Tichys Einblick
Lauterbachs Schilda

Statt Medikamente: Gendern im Beipackzettel

Die Katastrophe, dass es derzeit mitten im Wohlstands- und Wellness-Staat Deutschland einen Mangel an wichtigen oder lebensnotwendigen Medikamenten gibt, wird jetzt also mit Gendern „bekämpft“. Bürokratie-Flut gegen Arznei-Ebbe.

IMAGO/Political-Moments, S. Stallmann - Collage: TE

Tollhaus, Narrenschiff, Irrenanstalt … oder von allem etwas?! Es gibt schon fast keine Steigerung mehr, um den Zustand Deutschlands zu beschreiben. Und täglich grüßt das Murmeltier: Die deutschen Prioritäten gleichen einer Olympiade des Schwachsinns.

Weltmeister Lauterbach krönt das gerade einmal wieder: Er will, dass die Arzneimittelwerbung „genderneutral“ sein soll. Oder noch besser: „gendersensibel“. Was auch immer das heißt. Aber auf jeden Fall soll das gute alte „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen sie ihren Arzt oder Apotheker“ auf den medialen Müllhaufen. Weg damit. Abgeschafft.

Gendern statt Hustensaft
Preußen und Apotheker*innen – die Ampel regiert ohne Rast und Ruh
Abgeschafft haben wir – falls das überhaupt noch jemand interessiert – die Liefersicherheit für Medikamente. Es soll also „gendergerecht“ für etwas geworben werden, was gar nicht vorhanden ist. Schilda lässt grüßen. Des Lauterbachs neue Kleider: Der/die/das Apotheker*in/_en-Regal ist zwar nackt, aber wir bekleiden wenigstens die Werbung mit kräftigen Regenbogen-Farben.

Erinnert irgendwie an die Flutkatastrophe an der Ahr. Da war es Frau Ministerin in Mainz auch wichtiger, dass ihre Pressemeldungen „gendergerecht“ formuliert waren (Campingplatzbetreiberinnen und Campingsplatzbetreiber), als dass vor der Flut gewarnt wurde und 180 Menschen ihr Leben behielten. Die Dame wurde dann als Bundesfamilienministerin wegbefördert und schließlich, hoch bezahlt, in den Ruhestand geschickt. Wegen nervlicher Überbelastung. Statt Prozess und Strafe wegen unterlassener Hilfeleistung.

Und da wir ja auf keinem Auge blind sind: Die CDU schafft solche „Beförderungen“ noch viel besser. Eine der größten Nieten („Totalversager“, so viele Medien) bei jener Flutkatastrophe war der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz, Armin Schuster (CDU).

Der tummelte sich, als unseren Mitbürgern das Leben, das Eigentum, die Gesundheit entrissen wurden, genauso wie die damalige CDU-Umweltministerin von NRW im Urlaub. Obwohl (ich beschreibe das ja in meinem Buch „Das Maß ist voll“) Wetterfrosch Kachelmann detailliert und rechtzeitig gewarnt hatte: „Niemand wollte auf mich hören.“ Jener Herr Schuster wurde besonders belohnt, nach CDU-Art: Sachsens großer Staatsmann Kretschmer (CDU) machte ihn zum Innenminister. Zuständig für Schutz und Sicherheit.

Doch zurück zu den Risiken und Nebenwirkungen. Die Katastrophe, dass es derzeit mitten im Wohlstands- und Wellness-Staat Deutschland keine lebensnotwendigen Medikamente mehr gibt, wird jetzt also mit Gender-Gaga „bekämpft“. Bürokratie-Flut gegen Arznei-Ebbe. Ein Ablenkungsmanöver, wie es selbst Diktaturen auf deutschem Boden nicht vermochten.

Eine Krise nach der anderen
Flohmarkt der Medikamente
Laut Lauterbach und seinen Panik-Gehilfen von Söder bis Drosten erleben wir doch die schlimmste Pandemie der Weltgeschichte. Doch wir sind weder auf Grippe- und Atemwegsmedikamente noch auf Arzneien gegen Bluthochdruck und Herzbeschwerden vorbereitet. Tabula rasa! Impfen hatte ja bekanntlich keine Nebenwirkungen. Was brauchen wir also Medikamente. Bekämpfen sollen wir den Mangel nun durch familiäre Tauschaktionen und nachbarschaftliche Flohmärkte. Manches Medikament ist schon so selten, dass es ein Fall für meinen Freund Horst Lichter wäre: Bares für Rares.

