Tichys Einblick
Haldenwang tritt zurück

Verfassungsschutzchef Haldenwang zieht sich aus Amt zurück für CDU-Bundestagsambitionen

Thomas Haldenwang ist nicht mehr Chef des Verfassungsschutzes. Gestern war seine geplante Kandidatur für den Bundestag bekannt und parteiübergreifend von sehr breiter Kritik begleitet worden. Politische Ambitionen, die einmal mehr massive Zweifel zur Überparteilichkeit des Amtes und der Person haben aufkommen lassen.

picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Das fängt ja gut an: Die CDU will mit Friedrich Merz demnächst, also nach den Neuwahlen vom 23. Februar 2025, den Bundeskanzler stellen. Dafür bringt sie sich unter anderem im Wahlkreis Wuppertal I mit der Kandidatur eines Thomas Haldenwang für den Bundestag in Stellung. Wuppertals CDU-Vorsitzender Johannes Slawig schwärmt denn auch: „Ich bin froh, dass wir Thomas Haldenwang gewinnen konnten.“ Slawig übrigens war vormals hoher Kommunalbeamter in Wuppertal; ein Jahr nach seiner Pensionierung wurde er 2023 Vorsitzender der CDU Wuppertals. Slawik sagte gegenüber der „taz“: Haldenwang habe sich mit Nachdruck für die Demokratie eingesetzt, sei ein ausgewiesener Sicherheitsexperte und in Berlin bestens vernetzt. Zugleich sei er als langjähriger Wuppertaler bodenständig geblieben. TE hat am 12. November bereits kurz darüber berichtet.

Thomas Haldenwang: Die CDU Wuppertals möchte den umstrittenen, soeben, am 13. November, aus diesem Amt zurückgetretenen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) spätestens Ende November 2024 nominieren. Dieses Amt, dem er bis dahin als Vizepräsident angehörte, übernahm er am 15. November 2018, weil Merkel den damaligen BfV-Präsidenten Hans-Georg Maaßen wegen eines Fake-Videos (angebliche, von Maaßen bestrittene, Ausländerhetzen am 26. August 2018 in Chemnitz) schassen hat lassen.

Die Verirrungen des Thomas Haldenwang

Haldenwang wird von der „Ampel“-Regierung und von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) in den höchsten Tönen gelobt. Klar, er hat deren Politik „gegen rechts“ brav exekutiert, Faesers Antifa-Politik gefüttert und echte Gefahren für den Staat des Grundgesetzes bagatellisiert. TE hat regelmäßig darüber berichtet:

Was wird aus dem neuen AfD-Gutachten und aus dem AfD-Verbotsantrag?

Die Befürworter eines AfD-Verbotsverfahrens im Bundestag wollten einen Gruppenantrag zum Verbot der AfD Mitte November in den Bundestag einbringen. 113 Unterschriften sind mittlerweile (Stand: 13. November) zustande gekommen. Wie der Bundestag damit umgeht, wird sich zeigen. Der Antrag könnte ja auch dem Prinzip der Diskontinuität unterliegen und damit nach dem 23. Februar neu aufgerollt werden müssen.

Ob es im neuen, wahrscheinlich am 23. Februar zu wählenden Bundestag, einen neuen Anlauf geben wird, steht in den Sternen. Verbots-Initiator Marco Wanderwitz (CDU), der 2021 vor Ort dem AfD-Konkurrenten mit 23,7 gegen 28,9 Prozent Erststimmen unterlag und nur über seinen ersten Platz auf der sächsischen Landesliste in den Bundestag einzog, könnte im Bundestag nicht mehr vertreten sein. Seine Lebensgefährtin Yvonne Magwas (CDU), seit 2021 unscheinbare Vizepräsidentin des Bundestags und AfD-Verbotsmitstreiterin, wird dem Bundestag ohnehin nicht mehr angehören. Sie hatte eine neue Kandidatur bereits im Juli 2024 ausgeschlossen – wie sie sagte: wegen ständiger Anfeindungen. Wörtlich: „Es wird gelogen, diskreditiert, gehetzt.“

Nun hat der Bundestag nach dem Bruch der „Ampel“ eigentlich Wichtigeres zu tun, als sich mit einem AfD-Verbotsantrag zu befassen. Denn erstens wird es das BfV-Gutachten zur Hochstufung der AfD vom „rechtsextremen Verdachtsfall“ (so im März 2021, also noch zu Merkels Zeiten) zu „erwiesen extremistisch“ im Jahr 2024 kaum noch geben. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hatte am Montag 14. Oktober immerhin angekündigt, in den nächsten zweieinhalb Monaten ein neues Gutachten zur AfD vorzulegen. Das wäre also bis Ende 2024 gewesen. Jetzt ist das nicht mehr hinzukriegen, zumal Haldenwang soeben aus dem Amt ausgeschieden ist. Es sei denn, das Gutachten wird jetzt schnell noch mit heißer Nadel gestrickt und ist dann womöglich nicht gerichtsfest. Und zweitens könnte sich die AfD in Opfer-Pose für den Wahlkampf nichts sehnlicher wünschen als einen aktuellen Verbotsantrag so kurz vor den Wahlen vom 23. Februar 2025.

Resümee

Haldenwang wird am 21. Mai 2025 65 Jahre alt, er steht also ohnehin kurz vor der Ruhestandsgrenze. Spekulationen über seine Nachfolge gibt es längst zuhauf. Dass Haldenwang nun „gesundheitliche Gründe“ für ein um einige Monate vorzeitiges Ausscheiden aus dem BfV-Amt geltend machte, ist natürlich ein Trick, den Faeser nutzen könnte, um in ihren letzten Amtswochen noch eine ihr gemäße Nachfolgebesetzung vorzunehmen.

Ob Merz sowie die NRW-Granden Wüst und Laschet in die Nominierung des CDU-Kandidaten Haldenwang in Wuppertal eingebunden waren, weiß man nicht, aber man darf es annehmen. Falls ja, drängt sich der Verdacht auf, dass Merz sich mit Haldenwangs Hilfe der AfD entledigen und damit die verkorkste Brandmauer-Ideologie hinfällig machen möchte.

Sehr aussichtsreich ist Haldenwangs Kandidatur indes in Wuppertal nicht – es sei denn, er wird auf der CDU-Landesliste prominent platziert. Bei der Bundestagswahl 2021 ging das Direktmandat von Wuppertal I – wie schon 2017 – an SPD-Mann Helge Lindh (SPD): 2017 mit 31,7 Prozent, 2021 mit 37,3 Prozent. Dessen CDU-Gegenkandidatin Caroline Lüneschloss kam 2021 nur auf 22,0 Prozent.

Auch über Wuppertal hinaus wird Haldenwang der CDU keine Siege einfahren. Es dürfte eher das Gegenteil der Fall sein und ggf. auch zur weiteren Beschädigung der CDU beitragen.

Wie auch immer: Ein CDU-MdB Haldenwang wäre in Personalunion zugleich ein Merkel- und ein Faeser-U-Boot im Bundestag und in der CDU/CSU-Fraktion.


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