Wer hätte bei der Jubelstimmung anlässlich der Wahl von Martin Schulz zum SPD-Vorsitzenden gedacht, dass seine Präsidentschaft nicht mehr als eine triste Episode werden sollte, die die stolze und traditionsbewusste deutsche Sozialdemokratie gar in existentielle Nöte bringen würde und Martin Schulz nach seinen vielen Abseitsmanövern endgültig einen Spielfeldverweis? Die Entsorgungsdynamik der deutschen Politik scheint auch an dem selbst ernannten Moderator der auswärtigen Angelegenheiten, Sigmar Gabriel, nicht vorübergehen zu wollen. Gerade hat er sich an die internationale Bühne mit sonorer Stimme angepasst und trägt ein weltmännisches Gehabe zur Schau, da legen ihm seine eigenen politischen Freunde den Rückzug vom Amt des Außenministers nahe.
Norbert Röttgen, einstmals als Muttis Liebling gehandelt und immer noch nicht über die bittere Erfahrung seines von der Kanzlerin erzwungenen Rücktritts als Umweltminister hinweg, bemüht sich, die Personalie Merkel auch als ein Entsorgungsproblem – wenn auch unter dem Vorwand der Inhaltsleere – zu beschreiben.
Dies alles scheint Frau von der Leyen wenig zu interessieren. Sie glaubte bisher, mit dem Neuanstrich von Kasernen und der sozialpolitischen Besserstellung von Soldaten, ihre politischen Ambitionen zu erreichen. Gleichzeitig hält sie Schaufensterreden bei internationalen Foren und predigt – so bei der Münchener Sicherheitskonferenz – von der Notwendigkeit einer „europäischen Verteidigungskultur“.
Gleichzeitig werden Werbebroschüren vom Verteidigungsministerium herausgegeben, in denen sich Deutschland zu mehr Übernahme von Verantwortung bereit erklärt und junge Menschen für die Streitkräfte interessiert werden sollen.
Mag sein, dass Frau von der Leyen kalkuliert, sich aufs Schwadronieren zu verlegen, um schnell aus der operativen Verantwortung im Bundesverteidigungsministerium in Richtung NATO entlassen zu werden. Für die Einsatzfähigkeit der deutschen Streitkräfte sind die viereinhalb Jahre von der Leyen ein herber Verlust und für die Glaubwürdigkeit der Bundesrepublik Deutschland als Partner friedenserzwingender Sicherheitspolitik ist die Amtszeit von der Leyens eine Katastrophe.
Markus C. Kerber ist Dr. iur., Professor für öffentliche Finanzwirtschaft und Wirtschaftspolitik an der TU Berlin, Gastprofessor an der Warsaw School of Economics und an der Universität Paris II (Panthéon-Assas), Gründer des Thinktanks Europolis, www.europolis-online.org.
Empfohlen von Tichys Einblick. Erhältlich im Tichys Einblick Shop >>>