Wer seit den Landtagswahlen in Bayern und Hessen die hektischen, medial inszenierten Aktivitäten der Ampelregierung in der Asylpolitik verfolgt, kommt aus dem Staunen nicht mehr raus. Maßnahmen, die von den Führungsspitzen der Grünen und der SPD über Jahre als inhuman oder nicht machbar gebrandmarkt und deswegen kategorisch abgelehnt worden sind, werden von ihnen plötzlich Lösung zur Beendigung des herrschenden Asylchaos’ angepriesen. Asylzentren an den europäischen Außengrenzen, Abkommen mit sicheren Drittstaaten, Durchführung von Grenzkontrollen an den deutschen Außengrenzen, Rückführungen abgelehnter Asylbewerber, Absenkung von Leistungsstandards und anderes mehr werden den Bürgern als Signale einer Abkehr von einer Refugee-Welcome-Politik verkauft, die diese offenkundig nicht mehr mitzutragen bereit sind. Ohne selbst von einer Wende in der Asylpolitik zu sprechen, soll bei den Bürgern der Eindruck entstehen, eine solche werde von der Ampelregierung nun zügig angegangen.
Selbst wenn das so wäre, spricht wenig bis gar nichts dafür, dass dies auch tatsächlich geschieht. Alle bestehenden rechtlichen und verfahrenstechnischen Vorkehrungen, um Asyleinwanderung in geordneten Bahnen zu steuern, sind in Deutschland inzwischen soweit durchlöchert oder faktisch schon außer Kraft gesetzt, dass kurz- und mittelfristig wenig Aussicht besteht, mit Maßnahmen wie Asylzentren an den europäischen Außengrenzen oder Abkommen mit Tunesien und Marokko den anhaltenden Zustrom nach Deutschland nennenswert zu verringern. Nicht nur Migrationsforscher wie Ruud Koopmanns, Daniel Thym und Stefan Luft warnen daher vor zu hohen Erwartungen, die die führenden Ampelpolitiker diesbezüglich schüren, sondern auch Landespolitiker wie etwa der niedersächsiche Ministerpräsident Stefan Weil.
Mit derlei Maßnahmen wird das geltende Asylrecht nicht mehr nur in Hinblick auf die illegalen Einreisen aus sicheren Drittstaaten, sondern zusätzlich in Hinblick auf die Ausreisepflicht im Falle einer Ablehnung faktisch aufgehoben. Deutschland wird so noch mehr als bislang schon zu einem Magneten für irreguläre Migration, wenn jeder Migrationswillige aus den zahlreichen sicheren Herkunftsstaaten dieser Welt davon ausgehen kann, dass es ihm nur gelingen muss, in Deutschland einen Asylantrag zu stellen, um dort dauerhaft bleiben zu können, auch wenn keinerlei Aussicht auf Anerkennung besteht. Die illegalen Einreisen über den Asylweg nach Deutschland werden daher, anders als von der Ampelregierung versprochen, weiter zu- und nicht abnehmen.
Wer wie die Ampelregierung durch die faktische Aufhebung der Ausreisepflicht für abgelehnte Asylbewerber noch mehr Anreize für den Missbrauch des Asylrechts zur Einwanderung schafft, ohne auch nur annähernd sicherstellen zu können, dass die illegalen Einreisen von Armutsmigranten durch die avisierten Eindämmungsmaßnahmen signifikant zurückgehen, weiß entweder nicht, was er tut, oder versucht, die Bürger bewusst hinters Licht zu führen. Immer mehr von ihnen durchschauen inzwischen aber derlei wahltaktische Manöver. Ob dies für den CDU-Fraktionschef Friedrich Merz und den CSU-Fraktionschef Alexander Dobrindt auch gilt, die derzeit mit Kanzler Scholz über einen „Deutschlandpakt“ zur Eindämmung der irregulären Einwanderung beraten, wird man bald wissen.