Patrick Graichen bei einem ukrainischen Stromnetzkonzern, Stefanie Lemkes Klimaschutzattrappen und natürlich Robert Habecks Hintertreiben der Laufzeitverlängerungen. In jedem anderen Wahlkampf wäre das genügend Futter, um den politischen Gegner plattzumachen. Oder im Bundestag Aktuelle Stunden anzusetzen, um zwei Minister vorzuführen. Die Presse würde die Protagonisten mit Häme und entweder mit Vorwürfen der Inkompetenz oder der Korruption überschütten.
Doch der Blätterwald ruht in Stille. Denn allen drei Protagonisten ist gemeinsam, dass sie ein grünes Parteibuch besitzen.
Die Affäre um den neuen Job von Patrick Graichen brauchte gleich mehrere Tage, um seinen Weg in den Massenstrom zu finden. Zuerst kursierten noch Gerüchte, es hielte sich um eine Ente, der Ex-Staatssekretär sei gar nicht berufen worden. Tichys Einblick, Jungle World und Berliner Zeitung hatten zuerst berichtet: drei sehr unterschiedliche Medien mit ganz unterschiedlicher Schlagseite.
Dass Graichens Posten ein Teilstück einer übernationalen grünen Strategie könnte, die von seinem ehemaligen Chef Habeck eingefädelt sein könnte, wurde bereits an anderer Stelle ausgeführt. Ebenso, dass die einflussreichen Investoren in der Ukraine vom langfristigen Verlust des Donbass ausgehen, und nun versuchen, mit grüner Energie jenen Profit zu machen, der ihnen aufgrund des Ressourcenverlustes vielleicht entgeht. Die einen teilen die Ukraine territorial, die anderen finanzwirtschaftlich auf.
Graichen, der jetzt mitverantwortlich ist für ein großes europäisches Stromnetz, das fundamental auf die Stromerzeugung von Kernkraftwerken angewiesen ist, war bekannt als einer der wichtigsten Hintertreiber der AKW-Laufzeitverlängerung. Habeck will angeblich immer auf den Sachverhalt bezogen entschieden haben. Recherchen des Cicero und eine geleakte E-Mail zeigen allerdings, dass der Minister direkt ins Geschehen eingriff.
„Bitte nicht an den Vorgaben von Habeck versuchen etwas zu ändern. Die Studie dient politischen Zwecken, die Vorgaben spiegeln das wieder. Bitte darauf konzentrieren, dass die Vorgaben fachgerecht in nutzbare Eingangsparameter übersetzt werden. Bitte BMWK in der Diskussion darüber unterstützen, falls die ÜNB meckern sollten.“
So schreibt Achim Zerres, Leiter der Netzagentur-Abteilung 6. Zerres untersteht Klaus Müller, dem Chef der Bundesnetzagentur – die eigentlich neutral sein sollte. Stattdessen betreibt Müller grüne Politik. Falls die Übertragungsnetzbetreiber, die alten Meckertanten, sollten schließlich nicht mit ihren sachlichen Einwänden Recht behalten. Habecks Vorgaben sind da wichtiger.
Wie bei den Lauterbach-Files schaut man auch bei den Habeck-Files großzügig über das Problem hinweg. Die ÜNB sollten berechnen, ob Deutschland ohne Atomstrom durch den Winter kommt. Dieser „Stresstest“ sollte jedoch durch politische Vorgaben beeinflusst werden. Zerres macht auch klar: „Als Ergebnis wäre allenfalls ein Streckbetrieb für Isar akzeptabel. Und auch das nur, wenn Bayern und andere politisch dafür etwas bezahlen.“
Nicht die Energiesicherheit stand im Vordergrund. Sondern die Rettung des grünen Atomausstiegs. Und wenn der verschoben würde – müsste Markus Söder etwas geben. Parteipolitik im Angesicht des möglichen Blackouts?
Habecks Kollegin, Umweltministerin Steffi Lemke, kommt ebenfalls nicht aus dem Morast. Ihr Ministerium und das Umweltbundesamt sind in der Vergangenheit dadurch aufgefallen, dass sie nur allzu bereitwillig jene UER-Zertifikate ausgestellt haben, mit denen Klimaschutzattrappen im Ausland gebaut wurden – zum Milliardenschaden der Bürger. Obwohl das UBA bereits im August 2023 Hinweise auf die Betrügereien erhielt, reagierte es erst bezüglich eines ersten Presseberichts. Da wollte man zuerst nichts von Betrug wissen. Erst im September 2024 gestand man ein: In China gab es 45 mutmaßliche Betrugsfälle mit Klimaschutzprojekten.
UBA-Chef Dirk Messner hatte angekündigt, diese Projekte so schnell wie möglich rückabzuwiegeln. Mittlerweile ist es Dezember. Im Umweltausschuss verschaffen sich Wirtschaftsvertreter Gehör. Benedikt Wirmer vom Wirtschaftsverband Fuels und Energie wirft den Verantwortlichen „schleppende Aufklärung“ vor, Stefan Schreiber von der Initiative „Klimabetrug Stoppen“ kritisierte „zögerliches Verhalten“, Uta Weiß von der Mittelständischen Energiewirtschaft forderte „Kontrollen direkt vor Ort“. So berichtet der Nordkurier.
Dass die Kontrolle nicht funktioniert hatte, musste Lemke eingestehen. Den Fehler sieht sie aber woanders. Es sei ein Fehler der Vorgängerregierung aus Union und SPD gewesen, dieses betrugsanfällige System überhaupt einzuführen. Warum hat Lemke dann nichts in den Jahren 2021 bis 2023 unternommen? Der immer noch bestehende Skandal um gepanschten chinesischen Biodiesel geht indes weiter: Er wird immer noch importiert. Zum Schaden deutscher Hersteller.
All das überstrahlt ein Küchentischkanzler mitsamt verliebter ARD-Moderatorin.
Die Ruhe in diesem Wahlkampf ist daher ohrenbetäubend. Still ruht der See. Wehe, wenn er aufgebrochen wird. Der grüne Sumpf könnte mehr noch als Weihnachten die Heilige Wahlnacht stören.