Tichys Einblick
"Jule Stinkesocke"

Unbekannter führt wokes Twitter vor

Jule Stinkesocke war perfekt: weiblich, jung und links. Aktion Mensch zeichnete sie als Mutmacherin aus, die Deutsche Welle kürte sie sogar zum besten deutschen Blog. Sie hat nur einen Nachteil: Es gibt sie offenbar gar nicht.

Screenprint: via Twitter - Collage: TE

Schon Oscar Wilde wusste: „Es gibt keine Frauen im Internet.“ Deswegen lohnt es sich immer genau hinzuschauen, wen man da so vor sich hat. Am besten, bevor man ihm zum besten deutschen Blog kürt, wie es die Deutsche Welle mit „Jule Stinkesocke“ getan hat – oder Aktion Mensch, die sie zur Mutmacherin ernannt hat. Denn wie sich nun herausstellt, war Jule Stinkesocke in Wirklichkeit wohl ein Mann mittleren Alters – also etwas ganz anderes als das, wofür Jule Stinkesocke bekannt wurde.

Sie galt als weiblich, jung und links. Ein Profil, mit dem einen die SPD heutzutage ohne Prüfung von der Schulbank weg in den Bundestag verpflichtet. Zudem saß die Frau im Rollstuhl, was sie aber mit Humor nahm. So inszenierte sie sich zumindest auf Twitter. Oder es? Vermutlich er, wie die Twitter-Gemeinde jetzt allmählich aufdeckt.

Wie es aussieht, nutzte die vermeintliche Stinkesocke als Porträtfoto das Bild einer australischen Pornodarstellerin. Auch sonst griff der Betrüger wohl auf fremdes Material zurück, um sich zu inszenieren. Wobei der Begriff Betrüger eher moralisch zu sehen ist. Abgesehen vom Urheberrecht hat Jule Stinkesocke juristisch gesehen nichts Falsches gemacht. Sie hat Leuten etwas gegeben, was die haben wollten – dass es das in der Realität so nicht gibt, müssen die Hereingelegten eher mit sich selbst und ihrer Erwartungshaltung ausmachen.

Jule Stinkesocke bediente das Bild von der fröhlichen jungen Frau im Rollstuhl. Dass die Figur gerne zu fäkalem Wortschatz für ihre Witzchen griff? Schwamm drüber. Sie darf das. Sie sitzt ja im Rollstuhl. Der „Betrüger“ hat mit seinem Kunstgriff lediglich die Verlogenheit einer Gesellschaft aufgezeigt, die bei Witzen nicht unterscheidet, ob sie gut oder schlecht sind – sondern wer sie gemacht hat. So wie das Grimme-Institut jedes Mal Jan Böhmermann mit Preisen bewirft, wenn der gerade jemanden in Fäkalsprache angepöbelt hat – so lange er nur den Richtigen, also den Falschen, angepöbelt hat.

Der „Betrüger“ hat auch klar gemacht, was Preise in Deutschland wert sind, wenn sie an den Lügner Claas Relotius als besten Journalisten verliehen werden. An Jan „Sche***aufen“ Böhmermann für kulturelle Beiträge. Oder eben an einen Kerl, der die Gutmenschen mit dem Narrativ von der fröhlichen Behinderten bedient, für die das Leben im Rollstuhl ein einziger Witz ist. Eben weil die Woken solche Geschichten mögen. Fast 70.000 Accounts folgten ihr auf Twitter. Bevor der Schwindel aufflog und der Betreiber „Jule Stinkesocke“ stilllegte.

Wie viele von diesen Accounts echt sind? Wer weiß das. Sicher sind nur zwei Dinge: Trau niemandem im Internet und das, was Oscar Wilde mit den Frauen gesagt hat – dass es sie im Internet nicht gäbe. Wobei Walt Whitman später präzisiert hat: „Wenn es im Internet Frauen gibt, ist es Porno.“ Allerdings ist das noch harmlos im Vergleich zu dem, was die beiden über Meldeportale gesagt haben.

Wie bitte? Laut Wikipedia können sich Wilde und Whitman nicht über das Internet geäußert haben? Also glauben Sie immer noch, was im Internet steht.

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