Die Welt veröffentlichte am 9. Juli 2022 die Ergebnisse einer Exklusivrecherche. Am 1. Mai 2020 hatten bis zu 20 Personen ein siebenköpfiges TV-Team, das für die ZDF-„Heute-Show“ einen Beitrag aufgenommen hatte, auf dem Rückweg von einer Corona-Demonstration zum eigenen Fahrzeug brutal überfallen. Bei diesem Fernsehteam handelte es sich um die Firma „TV United GmbH Film- und Fernsehproduktion“, welche auch einst über mehrere Jahre für Ken Jebsen im Studio der Produktionsfirma Sendungen produziert hatte.
Vom Drehort bis zum Tatort waren es lediglich acht Minuten Fußweg. Teilnehmer des Teams wurden dabei einmal unangemessen angesprochen und dann dazu aufgefordert, nicht zu filmen, nachdem der Kameramann seine Aufnahmen überprüft hatte: „Hier nicht filmen!“
Blitzangriff aus dem Hinterhalt
Dann ging alles ganz schnell. Der Angriff geschah aus einem Hinterhalt und gezielt. Die Täter gingen dabei sehr koordiniert vor, so die Ermittler. Es gab „Späher“, Aufpasser“ und Schläger. Einer gab das Angriffssignal, das zeichnet eine Hochhaus-Kamera auf. Während des Überfalls sicherten andere das Gebiet ab. Nach 20 Sekunden war der brutale Akt bereits wieder vorbei. Einige Sekunden reichen aus, um einem überraschten Menschen schwere Verletzungen zuzufügen oder ihn ins Jenseits zu befördern. Auf dem Rückzug schnappten sich die Täter bereits vorab bereitgestellte Fahrräder und tauschten ihre Kleidung aus.
Die Details: Als ein Mitarbeiter des TV-Teams einen der angeheuerten Sicherheitsmänner nach einer Zigarette fragte, stand plötzlich einer der Schläger vor ihm und schlug ihm unvermittelt ins Gesicht. Das aufgezeichnete Video zeigt die Vorgehensweise: Selbst auf die Opfer am Boden wird weiter brutal eingeschlagen und eingetreten. Mindestens eine Metallstange kommt als Schlaginstrument zum Einsatz. Bei dem Einsatz eines solchen Schlaggeräts wird eine massive Verletzung und auch der Tod des Opfers definitiv in Kauf genommen.
Einer der Täter wurde dann durch einen angegriffenen ehemaligen Kampfsportler zu Boden gerungen. Der Täter schrie dabei lauthals um Hilfe. „Dann kamen die anderen und haben auf mich eingetreten. Und irgendwann musste ich loslassen.“ Das brutale Attentat soll sich vorwiegend gegen den Kameramann und den Assistenten gerichtet haben. Die zugefügten Verletzungen: Nasenbeinbruch, Bewusstlosigkeit, Platzwunden, Hämatome, physische und psychische Langzeitfolgen inklusive. Sechs der sieben Geschädigten mussten im Krankenhaus behandelt werden. Einige leiden auch zwei Jahre nach der Tat noch unter den Folgen.
Das Berliner LKA
Bei den bisher ermittelten Personen handelt es sich um vier Männer und zwei Frauen, die zwischen Mitte 20 und Anfang 30 Jahre sind. Die Generalstaatsanwaltschaft rechnet sie dem „linken Spektrum“ zu. Ermittler berichten von „Bezüge(n) zur linken bis radikal linken Szene“, es würde sich jedoch „nicht um gefestigte Linksextremisten“ handeln. Die sich mir intuitiv aufdrängende Frage lautet in diesem Zusammenhang: Welche gemeinschaftlich begangenen Verbrechen mit politischen Motiven müssen Täter begehen, um als „linksextrem“ bezeichnet und erfasst zu werden?
Eine der festgestellten Personen würde in dem linken Berliner Szeneobjekt „Scharni38“ gemeldet sein. Im und am Rucksack eines weiteren Verdächtigen fand man Aufkleber mit der Aufschrift „NEA Antifaschist“ (Berliner Antifa Nord-Ost). Diese Gruppe rief dazu auf, am 1. Mai Menschen der „rechten Szene“ zu bekämpfen. Ein Tatverdächtiger in „herausgehobener Stellung“ fiel in der Vergangenheit mit „Verstößen gegen das Versammlungsgesetz, einem Landfriedensbruch, politisch motiviertem Hausfriedensbruch sowie Sachbeschädigung“ auf. Ein weiterer Verdächtiger soll aus Baden-Württemberg stammen und Kickbox-Trainer sein.
Die Welt schreibt: „Online bekundete er damals Unterstützung für Antifa-Plattformen und Initiativen wie ‚Sea-Watch‘ oder ‚Seebrücke Heilbronn‘.“ Er und seine Schwester wurden durch Bekannte mehrfach im „selbstverwalteten Zentrum für linke Politik, Kultur und kollektives Wohnen“ in Heilbronn angetroffen. Ein Welt-Reporter traf dort auch auf die sogenannte „Rote Hilfe“, eine Organisation, die seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet und in seinen Jahresberichten genannt wird. Ähnliche Verknüpfungen findet man inzwischen auch in vielen anderen Städten Deutschlands.
Die Unklarheiten
Die Tatverdächtigen schweigen, ein Bekennerschreiben liegt nicht vor. Ermittler und Freunde eines Opfers gehen davon aus, dass es sich um eine Verwechslung gehandelt habe. Die Tat sollte eigentlich Akteuren des „rechten Spektrums“ (was auch immer darunter verstanden wird) gelten. Der Tontechniker des TV-Teams beteuert, dass die Zusammenarbeit mit Ken Jebsen der Vergangenheit angehöre und er selbst auch ein Linker sei.
Vielleicht unterschätzt er dabei die konspirativen Fähigkeiten der „linken Szene“. Es werden Feindeslisten geführt und ausgehängt, Menschen ausbaldowert, Diffamierungskampagnen geführt, Morddrohungen öffentlich und/oder individuell ausgesprochen, Radmuttern an Fahrzeugen gelockert, am Auspuff manipuliert, PKWs abgebrannt, Menschen vor, an und in ihren Wohnungen oder Geschäften bedroht und/oder verletzt, auch getötet.
Die virtuelle und reale Verbreitung von Angst und Schrecken gehört zum Handwerkszeug des politischen Islamismus, Rechtsextremismus und selbstverständlich auch der radikalen und extremistischen Linken. Eine aus dem öffentlichen Bewusstsein weitestgehend ausgelagerte Gefahr für Leib und Leben. Bis zu 14 Personen des brutalen Überfalls wurden bisher nicht ermittelt. Es wird sie darin stärken, solche Taten zu wiederholen und dabei noch brutaler vorzugehen.
Steffen Meltzer ist der Autor von „Ratgeber Gefahrenabwehr: So schützen Sie sich vor Kriminalität – Ein Polizeitrainer klärt auf“