Tichys Einblick
Endgame:

Der Tanz der Eliten

Die sogenannten Eliten haben sich in ihre Brandmauer zurückgezogen, haben die geistigen Zugbrücken hochgezogen, sehen nur noch einander und spielen ihre Spielchen, die kaum noch etwas mit der Realität in Deutschland und der Welt zu tun haben. Für sie gelten eigene Regeln und eine eigene Wahrnehmung.

IMAGO / Future Image

Die politische Szenerie Deutschlands erinnert tagtäglich in ihrer Gespenstigkeit stärker an Polanskis Tanz der Vampire, nur das kein Professor van Helsing in Sicht ist. Friedrich Merz ist Robert Habeck weitaus näher als den Bürgern Deutschlands, als dem Volk, das ständig von beiden Politikern darüber belehrt wird, warum es dem Volk im Reich der Habeckschen Gedanken oder den Höhenflügen des Friedrich Merz besser gehen soll als in der Wirklichkeit, die ohnehin nur eine rechte Erfindung ist.

Einige wenige Beispiel mögen genügen, um anschaulich zu machen, dass die kognitive Dissonanz inzwischen die conditio sine qua non des Denkens und Argumentierens für jeden in Deutschland ist, der sich in der Politik und auf seinem Posten oder Pöstchen halten will. Die sogenannten Eliten haben sich in ihre Brandmauer zurückgezogen, haben die geistigen Zugbrücken hochgezogen, sehen nur noch einander und spielen ihre Spielchen, die kaum noch etwas mit Realität in Deutschland und in der Welt zu tun haben. Für sie gelten eigene Regeln und eine eigene Wahrnehmung.

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So prognostiziert das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) für das Jahr 2025, dass die Rezession Deutschland auch weiterhin im Griff haben wird. „Die Stabilität im Dienstleistungssektor reicht gerade so aus, um die fortgesetzten Rückgänge im Industrie- und Baubereich zu kompensieren“, verlautbart das IW. Das Institut gelangt zu der Schlussfolgerung: „Das ist schon lange keine konjunkturelle Verstimmung mehr, sondern eine schwerwiegende Strukturkrise.“ Die Arbeitslosigkeit kehrt in großen Dimensionen zurück und „der deutsche Staat wird auch 2025 deutlich mehr Geld ausgeben, als er über Steuern und Sozialbeiträge einnimmt“. Verursacher des durch die deutsche Politik herbeigeführten Niedergangs der deutschen Wirtschaft sind Angela Merkel, die beste Politikerin, die die Grünen je hatten, die durch sie vergrünte Union sowie der seit drei Jahren wütende Wirtschaftsminister Robert Habeck.

Obwohl Robert Habeck alles in seiner Macht Stehende und darüber hinaus alles in seiner Machtanmaßung Mögliche getan hat, den Wohlstand der Deutschen zu schreddern und die Wirtschaft in eine Rezession zu treiben, wofür Habeck Economics nur ein anderer Ausdruck ist, und obwohl das Institut der deutschen Wirtschaft, eine „düstere Deutschland-Prognose für 2025“ erstellt, wie die Welt schreibt, meint der Chef eben jenes Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, habeckverliebt:

„Robert Habeck zeigt, dass er verstanden hat, wo die Probleme in Deutschland liegen: Marode Infrastruktur, schleppende Digitalisierung, teure Energie, lähmende Bürokratie – kurzum: es geht um die Wettbewerbsfähigkeit des Landes.“

Na, dann ist ja alles bestens, der Verursacher der Krise hat gezeigt, dass er verstanden hat, wo die Gründe für die Krise liegen, wohl nach drei Jahren intensiven Nachgrübelns. Das muss man schon einen klassischen Fall von kognitiver Dissonanz oder The Last Waltz der Eliten nennen. Zumal sich die Frage stellt, ob er es wirklich verstanden hat, denn um das wirklich zu verstehen, müsste Habeck in den Spiegel schauen, denn inzwischen hatte er mindestens die „marode Infrastruktur, schleppende Digitalisierung, teure Energie, lähmende Bürokratie“ mitzuverantworten. Dass der Wirtschaft falsche Zielkoordinaten vorgeschrieben werden, darüber schweigt Hüther.

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Obwohl die Grünen bestens auf Kosten des deutschen Volkes von Merkels Politik gelebt haben, brüllen sie nun: Merkel ist schuld. Denn einer muss ja schließlich schuld sein – und wie Merkel zu ihren Amtszeiten nie Schuld an etwas war, so ist es jetzt Robert Habeck auch nicht. Eigentlich hat sie seine Memoiren diesbezüglich gleich mitgeschrieben. Dabei setzt er Merkels Politik allerdings rabiater und ohne Rücksicht auf Verluste fort. Hüthers Lösung des Desasters entspricht Habecks Lösung des Desasters, nämlich die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder, ein Lebensabend in Würde derer, die den Staat durch horrende Steuern und Sozialabgaben in ihrer langen Berufstätigkeit am Laufen gehalten haben, wird zerstört, indem unsere Kinder zu Schuldsklaven Habeckscher Phantasmen gemacht und dem Profitwillen der Finanzindustrie von Firmen wie Goldman Sachs und BlackRock geopfert werden.

