die Amokfahrt von Mannheim hinterlassen so ihre Spur. Die Schausteller sind aufgeschmissen, werden wohl viel Geld verlieren.

Absagen mit teils wahnwitzigen Begründungen
Terrordrohungen zum Karneval: Vom Rückzug des öffentlichen Lebens
Gleiches Bild im oberbayrischen Schongau, wo Franz Josef Strauß einst Landrat war (1946–1948). In dem kleinen Städtchen wird nun der für den 5. April geplante Altstadtflohmarkt abgesagt. Sind die Städte schuld, die auf die bekannten Vorfälle mit übertriebenen Sicherheitskonzepten reagieren?

Wie der Flohmarkt-Veranstalter Günter Fiebig dem Münchner Merkur erklärt, müsste der Veranstaltungsort Marienplatz „so gesperrt werden, dass ein Verrückter nicht mit dem Auto reinfahren und Leute umnieten kann“. Das scheint nicht möglich zu sein. Zur Unmöglichkeit wird die Forderung, wenn man bedenkt, dass Feuerwehr und Krankenwagen im Notfall Zugang zum Platz haben müssen. Man müsste die Feuerwehr mit einer Straßensperre beauftragen, aber das ist für eine kleinere Veranstaltung wie den Flohmarkt nicht stemmbar.

Damoklesschwert IS-Drohung

Es ist eine Frage des Glücks, ob ein Marktplatz kostengünstig gesichert werden kann oder eben nicht. Aber im Grunde sind all diese Überlegungen einer veränderten Großlage zu verdanken. Die Anschlagsdrohungen verschiedener IS-Zweige schweben dauerhaft über Deutschland. Ausgesprochen wurden die Drohungen über verschiedene IS-Portale zu Anfang des Jahres. Im Visier scheinen alle größeren öffentlichen Veranstaltungen, ob im Außen- oder Innenraum, nicht nur in Deutschland.

Ausgerechnet in Köln
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So wurden das Münchner Oktoberfest und der Karneval im Rheinland konkret als Ziele genannt, aber auch der Wiener Opernball. Dazu kommen Bilder, die nahelegen, dass das Auto das neue Mittel der Wahl ist. Ein Bild zeigt einen Autofahrer am Steuer. Auf dem Fahrzeugbildschirm steht: „Worauf wartest du? Die Straßen sind voller Ziele. Überfahre sie!!“ Dann wieder heißt es „Auf zum Schlachten“, unter Anrufung diverser Koransuren. So sollen Schläfer oder „einsame Wölfe“ aktiviert werden. Im Visier der Terroristen steht freilich unsere Art zu leben.

Deutschland hat sich – wie viele seiner Nachbarländer, etwa Österreich – keinen Gefallen getan mit dem Zulassen einer unkontrollierten Zuwanderung aus dem islamischen Raum. Das Asylsystem gilt als Brutstätte des religiösen Fundamentalismus, der in vielen Fällen sicher fertig importiert wurde, in anderen Fällen erst durch den Kontrast mit der westlichen Gesellschaft entstand.

Letzten Endes kann man sich den Rückzug aus der Öffentlichkeit wohl nicht gefallen lassen. Im Karneval gab es in diesem Jahr sicher wieder viele verwundbare Stellen, die man gar nicht hundertprozentig schützen kann. Die großen Umzüge fanden dennoch statt. Man kann es auch als Herausforderung sehen. Vielleicht muss man das.

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