Seine Sexualität auszuleben, gilt in unserer Gesellschaft als ein Menschenrecht. Auch kleinste sexuelle Minderheiten – wie derzeit die Transgender-Gemeinde – dürfen mit einer breiten politischen Unterstützung für ihre jeweiligen Rechte rechnen. Schließlich gehören zu der „LGBTQIA+“-Gemeinde ein paar Dutzend Geschlechtsidentitäten und sexuelle Orientierungen. Weit weniger Beachtung findet aber ausgerechnet die Minderheit von Mädchen und Frauen, deren Genitalien aus kulturellen und religiösen Gründen brutal verstümmelt werden.
Dabei wächst die Zahl die Frauen rasant, die aufgrund der Beschneidung von Klitoris und Schamlippen wohl ihr ganzes Leben lang Sexualität nur als großes Leid erleben werden – von anderen, schweren gesundheitlichen Folgen einmal abgesehen. Allein in Deutschland leben einem Bericht der Deutschen Ärzte-Zeitung vom Februar zufolge etwa 75.000 Frauen, die Opfer dieses, vor allem in Afrika und dem Nahen Osten verbreiteten Rituals wurden. Fast 20.000 Mädchen von Zugewanderten und Flüchtlings-Familien in Deutschland befinden sich demnach in akuter Gefahr.
Das Familienministerium in Berlin verwies in den vergangenen Jahren mehrfach darauf, dass die Zahl der betroffenen Mädchen und Frauen dramatisch gestiegen ist. Die meisten von ihnen stammen der Ärzte-Zeitung zufolge aus Eritrea, Somalia, Indonesien, Ägypten und Nigeria. Da immer Menschen aus diesen Ländern nach Deutschland gekommen seien, habe auch die Zahl weiblicher Genitalverstümmelungen stark zugenommen. Mindestens genauso gravierend ist die Lage von Mädchen in anderen europäischen Einwanderer-Staaten wie England oder Frankreich.
Barbarische Rituale in Parallelgesellschaften
Angesichts der monströsen Verletzung der Menschenrechte dieser Kinder mitten in Europa reagieren Gesellschaft und Politik mit einer zuweilen erschreckenden Lauheit. Zwar gibt es in Deutschland seit 2013 ein Gesetz, das die Genitalverstümmelung unter Strafe stellt; Bundes- und Landesregierungen engagieren sich im Kampf gegen diese grausamen Praktiken, veröffentlichen Zahlen der Betroffenen und bieten vor allem „niedrigschwellige“ Hilfe an, sprich es gibt Ansprechpartner und Notruf-Nummern für Frauen und Mädchen.
Dennoch spielt das Thema in der Öffentlichkeit und der Politik nur eine marginale Rolle. Denn die barbarischen, äußerst schmerzhaften Rituale, bei denen die Beschneidung oft mit einfachen Messern, Rasierklingen, Scheren oder Glasscherbe vollzogen wird, sind eine der schrecklichsten Aspekte der Parallelgesellschaften in Deutschland, vorstellbar nur in einem Umfeld, das nichts von den Grundwerten des Landes annehmen möchte.
So gut wie alle Opfer haben einen afrikanischen, arabischen und/oder muslimischen Hintergrund. Weltweit sind laut der Weltgesundheitsorganisation WHO etwa 200 Millionen Mädchen und Frauen in etwa 30 Staaten Afrikas, des Nahen Ostens und Asiens von den grausamen Beschneidungsriten betroffen. Natürlich erwähnt die WHO nicht, dass sich die überwältigende Mehrheit der Fälle in einem muslimischen Umfeld befindet.
Gegen „rassistische Stigmatisierung“
Die Verbindung zwischen Genitalverstümmelung und dem kulturell-religiösen Hintergrund ist für sehr viele ein Tabu: so wendet sich der Dachverband der Migrantenorganisationen (DaMigra) in einem Beitrag, der die Genitalverstümmelung scharf verurteilt, dagegen, dass die Genitalverstümmelung in Deutschland mit „rassistischer Stigmatisierung und/oder kulturellen Zuschreibungen“ verbunden sei.
Seit vielen Jahren unbehelligt findet sich beispielsweise ein leicht abrufbares Video im Netz (https://www.gutefrage.net/frage/ist-abul-baara-ein-guter-imam und https://www.youtube.com/watch?v=wRmUc-f1aP4&t=836s), in dem der Prediger Ahmad Abul Baraa, ausführlich und arrogant für die Klitorisbeschneidung wirbt. Allein auf TikTok hat der Salafist, der laut der Welt eigentlich Ahmad Armih heißt, Millionen Aufrufe gesammelt. Abul Baraa erläutert dabei ausführlich, wann und wie die weiblichen Genitalien – insbesondere bei einer „Überlänge der Klitoris“ verstümmelt werden sollen, um eine „zu große Triebhaftigkeit“ zu verhindern.
Behörden wissen von den salafistischen Predigten
Nach wie vor predigt dieser muslimische „Geistliche“ in der As-Shahaba-Moschee in Berlin-Wedding, laut Verfassungsschutz eine der wichtigsten salafistischen Anlaufstellen in Deutschland. Obwohl den Behörden die offene Werbung für die Genitalverstümmelung seit langem bekannt ist, wird nichts unternommen. Auch müsste das Thema einen wichtigen Platz bei interreligiösen Treffen, bei den Debatten mit Migrations-Organisationen und vor allem den Gesprächen mit den Repräsentanten des Islam in Deutschland haben.
Auch wenn es um die in allen Facetten diskutierte Emanzipation der Frauen, das stets aktuelle Thema über die Rechte von Frauen in der Gesellschaft geht, müsste das Schicksal die Mädchen aus Afrika und dem Nahen Osten ein wichtiges Anliegen sein – insbesondere für die feministischen Organisationen und Institutionen. Aber das Thema Genital-Verstümmelung bleibt ein Randthema. Die Leidtragenden dieser zuweilen skandalösen Ignoranz sind letztendlich Tausende und Abertausende kleiner Mädchen, die für ihr Leben gezeichnet sind.