Am 23. Januar 2025 wird das nächste Kapitel in der Akte „Faeser/Schönbohm“ aufgeschlagen. Es geht um die Klage des früheren Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Arne Schönbohm gegen seine „Dienstherrin“ Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).
Diese hatte Schönbohm im Oktober 2022 geschasst und ihn in ein weniger bedeutendes Amt verfrachtet. Vor dem Verwaltungsgericht Köln wird nun zu entscheiden sein, ob Faeser Schönbohm zu Unrecht versetzt, ihm die Fürsorge entzogen oder ihn gar gezielt gemobbt hat. Schönbohm fordert Schadenersatz. Vor allem aber geht es ihm um seine öffentliche Rehabilitierung. TE berichtet seit mehr als zwei Jahren über diesen Skandal.
Rückblende
- Am 7. Oktober 2022 hatte Pseudo-Satiriker und ZDF-Clown Jan Böhmermann im „ZDF Magazin Royale“ dem damaligen BSI-Chef Kontakte zum russischen Geheimdienst unterstellt.
- Am 12. Oktober 2022 verbot Faeser Schönbohm, sich zu den schweren Vorwürfen öffentlich zu äußern.
- Am 17. Oktober beantragte Schönbohm dazu selbst ein Disziplinarverfahren zur Aufklärung gegen sich. Dieses Disziplinarverfahren wurde von Faeser nie eingeleitet. Seltsame ministerielle Begründung dazu: „mangels Tatverdacht“, außerdem Überschreitung der für disziplinarische Vorermittlungen festgelegten Dauer von drei Monaten.
- Am 18. Oktober untersagte Faeser Schönbohm „die Führung der Dienstgeschäfte“.
- Zum 1. Januar 2023 wurde Schönbohm auf die Stelle des Präsidenten der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung (BAköV) versetzt. Dieses Amt ist erheblich weniger bedeutend (55 Mitarbeiter, 3,5 Millionen Euro Etat) als das BSI (1.500 Mitarbeiter, 200 Millionen Euro Jahresetat). Damit es zu keinen besoldungsrechtlichen Komplikationen kommen konnte, ließ Faeser das BAköV-Amt von Besoldungsstufe B6 auf B8 liften. Als BSI-Chef war Schönbohm schon zuvor in B8 eingruppiert gewesen.
- Der Innenausschuss des Bundestages befasst sich im Herbst 2023 mit der Sache; für Faeser war das „Klamauk“. Zwei Sitzungen des Innenausschusses vom 7. und 27. September 2023 zur Causa schwänzte Faeser, unter anderem weil sie in Hessen (reichlich erfolglos mit schließlich 15,2 Prozent) als dortige SPD-Spitzenkandidatin Wahlkampf zur Landtagswahl vom 8.Oktober 2023 betrieb.
Dann geschah lange nichts Sichtbares. Nur innerhalb des Faeser-Ministeriums regte sich etwas – freilich ohne jede Rehabilitierung Schönbohms. Faeser ließ nicht locker. Im Frühjahr 2023 äußerte sie sich „sichtlich unzufrieden“. Sie hatte auf mehr Futter gegen Schönbohm gehofft. So ist ein interner Vermerk eines BMI-Unterabteilungsleiters von Anfang März 2023 zu verstehen. Faeser fand die Dinge, die ihr zugeliefert worden waren, zu „dünn“ – es sollte nochmals (!) das Bundesamt für Verfassungsschutz abgefragt werden. Faeser wurde freilich von ihren Beamten mitgeteilt, „dass wir alle relevanten Behörden und Abteilungen bereits beteiligt hätten und es schlicht nicht mehr gäbe“.
Auch danach dauert es noch sieben (!) Wochen bis zur überfälligen Einstellung der Voruntersuchung. Erst am 24. April 2023 teilte BMI-Abteilungsleiter Martin von Simson (übrigens Vermieter von Faesers Berliner Wohnung) mit: „Die eingehende Untersuchung der Sachverhalte hat zu dem Ergebnis geführt, dass Disziplinarmaßnahmen nicht zu ergreifen sind.“ Im Abschlussbericht der Voruntersuchung wird sogar ein Verstoß gegen die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht der Ministerin eingeräumt: Eine „nachholende Fürsorge“ des BMI „blieb im Zuge der Sendung trotz wiederholter und schriftlich vorgetragener Bitte offensichtlich aus“.
Vor allem diese interne Notiz vom 2. März 2023 könnte für Faeser vor dem VG Köln brisant werden.
Am 19. Dezember 2024 schließlich untersagte das Landgericht München I dem ZDF vier von fünf Behauptungen über Schönbohm. Einen Anspruch auf Geldentschädigung hat die Kammer Schönbohm dagegen nicht zuerkannt.
Faesers Schönbohm-Allergie
Nun ist der Skandal, der sich längst zu einem ZDF-, Böhmermann- und Faeser-Skandal entwickelt hatte, beim Verwaltungsgericht (VG) Köln angekommen. Dort wird am 23. Januar 2025, 10.00 Uhr, im Saal 1 des VG eine mündliche Verhandlung stattfinden. Es geht um die Klage gegen Faeser, der Schönbohm im Zusammenhang mit der Strafversetzung „Mobbing“ (so Schönbohms Anwälte) und vorenthaltende Fürsorgepflicht vorwirft. Schönbohm verklagt das Bundesinnenministerium (BMI) auf Schadensersatz. Diese Klage hatten Schönbohm und seine Anwälte bereits im Sommer 2023 mit einer 18-seitigen Klageschrift samt 28 brisanten Dokumenten eingereicht.
TE-Bewertung: Faeser hat als Bundesinnenministerin sehr bald eine schier manische Aversion gegen Schönbohm entwickelt. Schönbohm war ihr im Gegensatz zu Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang zu wenig gefügig, zu selbstbewusst und eigenständig. Entlassen konnte sie Schönbohm nicht, weil er in Besoldungsstufe B8 kein politischer Beamter (ab Besoldungsstufe B9) war, der ohne Angabe von Gründen entlassen werden kann. Außerdem war der SPD-Genossin Faeser offenbar der Name „Schönbohm“ zuwider. Zur Erinnerung: Arne Schönbohm ist der Sohn von Jörg Schönbohm. CDU-Mann Jörg Schönbohm († 2019) war Drei-Sterne-General und „Vater der Armee der Einheit“, Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Innensenator in Berlin, Innenminister in Brandenburg. Vor allem war Jörg Schönbohm eines der letzten konservativen CDU-Urgesteine.
Faeser indes fehlt es an allem, was einen Mann wie Jörg Schönbohm ausmachte. Weil Faeser das widerwillig spürt, tobt sie sich ohne jedes Anzeichen charakterlicher Souveränität verbissen gegen Schönbohm jun. aus. Faeser, die nominell sogar Verfassungsministerin ist, ignoriert obendrein die rechtlichen Vorgaben, an die sie als „Dienstherrin“ gebunden ist. Artikel 33 Absatz 4 Grundgesetz gibt ein „öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis“ vor. Das impliziert auch die Treue eines Dienstherrn gegenüber seinen Beamten. Für den Bereich des Bundes ist in § 78 Bundesbeamtengesetz zudem geregelt, dass der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamten zu sorgen hat und ihn bei ihrer amtlichen Tätigkeit und in seiner Stellung schützt. Zum Beispiel eben auch gegen Erfindungen eines ZDF-Clowns!
Man kann diesem Land und der politischen Kultur in diesem Lande nur wünschen, dass Faeser nach der anstehenden Bundestagswahl ein für alle Mal im politischen Nirwana verschwindet.