Tichys Einblick
Habeck zwischen Ei und Henne

Der geplatzte Traum von Wasserstoff und „grünem“ Stahl

Als die Merkel-Regierung die „Nationale Wasserstoff-Strategie“ beschlossen hatte, träumte sie davon, dass Deutschland bei der Wasserstofftechnologie Weltmarktführer wird. Wie weit diese Träume und Habecks Erzählungen Albträume werden, zeigt ein Beispiel paradigmatisch: Thyssenkrupp.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zeigt auf dem Gelände von Thyssenkrupp den Förderbescheid von Land und Bund, 26.07.2023

picture alliance/dpa | Oliver Berg

Wenn man beschwingt und voller guter Gefühle Robert Habecks beschwörendes, anheimelnd nuschelndes Versprechen einer schönen, grünen Zukunft, in der Deutschland „Weltmarktführer in Schlüsseltechnologien“ bleibt „und Arbeitsplätze nachhaltig“ gesichert sind, lauscht, sollte man nicht die Augen aufschlagen und sich umschauen, denn dann sieht man Folgendes: Auf halbem Weg zwischen Ei und Henne hüpft Robert Habeck auf einem Bein auf und ab und kann sich nicht recht entscheiden, denn der Markt traut Robert Habecks Worten, traut zurecht den Habeck Economics aus dem Trödelladen kommunistischer Wirtschaftsutopien nicht.

Auf der einen Seite öffnen sich kaum industrielle Verbraucher der Wasserstofftechnologie, weil sie befürchten, in eine wirtschaftliche Abseitsfalle zu geraten, wenn der Markt nicht die notwendige Wasserstoffinfrastruktur wie Verteilernetze und Wasserstoffelektrolyseure bereitstellt und dadurch nicht genügend Wasserstoff. Auf der anderen Seite scheuen sich die Betreiber von Wasserstoffelektrolyseuren, in größere Investitionen zu gehen, bevor sie wissen, ob überhaupt genügend Nachfrage bei Endnutzern besteht. Mögliche Kunden scheuen zurecht, verbindliche Zusagen über die Abnahme von Wasserstoff zu machen.

Großes Traumprojekt beerdigt
Wunderwaffe „Wasserstoff“ zerschellt
Der CEO des Stahlkonzerns Salzgitter AG, Gunnar Groebler, schreibt auf Linked in: „Bis zu 150.000 Tonnen grünen Wasserstoff benötigen wir ab Mitte 2026 mit Abschluss der ersten SALCOS-Ausbaustufe. Doch ans Wasserstoffkernnetz angeschlossen werden wir nach aktuellem Planungsstand erst drei Jahre später, Ende 2029. Bis dahin werden wir uns mit rund 9.000 Tonnen grünem H2 begnügen müssen, die wir am Standort Salzgitter selbst produzieren, den Rest müssen wir über Erdgas substituieren.“

Laut Yvonne Ruf von der Beratungsgesellschaft Roland Berger sind viele „Projekte für die Herstellung von grünem Wasserstoff weit von einer finalen Investitionsentscheidung entfernt“. Hinzu kommt, dass Deutschland beim besten Willen und unter den allergünstigsten Bedingungen maximal 30 Prozent des projektierten Bedarfs an Wasserstoff selbst produzieren kann. Wasserstoff ist teuer, weil auf der ganzen Welt von Habecks Wundermittel zu wenig erzeugt wird und 70 Prozent des benötigten Wasserstoffs nach Deutschland sehr teuer transportiert werden müsste.

