Robert Habeck ist, wenn er nicht in Familienangelegenheiten tätig ist, auch deutscher Wirtschafts- und vor allem Klimaminister. Klima versucht er sogar zu machen, und zwar vor allem gutes, wenn er über die deutsche Wirtschaft vollkommen zutreffend sagt: „Die deutsche Wirtschaft erweist sich nach der Corona-Krise auch in der Energiekrise als anpassungs- und widerstandsfähig.“
Widerstandsfähig gegen Wachstum ist die deutsche Wirtschaft inzwischen, statt einem leichtleichten Wachstum von 0,4 Prozent, das Habeck prognostizierte, stagnierte sie im ersten Quartal hingegen. Anpassungsfähig ist sie auch, schließlich passt sie sich mehr oder weniger erfolgreich den verordneten Rahmenbedingungen an:
- Viessmann verkauft seine Climate Solution, in der Hauptsache Wärmepumpen-Sparte, an die amerikanische Firma Carrier Global. Damit niemand, schon gar nicht die Beschäftigten von Viessmann sich Sorgen machen müssen, tönte Habeck, dass er sich hinsichtlich der Arbeitsplätze den Deal genauer anschauen wolle. Anschauen kann er ihn sich, verhindern kann er ihn nicht. Täuscht der Wirtschaftsminister nur das Publikum oder auch sich selbst? Die Erfahrungen mit Carrier Global sprechen zudem eine eigene, sehr brutale Sprache. Im Jahr 2004 hat der amerikanische Konzern die Kälte-Technik der Linde AG übernommen. Im Jahr 2005 stellte Carrier Global die Produktion von Kältetechnik in Deutschland ein und verlagerte sie nach Frankreich und Tschechien.
- Bosch investiert Milliarden für die Chipfertigung – an sich gut, allerdings in Kalifornien – für Deutschland also gar nicht gut. Außerdem errichtet Bosch ein Werk zur Produktion – in Polen nahe der deutsch-polnischen Grenze, damit die Wege für den Import nach Deutschland nicht so weit sind.
- Vaillant nimmt ein großes Werk, das im Jahr 300.000 Wärmepumpen produziert, im slowakischen Bezirk Senica im Mai 2023 in Betrieb.
- Der größte deutsche Wohnungskonzern Vonovia verkauft für eine Milliarde Euro einen Teil seines Portfolios an den amerikanischen Finanzinvestor Apollo, der zu den größten Private-Equity-Gesellschaften der Welt gerechnet wird. Das Portfolio umfasst 21.000 Wohneinheiten an Standorten in Baden-Württemberg. Salopp gesagt, hat Vonovia die Aufgabe, weiter die Mieten einzutreiben, doch dürften den Managern von Vonovia für diese Wohneinheiten nun die amerikanischen Kontrolleure im Nacken sitzen, denn Apollo will sein Engagement auch belohnt wissen. In Neubauten will Vonovia zurzeit nicht investieren. Das dürfte bei einer durch die Politik der Bundesregierung geförderte und wachsende Einwanderung zur Verschärfung der Wohnungsnot führen. Gebaut wird anscheinend nur noch dann, wenn man sich das Beispiel Potsdam-Golm anschaut, für Migranten und auch nur dann, wenn der Staat oder die Stadt eine Netto-Kaltmiete von 23 Euro je Quadratmeter für dreißig Jahre garantiert. Steuerfinanziert natürlich.
- Die Bayer AG investiert 60 Millionen Euro in den Bau einer Fabrik – in der Ukraine, zumal oder weil das Bundeswirtschaftsministerium eine Investitionsgarantie ausspricht.
Die geplanten LNG-Lieferungen aus Katar sollen über eine amerikanische Firma realisiert werden. Interessant ist, wie hart bestimmte Kreise in den USA daran arbeiten, den Verdacht zu zerstreuen, dass die USA etwas mit der Sprengung von Nord Stream zu tun haben könnten und wie laut und dröhnend die deutschen Aufklärer schweigen zum Anschlag auf die deutsche Energieinfrastruktur. Dass die Gewinner der Sanktionspolitik China, Russland und auch die USA sind, Deutschland und Europa hingegen als die großen Verlierer dastehen, dürfte inzwischen jedem klar sein, der nicht aus rein politischen oder ideologischen Gründen unbedingt etwas anderes zu glauben hat.
Immer mehr deutsche Firmen verlagern ihre Produktion ins Ausland, auch und gern in die USA, verkaufen Geschäftsbereiche aufgrund der rein politisch, und zwar von der Ampel gesetzlich verfügten Eingriffe ins Marktgeschehen. Die Gründe für die Verlagerung von Wertschöpfungsketten liegen
- in einer hohen Inflation als Folge der Schuldenpolitik der EU, der Politik des billigen Geldes durch die EZB und schließlich der Sanktionspolitik;
- in zu hohen Energiepreisen als Folge der Energiewende;
- in zu hohen Steuern und Abgaben sowie in der „CO2-Bepreisung“, der Atemsteuer, die weiter erhöht werden soll, was die Energiepreise und die Inflation weiter treiben wird;
- in der Einführung künstlicher Preise bei politisch gewollten Verteuerungen;
- in dem rabiaten Eingriff durch das Wärmepumpengesetz genannte Enteignungsgesetz in den Markt.
Für eine Firma wie Viessmann, die eine große Kompetenz in der Produktion von Gasheizungen besitzt, bedeutet das die mutwillige Zerstörung ihres Geschäftsmodells auf dem Gesetzesweg. Um nicht vom Markt zu verschwinden, hat Viessmann gar keine andere Möglichkeit, als ihre Wärmepumpensparte zu verkaufen, solange die Konditionen noch gut sind. Carrier Global kauft aber nicht nur die Produktionsstätten, die zwar auch, aber vor allem das hochlukrative Vertriebs- und Wartungsnetz von Viessmann, Viessmanns Marktposition mit.
So gesehen ist das Wärmepumpengesetz nichts anderes als eine Förderung der amerikanischen Wirtschaft und des amerikanischen Finanzsektors auf Kosten der deutschen Wirtschaft und der deutschen Bürger, die gezwungen werden, bestimmte Produkte zu kaufen, die sie sonst nicht kaufen würden. Doch es geht den Staat schlicht nichts an, welche Heizungen der Bürger in sein Haus einbauen lässt. Ein Staat, der meint, er dürfte das bestimmen, verabschiedet sich vom Grundgesetz und von der Demokratie.
Die Frage steht wie der Elefant im Raum, ob die regierenden Demokraten versuchen, die Position der USA als Weltmacht Nummer eins gegenüber China zu retten, auch indem sie Wirtschaftskonkurrenten wie Deutschland schaden, indem sie die EU zwingen, den Interessen der amerikanischen Finanzindustrie entgegenzukommen, indem sie die EU dadurch schwächen, dass sie Polen als stolzer Sachwalter amerikanischer Interessen in Europa stärken? Die USA sind politisch Deutschlands und Europas Verbündeter, wirtschaftlich aber Deutschlands und Europas Konkurrent.
Für den Wirtschaftsstandort Deutschland wird es höchste Zeit, die eigenen Interessen zu formulieren – das wird mit den Grünen nicht gehen. Deutschland muss jetzt mit den Grünen fertig werden, oder die Grünen werden mit Deutschland fertig. Deutschland benötigt dringend eine undogmatische, an den Grundsätzen der Sozialen Marktwirtschaft orientierte Wirtschaftspolitik.