Thomas Kemmerich ist der zweite FDP-Ministerpräsident in der Geschichte der Bundesrepublik. Kemmerich ist ein Mann mit einer zutiefst liberalen Gesinnung. Er ist Unternehmer mit klarem marktwirtschaftlichen Kompass und Vorstandsvorsitzender des bundesweit aktiven „Liberalen Mittelstandes“ in der FDP. Dass er nur mit den Stimmen der Höcke-AfD gewählt werden konnte, ist bedauerlich, zudem Höcke der Repräsentant des national-sozialpopulistischen Flügels in der AfD ist. Die Positionen von Höcke sind genau das Gegenteil der Positionen von Kemmerich. Der hat deshalb eindeutig erklärt, dass es keine Kooperation mit der AfD geben wird – in welcher Form auch immer.
Die Fakten: Das Parlament stand vor der Alternative, einen liberalen Ministerpräsidenten zu wählen oder erneut einen Ministerpräsidenten der SED-Nachfolgepartei Die Linke. Eine dritte Möglichkeit gab es nicht. Die Abgeordneten von CDU und FDP haben geschlossen für den liberalen Kandidaten gestimmt und damit eine zweite Amtszeit von Bodo Ramelow verhindert.
Antitotalitärer Konsens aufgekündigt
Reaktionen der FDP
Und wie sieht es aus in der FDP? Wolfgang Kubicki, stellvertretender Parteivorsitzender der Liberalen, hat Kemmerich sofort klar unterstützt: „Es ist ein großartiger Erfolg für Thomas Kemmerich. Ein Kandidat der demokratischen Mitte hat gesiegt. Offensichtlich war für die Mehrheit der Abgeordneten im Thüringer Landtag die Aussicht auf fünf weitere Jahre (Bodo) Ramelow nicht verlockend.“ Frank Schäffler, FDP-Bundestagsabgeordneter, meinte: „Besser ein Ministerpräsident, der für den Mittelstand steht, als ein Linker Ministerpräsident Ramelow, der die DDR nicht einmal als Unrechtsstaat bezeichnet. Eine Minderheitsregierung kann mit der CDU zusammen jetzt geführt werden.“
Kesseltreiben gegen Kemmerich
Es wird jetzt in den Medien ein Kesseltreiben gegen Kemmerich geben, mit dem Ziel, ihn aus dem Amt zu verdrängen und politisch mundtot zu machen, so wie man es mit vielen Politikern von Steffen Heitmann bis Hans-Georg Maaßen gemacht hat. Robert Habeck hat bereits den Rücktritt von Kemmerich gefordert und verlangt von CDU und FDP, ihre Landesverbände Thüringen aus der Partei auszuschließen. AKK hat sich bereits von ihrem Landesverband distanziert.
Man wird abwarten, ob es Kemmerich gelingt, eine funktionierende Regierung in Thüringen zu bilden – oder ob sich die SPD dem verweigert. Wenn das geschieht, könnte es Neuwahlen geben. Bei diesen Neuwahlen würde Kemmerich den Stimmanteil der Liberalen zumindest verdoppeln – auf Kosten von CDU und AfD.
Der Autor ist seit 25 Jahren Mitglied der FDP