Tichys Einblick
Fassungslosigkeit im linken Lager

Trumps Wahlsieg und der woke Meltdown

Der Wahlsieg Trumps führt zu emotionalen Zusammenbrüchen und pathosgetränkten Appellen im linken Lager. Nicht einmal massive mediale Meinungshegemonie konnte Trump stoppen. Nun ist die Verzweiflung groß.

Screenprint via Twitter

Erwachsene Menschen reagieren gemeinhin mit einer gewissen Resilienz auf unliebsame Ereignisse. Nicht so die Anhänger der woken Bewegung. Denn zum Kernbestand woker Glaubenssätze gehört jener, dass alles Konstruktion sei: Realität ist Ansichtssache. So versucht man nicht nur durch Aktivismus, die Welt so zu gestalten, wie man sie gern hätte; man ist zunehmend der Ansicht, das bloße Wollen reiche aus. Dieser Pippi-Langstrumpf-Ansatz stößt mit der Wiederwahl Donald Trumps an seine Grenzen: Was nicht eintreten konnte, weil es nicht eintreten durfte, ist dennoch eingetreten. Ein Vorgang, der im woken Weltbild nicht konzeptualisiert ist. Man hatte es doch anders herbeigewünscht!

Das Ergebnis ist ein massiver postelektoraler Kater, ein kollektiver „Meltdown“: Auf TikTok rasieren sich Frauen die Haare ab, um ein Zeichen zu setzen – wogegen auch immer – und Trumpgegner dokumentieren ihr Entsetzen mit hysterischen Wutausbrüchen.

Stop what you’re doing and get you a good laugh in!

Best Reactions on Trump winning!

Repost so Everyone who Voted for Trump can enjoy this! THIS IS WHAT WE DID😂

Actually Trump @realDonaldTrump you deserve a laugh! I hope you see this pic.twitter.com/xWdEr5u1vR

— Terrence K. Williams (@w_terrence) November 7, 2024

 

In Deutschland fallen die Reaktionen erwartbar belehrend aus. So lässt der Spiegel eine Psychotherapeutin zu Wort kommen, die erklärt, wie Menschen mit ihrer Angst vor Donald Trump umgehen können. In dieselbe Kerbe haut die SZ: Wie soll man seinen Kindern, denen man monatelang Angst vor Trump eingejagt hat, diese nun wieder nehmen? Und die Frankfurter Rundschau sieht eine „Gefahr im Weißen Haus“.

Karl Lauterbach, immerhin Mitglied der deutschen Bundesregierung, hatte bereits am Vortag der Wahl in einem diplomatischen Fauxpas Trump und Musk als „Traumpaar rechter Propaganda“ bezeichnet, und explizit Kamala Harris den Sieg gewünscht – ob deutsche Einmischung in die Angelegenheiten eines souveränen Staates und langjährigen Partners eine gute Idee ist? Man mag es bezweifeln. Auch nach der Wahl nahm sich sein Kommentar aus, als stünde Deutschland nun vor einer Bedrohung. Mehr als nur eine weitere Peinlichkeit im deutschen Politbetrieb.

Die gesamte Aufregung ist, gelinde gesagt, lächerlich. Sie ist aber auch Ausdruck einer mangelnden Einordnungsfähigkeit, die hanebüchene Fehleinschätzungen hervorbringt. Die US-Amerikaner bilden ein Volk, das deutlich länger über demokratische Strukturen verfügt als das deutsche, ja, dem das Misstrauen gegenüber zu großer Staatsgewalt in die Wiege gelegt ist. Die Etablierung demokratisch legitimierter Machtausübung ist der Grundpfeiler des US-amerikanischen Gründungsmythos.

US-Wahl
Nach Trumps Triumph: die Schockstarre der Selbstgerechten
Der deutsche Michel hingegen hatte mit der Demokratie lange seine Schwierigkeiten, um es vornehm auszudrücken. Dennoch fühlt er sich berufen, das Geschehen in den USA alarmiert zu kommentieren: Trump wird als Verbrecher gezeichnet, während man geflissentlich übersieht, dass der eigene Bundeskanzler wohl nur deshalb nicht als solcher bezeichnet werden kann, weil er sich an nichts erinnert. Es muss schon ein sehr stabiles Glashaus sein, aus dem heraus deutsche Akteure die Vereinigten Staaten von Amerika mit Steinen bewerfen wollen.

Das gilt auch für den BDKJ. Der „Bund der Deutschen Katholischen Jugend“ fühlt sich bemüßigt, die Sorgen einer jungen Generation Deutscher aufzugreifen und in Worte zu fassen. Auf Facebook und Instagram entblödet sich der Verband nicht, zu behaupten, die Welt sei in der Wahlnacht „deutlich unsicherer geworden für junge Menschen – für alle“. Die internationale Instabilität werde erhöht, die „Lebensgrundlage durch eine eskalierende Klimakrise“ aufs Spiel gesetzt, Trumps „Hass“ bedrohe alle Menschen, und werde „menschenfeindliche Kräfte auch bei uns anstacheln“. Das Ergebnis sei „niederschmetternd“.

Screenprint: Facebook / BDKJ

 

Nicht fehlen darf zum Schluss ein Appell an alle „Antifaschist*innen“: Man fragt sich, ob die deutschen Bischöfe ihrem katholischen Jugendverband nicht ein wenig nachdrücklicher auf die Finger schauen sollten, wenn der einen demokratisch gewählten Präsidenten dämonisiert, und dabei so gut wie alle echten Bedrohungen außer Acht lässt und relativiert: die „menschenfeindlichen Kräfte“ im Iran, in Afghanistan, in Pakistan, in Nordkorea und in so vielen anderen Ländern der Welt – alles nur Peanuts gegen Trump? Die Umweltverschmutzung, die von China oder Indien ausgeht? Die Instabilität und Unsicherheit, die durch internationalen Terrorismus alle Menschen bedroht?

All das ist geradezu bedeutungslos, weil Donald Trump wieder ins Weiße Haus einziehen wird. Eine dekadent-dümmliche Fehldiagnose, die umso sträflicher ist, als dass wir bereits eine Legislaturperiode Trump hinter uns haben – in der die Welt keinesfalls auch nur einen Deut unsicherer war.

Zugegeben: Dem unbeteiligten Beobachter mag die überschießende Hysterie durchaus zuweilen amüsant erscheinen. Da die Wirklichkeit mittlerweile jedes Kabarett vielfach überrundet hat, muss sich der Liebhaber von Witz mit der Realsatire begnügen, die sich ihm jeden Tag in den sozialen Medien bereitwillig darbietet.

Allein: Wer solche Statements absondert, meint sie absolut ernst, und ist vollends davon überzeugt, dass mit der Wahl Donald Trumps das Ende der Welt in greifbare Nähe gerückt sei. Ausgerechnet jene, die Trump Maßlosigkeit vorwerfen, haben jedes Maß verloren. Man kann ihnen nur wünschen, dass sie einen Restbestand von Verstand und Vernunft abrufen können. Denn vier Jahre Dauerhysterie werden auch leidenschaftlichste Trumpophobiker an ihre Grenzen bringen.

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