Eigenes Versagen ohne Rücksicht reparieren?
Mit Habecks Wasserstoff-Leidenschaft und All-Electric-Träumen in die Sackgasse
Als die Merkel-Regierung die „Nationale Wasserstoff-Strategie“ beschlossen hatte, träumten Merkel, Altmaier und andere davon, dass Deutschland im Bereich der Wasserstofftechnologie Weltmarktführer wird. Wie weit Merkels Träume und Habecks Erzählungen zu Alpträumen und Kitsch werden, zeigt ein Beispiel geradezu paradigmatisch: Die Stahlbranche von Thyssenkrupp bekommt 2,1 Milliarden Euro an Subventionen, damit sie auf die Produktion von „grünem Stahl“ umsteigt, das heißt, dass sie bei der Verhüttung von Eisenerz nicht mehr Koks benutzt, um Eisen aus dem Erz zu lösen, wobei CO2 entsteht, sondern Wasserstoff, wobei Wasserdampf produziert wird, der nebenbei bemerkt den Treibhauseffekt in der Atmosphäre weiter anheizt. Gleichzeitig senkt die Wasserstofftechnologie-Sparte von Thyssenkrupp Nucera ihre Wachstumserwartung um 30 Prozent.

Während die eine Konzerntochter den Hochlauf von Wasserstoff vorantreibt, in der Stahlbranche, reduziert die andere Konzerntochter ihre Wachstumsprognose um fast ein Drittel. Das ist das Ei-Henne-Problem, von dem die Wasserstoff-Branche spricht, und das klimaplanwirtschaftlich nicht zu lösen ist. Das Paradoxon jeglicher Planwirtschaft wie auch von Habecks Klimaplanwirtschaft besteht doch darin, dass je planwirtschaftlicher man am grünen Tisch vorgeht, man umso mehr Chaos in der Realität hervorruft, weil Wirklichkeit nicht linear funktioniert. Wirklichkeit kann nur durch Wirklichkeit gestaltet werden, das heißt nicht per ordre de mufti, sondern durch das Agieren der Marktteilnehmer, dafür benötigt man die Freiheit der Marktteilnehmer, nicht die aktiven Eingriffe von Ideologen in das Marktgeschehen.

Wasserstoffwirtschaft
Habeck gibt die Idee einer staatlichen Wasserstoff-Netzgesellschaft auf
Gerade bei Habecks Kernprojekt der Wasserstoffwirtschaft zeigt sich das Versagen logischerweise und eklatant. Die Maßnahmen greifen nicht ineinander, weil auch Robert Habeck nicht in der Lage ist, die Komplexität des Marktes zu beherrschen, selbst wenn er an Genialität noch Nordkoreas großen Führer Kim Jong-un übertreffen sollte. Der Ausbau des Wasserstoffnetzes verzögert sich. Ursprünglich sollte die Fertigstellung des Wasserstoffkernnetzes, das eine Länge von 9700, also Baerbocks „hunderttausende Kilometer“ auf deutsche Verhältnisse übertragen, umfassen würde, 2032 erfolgt sein, nun wurde der Zeitpunkt der Verfügbarkeit und Benutzbarkeit fast panikartig auf das Jahr 2037 verschoben.

Doch laut Klimaschutzgesetz, das in der vorigen Woche auch vom Bundesrat gebilligt wurde, sollen die CO2-Emissionen statt im früheren Entwurf um 55 Prozent nun in der „endschärften“ Fassung um 65 Prozent gemindert, die Treibhausgase um 88 Prozent reduziert werden. Obwohl die Bundesregierung, Olaf Scholz und Robert Habeck, geradezu im Wettlauf rund um den Erdball versucht hat, Wasserstoff-Partnerschaften zu schließen, denn 70 Prozent müssten ja importiert werden, kommt auch der Import nicht voran. Laut Yvonne Ruf von der Beratungsgesellschaft Roland Berger sind auf der Welt Elektrolyse-Kapazitäten von 1200 MW installiert, davon 600 MW allein in China. „Europa wird sich anstrengen müssen, um den Ausbauvorsprung aufzuholen und technologisch weiter vorn dabei zu sein.“

