Die SPD-Frau Leni Breymaier sollte die Arbeitsgruppe „Gleichstellung, Vielfalt“ in den Koalitionsverhandlungen leiten. Doch weil Breymaier sich in der Vergangenheit aus Rücksicht auf Mädchen und Frauen gegen das „Selbstbestimmungsgesetz“ gestellt hat, wurde sie kurzfristig ersetzt. Der Vorwurf: Transphobie.
Leni Breymaier verkörpert in vielen Punkten die alte SPD. Die gebürtige Ulmerin engagiert sich für Sozial-, Renten-, und Gleichstellungspolitik und war neben ihrem politischen Leben als Gewerkschafterin tätig, zuletzt als Landesbezirksleiterin der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) in Baden-Württemberg. Sie gilt als Vertreterin des linken Flügels, ihre Schwerpunkte sind feministisch ausgelegt: Frauenpolitik, „Gender Pay Gap“ und Abschaffung der Prostitution in jetziger Form zugunsten des Nordischen Modells, das „Sexkauf verbietet, Freier bestraft und Prostituierte entkriminalisiert“, wie sie auf ihrer Webseite schreibt.
Es ist ausgerechnet ihre feministische Einstellung, die Breymaier zum Verhängnis wird. In der genderfluiden Blase kam die Nominierung Breymaiers nämlich gar nicht gut an. Dort hat man ihr nicht verziehen, dass sie am 18. Mai gegen das „Selbstbestimmungsgesetz“ stimmte. Den Gesetzentwurf hatten insbesondere FDP und Grüne unterstützt – die sozialdemokratischen Wunschpartner. Inhalt: Das Geschlecht soll frei wählbar sein und einmal im Jahr geändert werden können. Operation an den Genitalien mit einbegriffen. Das alles ab 14 Jahren.
Damals hatte die SPD-Fraktion aus Koalitionsraison dagegen gestimmt. Doch Breymaier war eine Überzeugungstäterin. Sie machte ihre Ansichten auf Facebook öffentlich: „Warum soll das gefühlte Geschlecht juristisch über dem biologischen Geschlecht stehen?“ Und: „Warum soll künftig schon 14-jährigen Jugendlichen Operationen nahegelegt werden können, die irreversibel sind? (…) 14-jährige Mädchen, die weder äußerlich noch von ihren Interessen her den weiblichen Stereotypen entsprechen, stärkt man durch das Aufknacken der Stereotype – nicht, in dem man ihnen ‚Trans‘ als Ausweg anbietet. Das ist doch nicht richtig.“
Die Auseinandersetzung hat jetzt ein Nachspiel. Denn die Personalie Breymaier führte vor den Koalitionsverhandlungen offenbar zu Ärger. Grüne und FDP haben ihr Selbstbestimmungsgesetz nicht begraben. Und Olaf Scholz hat als Kanzler in spe ähnliche Zusagen gemacht. Da ist die Feministin, die in alter Raison Fraueninteressen bedroht sieht, ein rotes Tuch. In der genderfluiden Twitterblase akzentuiert sich das so: Breymaier und ihre Anhänger gelten als Gegner von Menschenrechten oder als Vertreter der „Ungleichwertigkeit“, Teil einer „transfeindlichen Frauenbewegung“, die SPD habe sich „mit der Personalie Breymaier erhebliche Probleme und Ärger verschafft“.
Auch der SPD-Abgeordnete Karamba Diaby soll für Unmut gesorgt haben, weil er der Arbeitsgruppe angehört, und sich bei der Abstimmung im Mai gegen das Gesetz geäußert hatte. Die Berliner Zeitung, die die Absetzung Breymaiers wohlwollend kommentierte, bezeichnete die Unterstützer Breymaiers, die in den sozialen Netzwerken für ihren Vorsitz skandierten, durchweg als „transphobe Aktivisten“. Breymaier sei von Ampel-Gegnern installiert worden, ein „Querschuss aus der Südwest-Regionalorganisation der Partei gegen die Parteizentrale“.
Der Fall zeigt, wie tief Identitäts-Ideologien samt LGBT-Lobby in die Parteien eingesickert sind. Dem jakobinischen Mob kann es niemals radikal genug sein, denn vermeintliche Menschenrechte kennen keine Grenzen – und wer berechtigte Einwände hat, muss ein Menschenfeind sein. Das Gericht hat auf Transphobie entschieden, die politische Guillotine steht bereit. Wie so oft frisst die Revolution ihre Kinder. Dieses Mal ist es die sexuelle Revolution.