Raucher gelten allgemeinhin als Corona-Risikogruppe. Die vage Begründung: Raucher hätten eine bereits angeschlagene Lunge, Rauchen beinhaltet Giftstoffe, die das Immunsystem schwächen. Schließlich ist Rauchen böse, und man sollte ohnehin damit aufhören, am besten sofort. Deswegen endeten nahezu alle Artikel deutscher Medien im Frühjahr über erste Studien, die positive Auswirkungen von Rauchen auf Corona-Infektionen aufzeigten, mit der Aufforderung, dennoch mit dem Rauchen aufzuhören. RTL.de gelingt sogar das Kunststück, einen Bericht über eine Studie, die zeigt, dass Raucher weniger gefährdet sind, Corona zu kriegen, zu betiteln mit: „Rauchen schützt NICHT vor Corona – warum trotzdem Verwirrung herrscht“. Das RKI schreibt mit bestechender Logik immerhin: „Raucher stecken sich offenbar nicht häufiger mit dem Coronavirus an als Nichtraucher.“ Die Schokoladenration wurde von 30 auf 25 Gramm nicht erhöht.
In der Wissenschaft gibt es nun mehrere Studien, die relativ solide Daten bringen: Raucher sind wohl deutlich weniger gefährdet, sich mit Corona zu infizieren als Nichtraucher. Das zeigt zuletzt eine Studie der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen vom 25. November, die darüber Aufschluss geben sollte, welche Gruppen der Bevölkerung welches Risiko haben, sich mit Corona zu infizieren. Dafür wurden alle Bürger der Stadt Essen, die sich an die örtliche Corona Task Force wandten und einen PCR-Test erhielten, befragt. Es wurden 296 positiv Getestete und 1.641 negativ Getestete nach verschiedenen Eigenschaften kategorisiert, u.a. ob die Person aus einem Risikogebiet kam, ob man engen Kontakt hatte mit einem bestätigten Coronafall etc. Unter allen Kategorien ist die Kategorie „Raucht aktuell mehr als 10 Zigaretten am Tag“ diejenige, bei der das Ergebnis unter positiv Getesteten und negativ Getesteten am zweitstärksten differiert. Allein die Frage, ob der Geschmackssinn verloren wurde, zeigt eine höhere Diskrepanz.
Unter den positiv Getesteten sind nur 5,9% Raucher, während es 19% unter den negativ Getesteten sind. Das heißt, Nicht-Raucher infizieren sich mehr als drei mal so häufig, wie Raucher.
Eine französissche Studie kam im Frühjahr zu ähnlichen Ergebnissen, hier war die Wahrscheinlichkeit bis zu 80% geringer. Und selbst zur Frage, wie schwer der Verlauf einer Corona-Infektion ist, gibt es überraschende Ergebnisse. So zeigen Daten einer Regensburger Studie unter 419 genesenen Covid-Patienten der ersten Welle im Frühjahr, dass bei den 50 Rauchern unter den Teilnehmern die typischen Corona-Symptome weitaus weniger ausgeprägt gewesen sind als bei den Nichtrauchern, auch die Dauer der Erkrankung soll in der Regel kürzer gewesen sein. Raucher könnten also nicht nur weniger anfällig für eine Corona-Infektion sein, sondern auch für einen schweren Verlauf von Covid-19.
Jedenfalls wäre das doch etwas für die neuen Schockbilder: Eine Raucherkneipe ohne Masken und Sicherheitsabstände. Rauchen gefährdet ihre Quarantäne. Furchtbar!