Bundeswirtschaftsminister vor der Presse
Robert Habeck gewährt Einblick in die grüne Wasserstoff-Werkstatt
Zwar könnten, vorausgesetzt alle Projekte würden umgesetzt, 2030 über 37 Millionen Tonnen Wasserstoff zur Verfügung stehen, doch sind bis jetzt lediglich 4 Prozent der dafür notwendigen Investitionsentscheidungen getroffen worden. Ein Grund für die Zurückhaltung liegt in den unklaren Rahmenbedingungen. Die Kosten lassen sich für die Unternehmen nicht planen – und damit nicht beherrschen. Heißt, nur dort, wo es klare Förderungen, sprich Subventionen gibt, wird investiert und gebaut. Robert Habeck hat Mazzucatos Vorstellung vom Staat als Investor erster Instanz als Investor einsamer Instanz realisiert.

Das Handelsblatt macht in dem Artikel „Willkommen in der Null-Bock-Nation“ eine Beobachtung, die niemanden mehr verblüfft: „Manager zögern mit Investitionen. Firmenerben verkaufen lieber das Familienunternehmen, als sich für seinen Erhalt krumm zu legen, nach dem Motto: Bringt doch eh alles nichts mehr, Deutschland hat fertig.“ Man kann es auch so beschreiben: Gesinnungsbürokratie, wirtschaftlicher Niedergang, Zusammenbruch der Infrastruktur und der inneren Sicherheit, die Bildungskatastrophe, die Voll-Kasko-Mentalität, der grüne Paternalismus, die Klimahysterie zersetzen das Land, während die Tugenden, die als deutsche oder preußische Tugenden wie Leistungsbereitschaft einmal das Land nach vorn brachten, als reaktionär, wenn nicht gleich als „Nazi“ verschrien werden. Das Aufstiegsversprechen, das Zukunftsversprechen hat bereits Angela Merkel für die „schon länger hier Lebenden“ zum Witz erklärt, den nur noch die Dummen ernst nehmen. Das Handelsblatt schreibt: „Im EU-Vergleich hat Deutschland mit gut 35 Stunden eine der niedrigsten Wochenarbeitszeiten, was auch an der hohen Teilzeitquote liegt. Im EU-Durchschnitt sind es 37,5 Stunden.“

Studie des Wuppertal Instituts
Grüne Wasserstoffwirtschaft bedeutet Wertschöpfung in Afrika statt Deutschland
Auf leisen Sohlen durch Leistungsverweigerung findet der Widerstand gegen die Ampel und gegen die Wirtschaftspolitik von Robert Habeck als Arbeitszurückhaltung, als Rette-sich-wer-kann-Mentalität statt. Woher soll die Motivation zum Schuften auch kommen, wenn derjenige, der arbeitet, der Dumme ist, wenn Steuergelder verschwendet und inzwischen der Sozialtourismus absurde Formen annimmt. Jeder hätte der Bundesregierung sagen können, dass die Idee, durch Geld- und Sachleistungen Migranten freiwillig zur Ausreise zu überzeugen, nur zum Missbrauch führen wird.

Immer mehr türkische Bürger kommen nach Deutschland, um Asyl zu beantragen, lassen sich aber schon wenige Monate oder Wochen, ganz dreist schon nach wenigen Tagen, über eine geförderte Ausreise beraten. Die WELT schreibt: „Mehrere Bundesländer berichteten dem BAMF, dass die Personen oft genau über mögliche Fördergelder informiert seien. Sie ‚fordern diese regelrecht ein‘, hieß es in einer internen Mitteilung.“ Wenn die Regierung die eigenen Bürger so verhöhnt, wie soll da noch Leistungsbereitschaft entstehen?

Die Psychologie der Planwirtschaft als Klimaplanwirtschaft, die Entmündigung auf der einen Seite, und die Abnahme der unternehmerischen Verantwortung bei Zusage von „Förderungen“, also von Steuergeldern des „Investors erster Instanz“ führt dazu, dass Initiative, Wettbewerb, Risiko- und Arbeitswille nicht entstehen und auch nicht erhalten bleiben.

