„Cops“, also amerikanische Polizisten, sind täglich einem quantitativ und qualitativ höheren Gefahrenpotential ausgeliefert als beispielsweise deutsche Polizeibeamte. In den USA werden, bezogen auf die jeweilige Gesamtzahl der Polizisten, viel mehr von ihnen verletzt und getötet als hierzulande. Mordanschläge gehen bis in den Privatbereich. Das führt zu einem völlig anderen und viel konsequenteren Eigensicherungsverhalten, als wir es von der Polizei in Deutschland gemeinhin kennen.
Für amerikanische Polizisten gilt aber leider auch: Wer keine Kenntnisse über die ungeschriebenen Gesetze der Straße hat, wird nicht lange überleben. Die im polizeilichen Handeln weit verbreitete TIT-FOR-TAT-Strategie umfasst vor allem Freundlichkeit und Kooperation. Eine Person, die dazu gegenüber amerikanischen Cops nicht bereit ist, wird schnell das Gegenteil erleben und spüren, wie wehrhaft und konsequent, mitunter auch brutal, ihr Widerstand gebrochen wird. Die Polizeiforschung ist in den USA viel weiter als in Deutschland fortgeschritten, einzelne Beamte sind dort aber nicht selten im Vergleich schlechter ausgebildet als deutsche. Diesen Widerspruch gilt es meines Erachtens zukünftig aufzulösen.
Zum Fall George Floyd: Selbst wenn man sich mit dem Sachverhalt nicht näher befasst, darf man annehmen, dass Deryk C., der ihn tötete, wusste, mit wem er es zu tun bekommt. Dadurch sind er und seine Kollegen vermutlich selbst in die Falle einer dysfunktionalen Stresslage und dem dafür typisch eingeengten Tunnelblick geraten. Dabei können sie in der darauf folgenden eskalierenden Eigendynamik ihre polizeilichen Maßnahmen unabsichtlich überzogen haben. Ob die Polizisten im Sinne der Anklage schuldig sind oder nicht, kann übrigens nur ein Gericht feststellen.
Wie ist die Lage in Deutschland?
Unbeabsichtigte Todesfälle beim polizeilichen Einschreiten lassen sich nicht zu 100 Prozent verhindern, auch in Deutschland sterben dabei Menschen. Ein bekanntes Phänomen nennt sich „lagebedingter Erstickungstod“ (Positional Asphyxia Syndrom). Bei dem Versuch, jemanden am Boden zu fixieren, kniet beispielsweise ein Polizeibeamter auf dem Brustkorb oder Rücken der sich wehrenden Person, dadurch kann dessen Atmung behindert oder nicht mehr möglich sein. Die sich in eine Panik steigernde Gegenwehr, kann als Widerstandshandlung gegen die polizeiliche Zwangsmaßnahme missverstanden werden. Eine Unkenntnis dieser Besonderheit kann zur Folge haben, dass der Druck auf den Brustkorb oder den Hals erhöht wird.
In Diskussionen wird außerdem gern unterschlagen: Mitunter müssen Polizisten in lebensbedrohlichen Einsatzlagen schießen, um ihr eigenes Dasein zu verteidigen. Bei einer unmittelbaren Gefahr für Leib und Leben kann ein Wirkungstreffer auch zum Tod des Gegenübers führen, damit der beabsichtigte tödliche Angriff sofort gestoppt wird. Nicht zu vergessen: Einige Polizeibeamte müssen aufgrund einer posttraumatische Belastungsstörung nach dem Schusswaffeneinsatz frühpensioniert werden, da eine weitere Verwendung im Polizeidienst unmöglich ist. Auch wenn Behörden immer wieder offiziell die psychologische Hilfestellung für diese Beamte betonen, in der Realität werden diese Schutzmänner und Schutzfrauen meist sich selbst überlassen. Wer nicht mehr nach den Erwartungen funktioniert, wird entfernt.
Auch für die deutsche Polizei haben sich die Anforderungen deutlich verändert und erhöht. Nur ein gutes und regelmäßiges Training unter Hochstresslagen kann dieses Phänomen im polizeilichen Einsatz ins Bewusstsein rücken. In Zeiten ständig wachsender Aufgaben, ausgedachter Gesetze für Beamtendiskriminierungen und über Jahre gezielt herbeigeführten Personalmangel, inzwischen mancherorts eher ein Glücksfall. Viel Aus- und Fortbildung ergibt wenig Personal auf der Straße. Eine Reihe eingesetzter Beamter an den städtischen Brennpunkten fühlen sich in einer Zeit, in der immer mehr Polizisten bei Einsätzen bespuckt und verletzt werden, durch den Dienstherrn und der Politik im Stich gelassen. Kritik daran möchte man mit Disziplinierungen unterdrücken. Die Zustände, die Politiker herbeigeführt haben, kompensiert man scheinheilig und populistisch damit, indem man den Focus auf eine angeblich gewaltbereite rechte und rassistische Polizei richtet. Dabei ist man sich auch nicht zu schade, Linksextremisten und die Schlägertruppe der sog. „Antifa“ zu hofieren und sich deren „Argumente“ zu eigen zu machen.
Polizisten sind kein beliebiges Freiwild, sondern schützen die staatliche Ordnung und die Menschen, die darin leben. Auch derjenigen, die sie schlecht ausstatten oder bekämpfen.