Tichys Einblick

„Und wieder scheint die Sonne nicht, warum? Trump ist schuld!“

Endgültig war die rote Linie überschritten, als China den Bezug auf die individuellen Menschenrechte in der Satzung des UN-Menschenrechts-Ausschusses einfach streichen und durch den allseits bekannten kommunistischen Terminus soziale und kollektive Rechte ersetzten ließ.

imago Images/ZUMA Wire

Wenn das Wetter mal nicht so ist, wie es die Vorhersage prophezeit hatte, waren früher meist irgendwelche unergründlichen wetteriologischen Vorgänge schuld. So richtig erklären konnte dies aber kaum einer. Wie schön ist es doch heute – natürlich ist am Regen der Buhmann der ganzen Welt schuld. Der Bösewicht sitzt im Weißen Haus in Washington und heißt Donald Trump. Was immer der Mann auch tut, es entspringt aus Sicht vieler entweder seiner vermeintlichen Dummheit oder – schlimmer noch, schäbigen Motiven.

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So ist zur Zeit in fast allen Medien zu hören und zu lesen, mit der Schließung des chinesischen Generalkonsulats im texanischen Houston wolle Trump nur von seiner katastrophalen Corona Politik ablenken. Wie einfältig! Die Mehrheit der Amerikaner und gerade auch seiner Wähler ist der Vorgang in seiner Bedeutung mit dem Stellenwert eines Reissacks im fernen Reich der Mitte vergleichbar. Einfach uninteressant! Die Amerikaner beschäftigt vor allem ihre wirtschaftliche Zukunft, der weitere Verlauf der Pandemie und vielleicht noch die Gewaltorgien in den Großstädten. Davor kommen natürlich noch die Rangfolgen im nationalen Baseball, Amerikan Football und Basketball Leagues. Nur die wenigsten Menschen treibt die Sorge um das Weltgeschehen um.

Warum sollte es in den USA auch anders sein als hierzulande? Doch bleiben wir beim Thema China. Die USA sind aus einer ganzen Reihe von UNO-Ausschüssen ausgestiegen. Prompt lautete der Vorwurf: „Verantwortungsscheu und egoistisch.“ Was nicht gesagt wird, ist, dass Washington immerhin der größte Geldgeber der UNO, regelmäßig bei jedem Antrag in Sachen China oder gegen Israel überstimmt wird. Der Grund ist einfach: Ein Großteil der Länder ist mehr oder weniger von China abhängig und verhält sich dementsprechend. Endgültig war die rote Linie überschritten, als China den Bezug auf die individuellen Menschenrechte in der Satzung des UN-Menschenrechts-Ausschusses einfach streichen und durch den allseits bekannten kommunistischen Terminus soziale und kollektive Rechte ersetzten ließ. Darüber hat man hier zu Lande, weder bei ARD und ZDF noch in einer Zeitung gelesen. Normalerweise nennt man sowas Manipulation oder schlicht, Lügen durch Unterlassung.

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Trump ist immer an allem schuld, egal was er tut. Die Ursache dafür ist meines Erachtens weniger seine Politik gegenüber aggressiven Staaten wie China oder Russland, sondern der Mann als Solcher. Ein Selfmademan mit „toxischer“ Männlichkeit. Man muss das Frauenbild des Multimilliardärs nicht teilen, aber man sollte auch zur Kenntnis nehmen, dass bei den letzten Wahlen über 60% seiner Wähler weiblichen Geschlechts waren. In Deutschland würde Trump nur schwer eine Anstellung im öffentlichen Dienst oder kaum in der Wirtschaft bekommen. Ablehnung und Hass sind aber keine Argumentation über die Motive eines Präsidenten. Und niemand seiner Kritiker sollte glauben, dass sich am Kern der amerikanischen Politik unter Biden Wesentliches ändern würde – abgesehen von Stil und Rhetorik. Anstatt sich an Trump als Person abzuarbeiten, sollte man hierzulande ernsthaft darüber nachdenken, wie es ohne den amerikanischen Partner an der Seite in Europa weitergehen soll.

Die flehentlichen Bittbriefe deutscher Ministerpräsidenten, keine US-Truppen aus Deutschland abzuziehen, sprechen dafür, dass das besorgte Nachdenken schon begonnen hat.

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