Paris will Wasserstoffpipeline blockieren
Die neue deutsch-französische Wasserstoff-Feindschaft
Würde die geplante Elektrolyseurkapazität realisiert werden, dann würde das zu einem Anstieg von 8,9 GW führen. Derzeit sind aber nur 0,112 GW installiert. Zum Vergleich: ein AKW bringt eine Leistung von 1,4 GW, die drei abgeschalteten also ca. 4,2 GW. Eine andere Zahl zeigt, wie teuer uns Habecks Utopie kommt. Laut einer Schätzung der Boston Consulting Group wird der Preis für das Kilogramm Wasserstoff statt bei drei Euro bei fünf bis acht Euro liegen, grob geschätzt verdoppelt sich der Preis für den Wasserstoff.

Bei den Windkraftanlagen, deren überschüssige Energie nach Habecks Träumen zur Elektrolyse von Wasser zur Gewinnung des Wasserstoffs eingesetzt wird, sieht es nicht besser aus. Europäische Produzenten von Windkraftanlagen geraten unter Druck, während die chinesischen Hersteller immer stärker den europäischen Markt beherrschen, die bis zu 40 Prozent billiger produzieren können, weil sie den Stahl billiger herstellen und weil sie sich die Verfügung über die Seltenen Erden gesichert haben. Natürlich kann man auch alles kaufen und importieren, doch wovon bezahlt man das dann?

Ausnahmsweise haben Deutsche Umwelthilfe und IG Metall Recht, wenn sie von einer weitaus höheren „Abhängigkeiten bei der Energieproduktion“ von China warnen und von einer „niederschmetternden Bilanz“ des Windkraftstandorts Europa sprechen. Von der russischen Abhängigkeit mit Volldampf oder besser Wasserdampf in die chinesische Abhängigkeit? Baerbock wird noch Xi Jingpings möglichst beste Freundin werden müssen.

Grünen und "Klimaaktivisten" ins Stammbuch
Wasserstoff braucht für die Elektrolyse sauberes Wasser
Jedes zweite Unternehmen im heimischen Windkraftanlagen plant Abbau von Personal, damit stehen 900 Jobs auf Kippe. Hinzu kommt, dass die Windmüllerei wahrscheinlich die umweltzerstörendste Art der Energiegewinnung ist, die wir nutzen, einschließlich der Kernenergie. Ole Eggers, Geschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz in Schleswig-Holstein schätzte dazu ein: „Robert Habeck ist für den Naturschutz der gefährlichste Politiker, den wir auf der ganzen Bühne haben.“

Alles, was Robert Habeck ins Werk setzt, schadet Deutschland, schadet der deutschen Industrie und schadet der Natur. Robert Habeck will fliegen und er glaubt, es reicht springen und mit dem Fuß auftreten zu können, dass man zum Fliegen Flügel benötigt, ist ihm unbekannt.

Aber vielleicht hat zur herrlichen Zukunft, in die uns Robert Habeck führt, seine Frau das richtige Buch geschrieben, und zwar damit es auch alle verstehen – selbst die Fraktion der Grünen im Bundestag als Kinderbuch – unter dem Titel: „Die besten Weltuntergänge“, in dem es im letzten Kapitel „Die Erde ohne Menschen“ heißt: „Die Menschen haben ihre Lebensgrundlagen kaputt gemacht und sind ausgestorben.“

Darunter dürfen wir wohl nicht die Chinesen, nicht die Russen, nicht die Amerikaner, nicht die Brasilianer, nicht die Franzosen, nicht die Ungarn, nicht die Italiener, sondern ausschließlich die Deutschen verstehen. Hat schließlich eine deutsche Autorin geschrieben – und deren Blick endet gewöhnlich an der deutschen Grenze, die sie für planetarisch halten.


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