Schon hier wundert es einen, wie die Ärzte- und Apotheker-Verbände schweigen. Hauptsache Staatsräson. Merken die eigentlich nicht, wie sie sich selber überflüssig machen? Denn ganz offensichtlich brauchen wir die Fachberatung ja gar nicht. Omas (abgelaufener?) Hustensaft fürs Baby, Onkel Willis Herzmedikament für Tante Lieschen nebenan. Von Risiken und Nebenwirkungen kein Wort.

Begreifen die Standesorganisationen nicht, wie blöd das alles ist. Sie selbst schlagen jetzt allen Ernstes vor, aus dem flotten Reklamespruch (schnell und damit kostengünstig in der TV-Werbung runtergerattert) etwas ganz Neues, „Gerechtes“, Menschenfreundliches und Regenbogen-taugliches zu machen: „… fragen Sie in ihrer ärztlichen Praxis oder Apotheke nach“.

Merken die eigentlich nicht selbst, wie bekloppt das ist? Wie bigott, heuchlerisch und inkonsequent. Statt queer ist das nur noch quer im Denken. Dummheit ist der Heiligenschein der Scheinheiligen. Ich habe es noch im Ohr, den Kampf gegen Internetapotheken und Computermedizin. Da hieß es doch: Medikamente und Medizin bedürfen der persönlichen, authentischen und fachmännischen (!) Beratung durch diplomierte Apotheker und Ärzte.

5 nach 12
Tausche frischen Hustensaft gegen abgelaufene Antibiotika - Flohmarkt der Medikamente
Jetzt soll es also heißen: „fragen Sie Praxis oder Apotheke“. Ja, wen denn dort? Die Verkäuferin, die Putzfrau, die freundliche Dame an der Rezeption, den MTA, die PTAn … Wie dumm ist das denn alles? Es geht doch nicht um eine Praxis oder eine Apotheke, es geht um Personen, die ausgewiesenermaßen Fachleute sind. Aber klar, wenn Tante Ernas Hustensaft mit Onkel Erwins Herzmittel kompatibel ist, warum soll dann nicht „die Praxis“ oder „die Apotheke“ beraten können – also, wer gerade da ist und Lust und Zeit hat. Jekami – jeder kann mitmachen. Hauptsache Regenbogen.

Und „sprach-medizinisch“ hat es für die Hygiene und Pflege des Deutschen noch eine ganz andere Nebenwirkung: wir „versachlichen“ zunehmend unsere Sprache, um diesem Irrsinn einer Mini-Minderheit gerecht zu werden. Der Kniefall vor einer kaum messbaren Lobby von Sprach-Chaoten führt zunehmend zu einer schleichenden Entpersönlichung.

Zum Beispiel Lehrkraft, Putzkraft, Sicherheitskräfte und was für Kräfte noch machen Menschen zum (gefühlten) Neutrum. Institutionen und Organisationen ersetzen Menschen. Und dieser Irrsinn wird uns als „Geschlechter-sensibel“ verkauft. Sensibel! Besser: Geist-befreit. Dumm, absurd, ohne Sinn und Verstand.

„Die Praxis“ wird mit approbierten Ärzten, „die Apotheke“ mit examinierten Apothekern gleichgesetzt. Rassismus gegen alle anderen dort Beschäftigten. Und der Treppenwitz: Deren Standesorganisationen fordern das sogar und sind zu dumm zu merken, wohin sie sich damit nicht nur sprachlich bewegen.

Sprache schafft Wirklichkeit. Aus dem diplomierten Apotheker wird erst „die Apotheke“ und dann der Flohmarkt. Alles mit dem Segen der zuständigen Ministerien und Verbände.

Besser wäre es doch, wir verzichten gleich gänzlich auf Medikamente, dann machen wir auch keine Gender-grammatikalischen Fehler. Da kann man nur noch sagen: gute Besserung, Deutschland!


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