Und wenn man von BlackRock spricht, trifft man auf Elga Bartsch, die Robert Habeck als Chefin der Grundsatzabteilung in das Bundeswirtschaftsministerium holte. Zuvor war Bartsch Leiterin der Makroforschung des BlackRock Investment Institute und davor Global Co-Head of Economics und Chief European Economist bei Morgan Stanley. Und wenn man bei Elga Bartsch und bei BlackRock anlangt, dann kommt man sogleich auch bei Friedrich Merz an, der sich selbstverständlich vorzustellen vermag, dass der Verursacher der Zustände, wieder eine kognitive Dissonanz, Robert Habeck, Wirtschaftsminister in seinem Kabinett werden kann, obwohl Merz zu recht nicht müde wird, das wirtschaftliche Desaster, das Habeck fabriziert hat, zu kritisieren. Um mit Habeck aus der Habeck Rezession zu kommen, klingt wie falsch verstandene ökonomische Homöopathie.

Dafür hat wiederum Michael Hüther für Merz und Habeck die Lösung parat: „Es braucht mehr Wettbewerb, mehr Tempo, mehr Planungssicherheit – gerade in diesem Strukturwandel per Termin, den uns die Klimaziele vorgeben.“ Die mystischen Klimaziele, die Hütchen für das Hütchenspiel des Klima-Komplexes, zu dem auch die Finanzindustrie gehört, müssen deshalb als die neuen Zehn Gebote herhalten, weil durch sie die Selbstzerstörung der deutschen Wirtschaft und der Umbau der Gesellschaft mittels Angstkommunikation und Inquisition gerechtfertigt und durchgesetzt wird. Hüther schreibt weiter: „Doch so viel wie die Regierung investieren muss, kann sie gar nicht einsparen. Das IW beziffert den Bedarf auf rund 600 Milliarden Euro innerhalb der nächsten zehn Jahre. Allerdings: Für Habecks Deutschlandfonds bräuchte es eine verfassungsändernde Mehrheit im Bundestag – und die ist nicht in Sicht.“ Darüber, dass Deutschland sich bis über beide Ohren verschulden soll, wird die Finanzwirtschaft, auch BlackRock, sicher nicht traurig sein, und auch Friedrich Merz, auch Elga Bartsch und auch Robert Habeck nicht.

Deshalb werden auch eifrig Überlegungen angestellt, wie man zu dieser „verfassungsändernden Mehrheit im Bundestag“ kommt. Nicht über Wahlen, das steht fest. Demokratische Demokraten einer demokratischen Deutschen Republik setzen statt auf Wahlen, auf Verbote, zum Beispiel einer Partei, nämlich der AfD, denn im Brandmauerkombinat von Grüne, SPD und Union ist man sich einig, dass die Schuldenbremse fallen muss, damit der Klima-Komplex auf Kosten der Bürger weiter märchenhafte Gewinne machen kann. Man kann die „verfassungsändernde Mehrheit im Bundestag“ auch durch Parteienverbot, durch eine zeitgemäße Adaption der Nationalen Front der Brandmauerparteien hinbekommen. Im Grunde erleben wir schon das Handeln der neuen Blockparteien, denn obwohl eine stabile bürgerliche Mehrheit existiert, wird Deutschland stets rotgrün regiert, ermöglicht durch den Verrat der Union am Wähler. Die CDU ist unter Angela Merkel zu einer weiteren grünen Partei geworden und bleibt es unter Friedrich Merz. Letztlich dreht es sich eben nicht um die Farben der Parteien, sondern um die Zugehörigkeit zum Brandmauerkombinat, das nicht nur die Ablehnung der Zusammenarbeit mit der AfD eint, sondern bei näherem Hinsehen durch einen fest umrissenen Gesinnungskanon definiert wird.

Und jede Wette: ist die Schuldenbremse erst einmal gefallen, dann wird auch das IW und auch Michael Hüther die 600 Milliarden Euro als Hausnummer vergessen haben, denn gegen die Fortführung der Habeckschen Subventionen und Interventionen, um zur neuen sozialistischen, diesmal klimaneutralen Gesellschaft genannt, zu gelangen, hat auch Friedroch Merz nichts einzuwenden. Was die Grünen und die Union und letztlich auch SPD und FDP eint, sind die Geschäfte des Klima-Komplexes und die eigene Existenz innerhalb des Brandmauerkomplexes von Neu-Versailles.

