Wie generös und selbstlos die vormalige Verteidigungsministerin und jetzige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (UvdL) doch schon immer war: „Wenn ich vom Ausschuss eingeladen werde, werde ich selbstverständlich erscheinen und als Zeugin zur Verfügung stehen,“ sagte sie vor geraumer Zeit. Dabei blieb ihr gar nichts anderes übrig. Nun also war es am Donnerstag, 13. Februar 2020, so weit: Von der Leyen hatte ihren fünfstündigen Auftritt vor dem seit einem Jahr arbeitenden Verteidigungs- und Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages. Dort geht es um nicht weniger als um Millionen in dreistelliger Höhe (von 200 Millionen ist die Rede), die in UvdL.s Zeit vom Verteidigungsministerium oft rechtswidrig und nahe am Verdacht der Vetternwirtschaft für externe Berater ausgegeben wurden. Bis dato hatte der Ausschuss 40 Zeugen gehört und 4.000 Akten ausgewertet.
Ja, UvdL, spricht von „Fehlern“: „Es sind Vergabeverstöße aufgetreten.“ Es sei „nicht schön“ gewesen, „dass Fehler gemacht worden sind.“ Sie sind einfach „aufgetreten?“ – einfach so, durch außer- oder überirdische Einflüsse? Konkreter wurde UvdL natürlich nicht, allerdings räumte sie ein, dass, als sie von den Fehlern erfahren habe, ihr „Grundgefühl Betroffenheit“ gewesen sei. Wie die Fehler „aufgetreten“ sind, blieb freilich auch nach fünfstündiger Sitzung völlig offen. SPD und Opposition zogen denn auch frustriert von dannen, zur Aufklärung des Skandals wurde nichts beigetragen.
UvdL gab einerseits die in wahrlich großen Zusammenhängen denkende Strategin, andererseits das Unschuldslamm. Mit ihrem Antritt als Verteidigungsministerin im Dezember 2013, so UvdL, habe sie eine gefährliche Weltlage mit „hybriden Kriegen“ vorgefunden. „Das vergisst man leicht“, erklärte sie. Um die Bundeswehr dafür zum Beispiel digital fit zu machen, sei externe Expertise nötig gewesen. „Wir brauchten Hilfe von außen.“ Am desolaten Zustand der Bundeswehr seien Vorgänger schuld gewesen. Vor allem zu Verteidigungsminister Rudolf Scharping (im Amt von 1998 bis 2002!) reichen UvdL.s Schuldzuweisungen zurück. Dazwischen gab es ja offenbar keine anderen Verteidigungsminister, auch keine drei der CDU/CSU (Jung, zu Guttenberg, de Maizière)?
Großes Lob hatte UvdL für ihre einstige Staatssekretärin Katrin Suder übrig. Mit ihr hatte UvdL bereits in ihrer Zeit als Arbeits- und Sozialministerin zusammengearbeitet. 2014 war Suder von UvdL bei McKinsey abgeworben und zur Staatssekretärin befördert worden. Suder soll nach und nach immer mehr McKinsey-Mitarbeiter ins Verteidigungsministerium gelotst haben. UvdL dennoch über Suder: „Frau Suder hat mit großer Bravour und Glanz ihre Aufgabe gemeistert.“ Um dann fortzufahren: „Wer immer aktiv ist, macht auch Fehler, das gilt auch für mich.“
Wurde UvdL im Ausschuss gefragt, ob es – wie vom Bundesrechnungshof mehrmals moniert – Regelverstöße bei der Vergabe sündteurer Beraterverträge gegeben habe, antwortete UvdL: „Das war unter meiner Ebene.“ Dabei hatten der Spiegel und die Welt längst öffentlich gemacht, dass aus dem Ministerium Druck ausgeübt worden sei, bestimmte Firmen oder Personen auszuwählen. An UvdL ist dies offenbar spurlos vorüber gegangen. Wenn eine Oppositionsvertreterin in der Ausschusssitzung nachhakte und wissen wollte, ob dabei Druck auf untere Beamte ausgeübt wurde, war UvdL.s Antwort mehrmals: „Ich teile ihre Beurteilung nicht.“ „Ich teile nicht, dass das gewünscht wurde.“
Völlig offen blieb am 13. Februar auch die Frage nach Diensthandys der Ex-Ministerin, deren Daten sie gegen alle Vorschriften selbst gelöscht hatte. Minister sind nämlich gesetzlich verpflichtet, die Telefone nach Ende ihrer Amtszeit zurückzugeben. Die Oppositionsvertreter vermuten, dass auf den Handys Informationen gewesen sein könnten, die womöglich beweisen würden, dass UvdL früh informiert oder auch eingebunden gewesen war. Wenn es nach der FDP geht, hat diese Sache womöglich noch ein juristisches Nachspiel. Die FDP prüft, ob das Bundesverfassungsgericht dazu angerufen werden soll, auch wenn UvdL
beteuerte, sie habe das Telefon vor allem zum Telefonieren genutzt. SMS habe sie nur geschrieben, wenn sie etwa ihrem Team habe mitteilen wollen, dass sie von einem zum nächsten Termin müsse. Strategische Entscheidungen habe man immer „face-to-face“ besprochen.
Fazit – wie zu erwarten: Außer Spesen nichts gewesen! Eine Schuld der Ex-Verteidigungsministerin gibt es nicht. Selbstkritik auch nicht. Es war der übliche Ego-Trip einer gefühlten Macherin, die diese Attitüde nun andernorts auslebt.