Vor dem Landgericht Stuttgart entwickelt sich der Prozess gegen Michael Ballweg immer mehr zu einem Kleinkrieg zwischen der Staatsanwaltschaft und der zuständigen Strafkammer, dem wohl nur das Oberlandesgericht ein Ende setzen kann.
Eine etwas überraschende Wendung nimmt nach inzwischen 26 Verhandlungstagen der Prozess wegen versuchtem Spendenbetrug und versuchter Steuerhinterziehung gegen den Wortführer der Stuttgarter Querdenker-Bewegung, Michael Ballweg, vor dem dortigen Landgericht. Dieses hatte zunächst eine Eröffnung des Hauptverfahrens gegen Ballweg wegen Geringfügigkeit abgelehnt, musste im Oktober des Vergangenen Jahres aufgrund eines von der zuständigen Staatsanwaltschaft herbeigeführten Beschlusses des Oberlandesgerichts den Prozess gegen Ballweg gleichwohl eröffnen.
Am 12. März erörterten laut einer aktuellen Mitteilung der Pressestelle des Landgerichts die Mitglieder der zuständigen Strafkammer nach deren Anregung zusammen mit der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung außerhalb der Hauptverhandlung den bislang erreichten Verfahrensstand. Die Strafkammer regte daraufhin die Einstellung des Verfahrens gemäß § 153 Abs. 2 Strafprozessordnung an. Nach einer ebenso langen wie akribischen Beweisaufnahme sei inzwischen offenkundig, dass Ballweg weder die Tatvorwürfe des Spendenbetrugs noch der Steuerhinterziehung nachweisbar sind.
Eine solche Einstellung kann aber nur erfolgen, wenn ihr alle Beteiligten zustimmen. Erneut stellte sich die zuständige Staatsanwaltschaft, vertreten durch die leitende Staatsanwältin, gegen eine Einstellung des Verfahrens und stellte zugleich einen Befangenheitsantrag gegen die in dem Verfahren tätigen Berufsrichter. Darüber hat binnen zwei Wochen eine Vertretungskammer des Landgerichts zu entscheiden.
Das Verfahren muß vor diesem Hintergrund vorerst mit weiteren Zeugenvernehmungen wie geplant fortgesetzt werden, obwohl dies aus Sicht des Gerichts keinen Sinn mehr macht. In den bisherigen Befragungen hätte zwar nicht immer geklärt werden können, wofür genau Ballweg einzelne Beträge aus den eingegangenen Spenden ausgegeben hat. Nirgendwo nachweisbar sei in den bisherigen Befragungen aber die von der Staatsanwaltschaft unterstellte private Verwendung gewesen. Der Tatvorwurf des versuchten Spendenbetrugs sei daher hinfällig. Daran lasse sich auch durch weitere Befragungen nichts mehr ändern.
Beim Tatvorwurf der versuchten bzw. vollendeten Steuerhinterziehung kommt die Strafkammer zu dem Ergebnis, dass Ballwegs einstiger Steuerberater die Hauptveranwortung dafür trägt, dass fällige Steuererklärungen während seiner Haftzeit im Untersuchungsgefängnis Stuttgart-Stammheim nicht abgegeben worden sind. Wenn überhaupt könnte ihm in einem Umfang von rund 2000.- Euro Umsatzsteuerhinterziehung nachgewiesen werden. Dafür wäre aus Sicht des Gerichts aber noch eine längere Beweisaufnahme erforderlich, auf die angesichts eines ungewissen Ergebnisses und des damit verbundenen Aufwands aber verzichtet werden sollte.
Der Fall Ballweg nimmt so zunehmend Züge eines Kleinkriegs am Landgericht Stuttgart an, wo eine leitende Staatsanwältin entgegen der Bewertung der Beweislage durch die zuständige Strafkammer auf Biegen und Brechen beweisen will, dass sie den Wortführer von Querdenken 711 zurecht öffentlich zu einem Schwerkriminellen abstempelte, für neun Monate in Untersuchungshaft in Stuttgart-Stammheim nehmen ließ und so seine wie private und geschäftliche Existenz ruinierte.
Bleibt zu hoffen, dass das Oberlandesgericht Stuttgart diesem Spuk endlich ein Ende setzt, sollte das Landgericht erwartungsgemäß das Verfahren gegen Ballweg zwar nicht einstellen, aber mit einem Freispruch enden lassen und die Staatsanwaltschaft dagegen erneut in die Berufung gehen.