Es kommt selten vor, dass eine politische Stiftung eine „Studie“ veröffentlicht, die für die ihr nahestehende Partei alles andere als schmeichelhaft ist. Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) hat das soeben getan – leider mit dem etwas schrägen Titel „Bäumchen wechsel dich? Politische Einstellungen im Wandel“.
Lassen wir den Titel beiseite: Es geht tatsächlich darum, wie sich das Vertrauen der nach Parteisympathie differenzierten Wählerschaft in Demokratie, Regierung, Parlament, Parteien, ARD/ZDF, Gerichte, Verfassungsschutz usw. binnen eines Jahres verändert hat, ja, wie es mehr und mehr in den Keller fällt oder aber allenfalls bedenklich durchschnittliche Ausmaße angenommen hat.
Um das zu untersuchen, waren drei Umfragen (11/12-2022; 6/2023; 11/12-2023) veranstaltet worden: CATI-Mehrthemen-Befragungen (sogenannte „BUS-Einschaltungen“) – durchgeführt von Verian (vormals Kantar Public). Die Interviews wurden telefonisch über Festnetz und Mobilfunk (80/20) geführt. Es gab je 1.500 Interviews: je ca. 600 „Ost“, je 900 „West“. (Anmerkung: 600 zu 900 entspricht nicht den realen Verhältnissen. „West“ ist nicht eineinhalbmal so groß wie „Ost“, sondern – je nach (Nicht-)Einberechnung von Berlin – sechs- bis siebenmal so groß.)
Etwas schräg und sehr mainstreamig ist allerdings die Einführung der KAS in die 45-seitige Dokumentation. Es heißt dort: „In aktuellen Umfragen steht die AfD bei 19 Prozent, während die Parteien der Ampel-Regierung nur knapp über 30 Prozent kommen (Deutschland-TREND vom 1. Februar 2024 und Politbarometer Februar 2024). Zugleich protestierten im Januar mehrere hunderttausend Menschen in vielen deutschen Städten gegen Rechtsextremismus und die AfD, nachdem durch Correctiv-Recherchen ein Treffen der AfD mit Rechtsextremen bekannt wurde.“
Hier nun die zentralen Ergebnisse, wie sie in der Studie selbst – teilweise etwas beschönigend – dargestellt werden. („Wählerinnen und Wählern“ haben wir vereinfacht und grammatisch korrekt „Wähler“ daraus gemacht):
- „Demokratiezufriedenheit und Zukunftszuversicht verharren auf niedrigem Niveau. Nur in der Wählerschaft der Union nimmt die Demokratiezufriedenheit kontinuierlich ab.
- Insgesamt ist das Institutionenvertrauen relativ stabil. Nur das Vertrauen in die Bundesregierung sinkt kontinuierlich. Das Vertrauen in den Bundestag bleibt auf niedrigem Niveau.
- In den Wählerschaften der SPD und der Union sinkt das Vertrauen in den Bundestag und in die Bundesregierung, in der Grünen Wählerschaft steigt es. Die große Mehrheit der AfD-Wählerschaft misstraut dem Bundestag und der Bundesregierung.
- CDU und CSU gewinnen in Ostdeutschland deutlich an Sympathie (wirklich?). Die Zuneigung der SPD-Wähler für die Grünen lässt nach. Die FDP verliert in den Wählerschaften der SPD und der Grünen an Sympathien.
- Die Wechselbereitschaft der Wähler ist aktuell gering. 50 Prozent können sich keine andere Partei vorstellen als diejenige, die sie bei der Sonntagsfrage genannt haben. Besonders hoch ist dieser Anteil mit 70 Prozent in der AfD-Wählerschaft.“
- Die AfD-Wählerschaft rutscht bei der Links-Rechts-Selbsteinstufung (zwischen 0 und 10) einen ganzen Skalenpunkt (4,7 auf 6,5; JK) nach rechts. Zudem steigt der Anteil an AfD-Wählern, die sich am äußerst rechten Punkt der Skala verorten.
- Je höher formal gebildet eine Person ist, desto weiter links verortet sie sich. Im Durchschnitt liegen Personen mit niedriger formaler Bildung bei einem Skalenwert von 5,1. Personen mit mittlerer formaler Bildung positionieren sich im Mittel bei 4,9 und Personen mit hoher formaler Bildung bei 4,3.“
Am Ende der Studie lesen wir als Fazit der KAS:
- „Die Wählerschaft der Grünen hat ihren Optimismus zurück. Die Zuversicht der Grünen Wähler für die Zukunft steigt, ihre Demokratiezufriedenheit stabilisiert sich. Zusätzlich steigt das Vertrauen in die Bundesregierung und in den Bundestag unter den Wählern der Grünen.
- Die Wähler der SPD entwickeln sich weniger eindeutig. Ihre Zufriedenheit mit der Demokratie steigt wieder und auch ihre Zukunftszuversicht nimmt zu. Gleichzeitig verliert die Wählerschaft der SPD aber zunehmend das Vertrauen in die (SPD-geführte) Bundesregierung und den Bundestag.
- Für die Wählerschaft der Union gibt es wenig Positives zu berichten. Die Zuversicht für die Zukunft stabilisiert sich zwar auf dem eher niedrigen Niveau der Vorerhebung. Seit der ersten Erhebung im Dezember 2022 ist die Zukunftszuversicht der Unionswählerschaft aber um 11 Punkte gesunken.“
Lassen wir den größten „Hammer“ graphisch auf uns wirken. Siehe Abbildung 2: Demokratiezufriedenheit nach Parteipräferenz (Antworten: sehr zufrieden/zufrieden):
Auffällig auch: Bei den Grünen scheint subjektiv alles easy zu sein. 85 Prozent der Grünen vertrauen dem Bundestag. Bei den Unions-Anhängern waren es zuletzt nur noch 41, bei SPD-Anhängern noch 57 und bei den AfD-Anhängern nur 8 Prozent. Dass die Grünen von allen am meisten alles positiv sehen, ist klar: Sie diktieren die Debatten – wenn auch mit noch so schrägen Vorstellungen; sie haben in der Ampel den meisten Erfolg, und sie sind die Lieblinge der arrivierten Medien.
Weitere Detailergebnisse, die wir im Vergleich Ende 2022 zu Ende 2023 herausgepickt haben, müssen aufhorchen lassen:
- Den Gerichten vertrauen nur 64 bzw. 63 Prozent.
- ARD und ZDF vertrauen nur 52 bzw. 53 Prozent. Am meisten vertrauen den Öffentlich-Rechtlichen mit 82 bzw. 88 Prozent die „Grünen“. Warum wohl!?
- Dem Verfassungsschutz vertrauen 50 Prozent.
- Von den Unions-Sympathisanten können sich nur 5 Prozent vorstellen, alternativ die „Grünen“ zu wählen. 9 Prozent der AfD-Sympathisanten können sich vorstellen, alternativ CDU/CSU zu wählen; bei den SPD-Sympathisanten sind dies sogar 20 Prozent.
Empfehlung: Die CDU-Granden sollten sich die KAS-Studie hinter den Spiegel stecken und jeden Morgen hineinschauen. CDU-Chef Merz vor allem!