Der Wirtschaftswissenschaftler Paul Collier spricht in seinem neuen Buch „Sozialer Kapitalismus. Mein Manifest gegen den Zerfall unserer Gesellschaft“ von einer neuen herrschenden Klasse, die ihre Macht auch auf Kosten des Zerfalls unserer Gesellschaft zu festigen versucht. Denn der „Zerfall“ ist Resultat ihrer Politik. Die linksfeministische Politikwissenschaftlerin Nancy Frazer diagnostiziert, dass die Herrschaft des neuen Establishments zu einer Verschlechterung des Lebensstandards „aller Arbeitnehmer, besonders aber der Beschäftigten in der industriellen Produktion“ führt. Dieses neue Establishment setzt „Emanzipation mit dem gesellschaftlichen Aufstieg der „Begabten“ unter den Frauen, Minderheiten und Homosexuellen gleich“ und will „die The-winner-takes-all-Hierarchie nicht mehr abschaffen.“ Um so deutlicher aber die Ergebnisse dieser Politik, die zum Niedergang des Landes führen, werden, um so stärker blendet man die Realität aus, in dem man die Wirklichkeit als „rechte“ oder „rechtspopulistische“ Konstruktion diffamiert, weil nicht sein kann, was nicht sein darf.
So wird von Institutionen, die vom Steuerzahler königlich finanziert werden, mit wahrem Inquisitoreneifer gegen alle Kritiker gekämpft, die als „rechts“ gebrandmarkt werden und das historisch überholte rechts-links Schema zur wirkungsvollen Propagandalüge weiterentwickelt und inflationierend benutzt. Der „Kampf gegen rechts“, der in Wahrheit ein Kampf gegen die Kritiker der Politik dieser neuen herrschenden Klasse ist, ist finanziell einträglich, denn es stehen ihm nahezu unbegrenzte finanzielle Ressourcen zur Verfügung, die bspw. eine Familienministerin Giffey den Familien vorenthält, um den gratismutigen Kämpfern ein Leben in einem Wohlstand zu ermöglichen, von dem viele Familien in diesem Land nur träumen können.
Stück für Stück werden die Grundsätze der Demokratie und der Meinungsfreiheit erst verdächtig gemacht und dann abgeräumt. Das Ideal der Aufklärung, der mündige Bürger, wird unter Löschung der Begriffsgeschichte zur Redefigur der AfD erklärt und „unseren Menschen“ wird empfohlen, sich nicht der Leitung ihres Verstandes anzuvertrauen, sondern gläubig den Statements einer „Interpretationselite“ zu folgen.
Dass die Autorität der Bürgerrechtler, die in der DDR für Demokratie und Bürgerrechte unter erheblichen persönlichen Risiken gekämpft haben, nun gegen Demokratieabbau, gegen die Einschränkung der Meinungsfreiheit ihre Stimme erheben, stört, verwundert nicht. Also griff die Amadeu Antonio Stiftung, zu einem Mittel, das die Stasi „Zersetzung“ nannte.
Die Leugnung der Realität, ihre Verketzerung als rechtspopulistische Konstruktion entspricht der Schlussstrichideologie und dem Geschichtsrevisionismus. Wenn nicht sein darf, was nicht sein kann, dann darf auch genauso wenig sich ereignet haben, was tatsächlich stattgefunden hat. Und wie die Kritik an der neuen herrschenden Klasse „rechts“ ist, so gehören diejenigen, die einem Schlussstrich und einer Verharmlosung entgegentreten, natürlich dem „rechten Rand“ an.
Man könnte über die Urteile der Richterin Hilde Benjamin, die sich im Sprachduktus nicht von Roland Freisler unterschied, reden, über den 17. Juni 1953, über die Verhaftung von Walter Janka. Beispiele für den Terror des Regimes finden sich leider zuhauf.
Man kann aber auch an Sophie Scholl denken und an Herbert Belter und sich fragen, warum das Schicksal der einen zurecht bekannt ist und uns zur Mahnung steht, und das Leben und der Leidensweg des anderen nicht.
Das Ministerium für Staatssicherheit, erfährt man aus Rafaels Darstellung, war natürlich nur „eine Militärpolizei, aber keine Gestapo. Es gab physische Gewalt, aber nicht als System, sondern als Eskalation“, stellte der Historiker Müller-Ensberg fest. Stimmt, die Stasi spionierte, wie jeder weiß, ausschließlich Militärangehörige aus. Glaubt Müller-Ensberg wirklich, dass das Ministerium für Staatssicherheit eine Art MAD (Militärischer Abschirmdienst) war?
Und damit auch keine Zweifel aufkommen, wird sogar der Holocaust von einem Historiker namens Bästlein instrumentalisiert, wenn er behauptet: „Das DDR-Unrecht wird übersteigert, um im Kräftemessen mit der Deportation und dem Massenmord an Jüdinnen und Juden standhalten zu können.“ Wer hier vergleicht, um Unrecht zu nivellieren, missbraucht den Holocaust zur Rechtfertigung von Unrecht.
Wie kann man das Unrecht, das an dem einundzwanzigjährigen Herbert Belter und seinen zu 25 Jahren Zwangsarbeit in Workuta verurteilten Mitstreitern verübt wurde, noch „übersteigern“?