Merz stellt klar
Merz ist Kanzlerkandidat der Grünen – Habeck darf Wirtschaftsminister bleiben
Die politischen Eliten sind dysfunktional, weil sie ihre Funktion nicht mehr erfüllen. Sie agieren nicht mehr politisch. Anstatt, wie es das Grundgesetz verlangt, bei der politischen Willensbildung mitzuwirken, haben sie die politische Willensbildung übernommen und den Bürger ausgeschlossen. Zwar hat man bis jetzt die Wahlen nicht verboten, aber man beraubt sie ihres Sinnes, weil man durch die Brandmauer einen unabwählbaren Klub der Herrschenden geschaffen hat und nun versucht, die einzige Partei, die eine politische Alternative anbietet, zu verbieten.

Geschieht das aber, ist Deutschland keine Demokratie mehr, sondern nach der Herrschaftsform eine Oligarchie, eine Brandmaueroligarchie, und zwar nach der Herrschaftsform eine Oligarchie festgelegter Parteien, die sich kaum voneinander unterscheiden, von den Ergebnissen der Politik wohl eher eine Ochlokratie, die deshalb entsteht, weil Wettbewerb und Leistung ausgeschlossen und an deren Stelle die Gesinnung gesetzt wird, die die Staats-Medien überwachen. Es verdichten sich die Hinweise, dass die Aristokratie von Neu-Versailles in Berlin Mitte eher die Demokratie, als ihre Macht aufgeben würde. Das Mittel hierzu nennen sie die „wehrhafte Demokratie“, doch die „wehrhafte Demokratie“ ist nur die verwehrte Demokratie. Die Mutter der Brandmauer ist übrigens Merkels Alternativlosigkeit.

Friedrich Merz hat gerade Empörung damit ausgelöst, dass er Christian Lindner bei Maischberger dafür anging, dass der FDP-Chef ein Blick zu Elon Musk und Javier Milei, den freigewählten Präsidenten Argentiniens, empfahl. Merz schüttelte sich geradezu vor moralischem Entsetzen und, so viel hat er schon von den Grünen gelernt und übernommen, verstieg sich in Behauptungen, die nur seine Unkenntnis der argentinischen Realität bloßstellten. In einem Wort: Der CDU-Mann Friedrich Merz war plötzlich so faktensicher wie der Grüne Robert Habeck.

Der Kandidat der Anderen
Friedrich Merz: Afuera!
Man fragt sich, was einen Wirtschaftsliberalen dazu bringt, Wirtschaftsliberalismus zum Teufelszeug zu erklären. Oder erzürnt Friedrich Merz, dass Javier Mileis Politik nicht im Sinne der Profite der Finanzwirtschaft, des Klimakomplexes ist? Lieber Habeck als Milei? Lieber Schulden machen, als Schulden zu minimieren? Lieber Klimaplanwirtschaft als freie Marktwirtschaft?

Wohin die Schuldenpolitik, die Habeck und Merz vorhaben, führen wird, kann man in Frankreich studieren. Macron hat Frankreich in den Bankrott getrieben, Merz wird Ähnliches mit Deutschland gelingen. Drohender Staatsbankrott, wirtschaftlicher Niedergang und verwehrte Demokratie werden Deutschland in eine Zeit der Wirren und Verwerfungen treiben, die zunächst in eine Wirtsschafts-, dann in eine Staats-, schließlich in eine Verfassungs- und zum Schluss in eine umfassende, multiple Gesellschaftskrise führen wird.

Wenn man Friedrich Merz beobachtet, vorgestern wieder bei Maischberger, dann ist klar, dass dieser Mann nicht Bundeskanzler werden darf, es fehlt ihm jeglicher Machtinstinkt. Er wirkt wie ein Blatt im grünen Wind. So nett, so liebedienerisch und so rücksichtsvoll wie die Merz-CDU geht nicht einmal die SPD mit den Grünen um. Da nützt es auch nichts, wenn man zwei Unionspolitiker zu einem Verein schickt, der gern eine Denkfabrik sein möchte, um gegenteilige Signale auszusenden. Wer’s glaubt? Es gilt das Wort des Vorsitzenden von Partei und Fraktion.

Man weiß historisch, was geschieht, wenn Eliten sich in ihren Wohlstand verbarrikadieren, die Wirklichkeit nicht mehr zur Kenntnis nehmen, sich vor der Gesellschaft abschotten, sie empfehlen den Bürgern dann, wenn sie kein Brot haben, Kuchen zu essen, Wärmepumpen einzubauen, egal, ob sie sich das leisten können oder nicht. Und man weiß historisch, was danach kommt: eine Modernisierung und eben neue Eliten, die wieder funktional agieren. Man nennt es lateinisch eine restitutio ad integrum.


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