Tichys Einblick
Rede zu 75 Jahre Verfassungskonvent

Steinmeier spaltet weiter

Als Bundespräsident muss Steinmeier Vertreter aller Deutschen sein; er ist gehalten, parteipolitische Neutralität zu wahren. Steinmeier tut das nicht, aus seiner in Studentenzeit geprägten linksideologischen Borniertheit kommt er nicht heraus. Besonders gerne spaltet er, aber es ist Amtsmissbrauch. Jetzt spaltet er das Land, indem er ein gutes Fünftel der Bürgerschaft des Landes implizit zu „Verächtern unserer Demokratie“ erklärt.

IMAGO - Collage: TE

Am 10. August 2023 jährte sich zum 75sten Mal die erste Zusammenkunft des Konvents, der im Auftrag der Westalliierten vom Juli 1948 eine Verfassung für die spätere Bundesrepublik Deutschland entwerfen sollte. Das Ganze fand statt ab dem 10. August 1948 auf der Insel Herrenchiemsee mitten im bayerischen Chiemsee. Die „Geburtsstunde“ des Grundgesetzes, wie manche Zeitungen schrieben, war der 10. August nicht, sondern quasi nur die Zeugung. Das „Licht der Welt“ erblickte das Grundgesetz am 23. Mai 1949 mit seiner Verkündung im Bundesgesetzblatt.

Klar, dass sich das offiziell an positiven Gedenktagen gezielt verarmte Deutschland zum 75sten da politisch und medial inszenieren musste. So trafen sich denn auch Bundespräsident Steinmeier (ruhende SPD-Mitgliedschaft), Bayerns Ministerpräsident Söder und die bayerische Landtagspräsidentin Aigner (beide CSU) zu einem Festakt. Der Akt aber geriet zu einer plumpen Inszenierung gegen 20 bis 22 Prozent der Bundesbürger, die es sich nach aktuellen Umfragen erlauben, vielleicht eine gewisse Schwefel- und Gott-sei-bei-uns-Partei zu wählen. Deren Namen übrigens weder Steinmeier noch Söder noch Aigner in den Mund nahmen. Für die Nennung des Namens „AfD“ sorgten über Bande die Apportier- und Akklamationsmedien.

Lauschen wir hinein, was in Endlosschleife die Botschaften von Steinmeier waren: „Wir alle haben es in der Hand, die Verächter unserer Demokratie in die Schranken zu weisen … Und wir alle – jede Politikerin und jeder Politiker, aber eben auch jede Bürgerin und jeder Bürger – wir haben eine gemeinsame Verantwortung für unsere Demokratie. Wir müssen sie schützen.“ Kein Wähler könne sich „auf mildernde Umstände herausreden, wenn er sehenden Auges politische Kräfte stärkt, die zur Verrohung unserer Gesellschaft und zur Aushöhlung der freiheitlichen Demokratie beitragen“.

Verfassungsfeinde wollten ihre politischen Gegner vernichten. Und weiter: „Eine Demokratie muss wehrhaft sein gegenüber ihren Feinden. Niemals wieder sollen demokratische Freiheitsrechte missbraucht werden, um Freiheit und Demokratie abzuschaffen.“ Dazu gehöre auch der Wille zum Widerspruch bei „auftrumpfenden Lügen von Freiheitsfeinden“. „Wir dürfen die Gefahr, die von ihnen ausgeht, nicht ignorieren.“ Ein „klarer, entschiedener, ja kämpferischer Widerspruch der demokratischen Parteien“ sei gefordert, „wenn Agitatoren in öffentlichen Versammlungen, Stadtrats- oder Gemeinderatsversammlungen unsere Demokratie als ‚System‘, ‚Unrechtsregime‘ oder ‚Diktatur‘ verunglimpfen und demokratische Institutionen diskreditieren und verächtlich machen“, sagte Steinmeier.

Steinmeier legt vor, Söder assistiert

Auch die beiden Gastgeber, Landtagspräsidentin Ilse Aigner und Ministerpräsident Markus Söder, riefen zum Schutz von Verfassung und Freiheit auf. Eine bestimmte Partei bediene Verschwörungstheorien und verletze die Menschenwürde ganzer Personenkreise „mit Hass und Hetze“, sagte Aigner. Und: Deutschland habe bereits einmal die Erfahrung machen müssen, wie eine Demokratie gescheitert sei.

Söder forderte mit dem Appell „Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit“ einen Zusammenschluss aller Demokraten, um gemeinsam gegen Feinde der Demokratie zu kämpfen. Man wolle die Verfassung schützen und die Freiheit verteidigen, betonte Söder weiter. Söder weiter: „… wenn es schwer wird, sind wir bereit, diesen Weg auch zu gehen“.

Die AfD kann sich ins Fäustchen lachen

Haken wir Söder und Aigner hier mal ab. Sie sind im Wahlkampf, der der CSU am 8. Oktober 2023 wohl kaum mehr als die 2018 errungenen, miserablen 37,2 Prozent bescheren wird. Was ein Minus von 10,5 Prozent gegenüber der Wahl von 2013 war. Damals von Seehofer mit 47,7 Prozent in absoluter Mehrheit erzielt.

Widmen wir uns wieder Steinmeier: Als Bundespräsident muss er Vertreter aller Deutschen sein; er ist gehalten, parteipolitische Neutralität zu wahren. Steinmeier tut das nicht, aus seiner bereits in Studentenzeit geprägten links-ideologischen Borniertheit kommt er nicht heraus. Wir werfen ihm hier auch nicht erneut vor, dass er ein miserabler Redner ist, der Zuhörer rasch ins Wachkoma befördert, Analysen seiner Redegaben finden sich hier auf TE zuhauf.

Rhetorisch wird das auch nichts mehr in den verbleibenden gut vierzig Monaten seiner zweiten Amtszeit, die er wie schon seine erste Amtszeit Merkel und der Merkel-CDU zu verdanken hat.

Nein, reden kann er nicht. Aber spalten kann er. Das will er, das tut er besonders gerne, aber es ist Amtsmissbrauch. Jetzt spaltet er das Land, indem er ein gutes Fünftel der Bürgerschaft des Landes implizit zu „Verächtern unserer Demokratie“ erklärt. Es geht um aktuell 20 bis 22 Prozent der Bürger. Das ist keine Splittergruppe. Und es geht um eine Partei, die seit 2017 im Bundestag und mittlerweile in 15 Landtagen sitzt.

Steinmeier gibt damit all denen Auftrieb, ja rhetorische Schützenhilfe, die sich – in der Wahl der Mittel nicht wählerisch und nicht immer innerhalb des Rechtsstaates – zum Antifa-Kampf berufen fühlen. Von der militanten Antifa über die „woke“ Presse bis hin zu einem Verfassungsschutzpräsidenten Haldenwang, der ja auch schon mal durchblicken ließ, dass er seinen Job im Bekämpfen einer gewissen Partei sieht.

Und – um Steinmeiers Worte aufzugreifen: Er bestätigt in seiner argumentativen Hilflosigkeit genau die, die er zu schelten glaubt: diejenigen, denen das System, eben auch das System nicht passt, das einen Steinmeier möglich macht.


Die mobile Version verlassen