Tichys Einblick
Nikolaus, Christkind, aber vorher Lockdown

Spreader, Booster, Wellenbrecher: Buzzwords in Corona-Zeiten

Peter Hahne wünscht sich, die Herrschenden samt ihrer Hof-Wissenschaft wären in etwa so kreativ bei der Corona-Bekämpfung wie bei der Erstellung von Mogelpackungen. Wir hätten ein paar Probleme weniger.

IMAGO/Winfried Rothermel

Jetzt steht nicht nur das Christkind vor der Tür. Oder zunächst der Nikolaus. Nein, erstmal kommt wohl der Lockdown. Die FDP als Freiheits-Mogelpackung mit ihrem erschlichenen Wahlergebnis vorneweg. Gefolgt von Panik-Experten wie Söder. Alles fein und fadenscheinig begründet und herrlich hübsch verpackt. Sozusagen in Geschenkpapier mit Schleifchen aus Wortgirlanden. Das Volk soll beglückt, nur die Ungeimpften bestraft werden. Knecht Ruprecht mit wohlig-weichgespülter Wortakrobatik.

Wieviele externe Experten der Werbebranche waren dafür wohl nötig? Wieviele Millionen hat das wohl wieder gekostet? Aber wir haben´s ja. Erinnern Sie sich noch an das „Gute Kita Gesetz“ der Frau „Doktor“ Giffey? Auf die Idee muß man erstmal kommen, sich gleich selbst mit hochzujubeln und Kritik zu unterlaufen. Da kann man noch was lernen. Ich sollte wohl besser für meine Neuerscheinung mit dem „Gute-Hahne-Buch“werben, was jedoch irgendwie nach „Gute-Nacht-Geschichten“ klingt. Aber kann man nach meinen „Geschichten“ wirklich ruhig schlafen?

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Die Corona-Politiker haben wenig Substanzvolles zustande gebracht. Pleiten, Pech und Pannen säumten ihren Weg bis zur Abwahl. Und doch hinterlassen sie besonders eindrückliche Spuren. Sozusagen die Sieben Meilenstiefel der Propaganda. Vorbilder aus der Geschichte zu nennen, versage ich mir. Ein Euphemismus jagt den anderen. Die Schönrednerei hat Hochkonjunktur. Framing nennt man das neudeutsch. Reziprok zu den Erfolgen einer vernünftigen Maßnahmen-Politik. Wenn auch nicht unsere Freiheit, aber unser Wortschatz ist „bereichert” worden.

„Wellenbrecher-Lockdown!“ Wow, wie kuschelig. Wer denkt da nicht an Karibik, Mittelmeer oder zumindest an die Nordsee. Urlaub, Strand und Sonnenschein. Und dazu die Wellenbrecher aus Strandkorb oder Liegestuhl betrachten, am besten bei Sonnenuntergang und mit einem Glas Rotwein in der Hand. Dieser Brecher der vierten (oder ist es schon die fünfte?) Welle wurde monatelang beschworen, doch weder die Welle kam noch funktionierte der Brecher. Wie bei der Werbung: viel heiße Luft.

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Und überhaupt das Wort Lockdown. Klingt so cool und trendy. Doch das Cambridge Dictionary erklärt den Begriff Lockdown als „einen Notfall, in dem Personen aufgrund von Gefahren nicht frei in ein Gebäude oder einen Bereich eintreten, diesen verlassen oder sich darin frei bewegen dürfen“. Das klingt dann doch schon eher nach Brandalarm, Terroranschlag oder Erdbeben. Warum nicht auf deutsch? Das niedliche Wort Lockdown kaschiert nichts anderes als Hausarrest, Freiheitsberaubung oder Zu-, Ein- und Aussperren. Ja, dann sagt’s doch!

Social Distancing klingt auch viel hübscher als „Haltet euch fern voneinander, ihr Aussätzigen, aber hopp!“ Dabei bedeutet dieses Marketing-Monstrum ja in Wahrheit: gesellschaftliche Distanz. Dies ist aber nicht gemeint, sondern Sicherheitsabstand. Der Begriff ist also – wie das meiste Denglisch – bodenloser Blödsinn und verniedlichende Volksverdummung.

Goldig auch der PR-Gag Superspreaderevent. Da weiß doch meine Mutter (96) sofort Bescheid. Auch die anderen 87 Prozent der Deutschen, die des Englischen nicht mächtig sind. Gemeint ist ein „Superverbreitungsereignis zur Weitergabe von Viren“. Also zum Beispiel Kanzlerin und Bundespräsident im vollgepropften Berliner Ensemble zu Wolf Biermanns 85ste. Während die Hausarrest-Pläne fürs gemeine Volk schon in der Schublade lagen. Oder das Foto der neuen SPD-Bundestagsfraktion, eng an eng ohne Masken. Alles virologisch-epidemische Zeitbomben, also niedliche Superspreader. Sicher sind die Beweisfotos inzwischen gelöscht.

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Und dann der „Impfdurchbruch“. Wer kein Gendiot oder Legastheniker ist und die deutsche Sprache noch halbwegs versteht, begann zu jubeln: Waaaaahnsinn! Endlich der Durchbruch! Wir kennen diesen ersehnten Moment doch: Durchbruch bei festgefahrenen Verhandlungen, lebensrettender Durchbruch beim Bergwerksunglück unter Tage, Durchbruch bei Wissenschaft und Forschung, wenn endlich ein Mittel gefunden ist.

Doch dieser regierungsamtlich verordnete Begriff, kritiklos von den regierungsamtlichen Medien übernommen, bedeutete in Wahrheit das Kaschieren des genauen Gegenteils. Da finden sich Geimpfte plötzlich unter den Infizierten, in den Intensivstationen oder im Grab. Was für ein Durchbruch! Henryk M. Broder, der selbst ein „Durchgebrochener“ ist, findet nur noch Spott und Hohn. Diese Wortkosmetik sei nichts als Etikettenschwindel: „Man sprach ja auch vom Lebensraum im Osten oder vom Antifaschistischen Schutzwall“ zitiert er gleich zwei jüngere Diktaturen auf deutschem Boden. In Sachen Propaganda waren die bekanntlich unschlagbar.

Höhepunkt der Schönfärberei schmutziger Regierungswäsche war schließlich die „Auffrischungsimpfung“. In Wahrheit hieß diese fröhliche Auffrischung (mit Lenor? Mit frischem Wind? Mit einer Reha-Kur? Mit Anti-Age-Kosmetik?) nichts anderes als, um es mit Olaf Scholz zu sagen: Wir waren alle „Versuchskaninchen.“ Denn nach zwei relativ wirkungslosen Impfungen voller Risiken und Nebenwirkungen (ein Medizinprofessor unter vier Augen: „Mit diesem Dreck lasse ich mich nicht impfen“) mußte eine dritte her. Doch „dritte“ klingt natürlich wie dritte Wahl, letzter Versuch — also nicht so schön wie „Auffrischungsimpfung.“

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Als das Volk das mit der „Auffrischung“ durchschaute und dieses urdeutsche Wort auch irgendwie an „Kraft durch Freude“ erinnerte, legten Strategen (nicht etwa Impfstoffforscher oder die Pharmaindustrie, die schlafen selig und sahnen ab) den Hebel um: Boostern! Gesprochen mit tausend O´s bzw U‘s: buuuustern. Baby-Booster-Eiteitei. „Boostern im Turbo-Gang“ jubilierte die Tagesschau zum Jubel der Herrschenden. Super cool, echt geil: boostern. Statt: Wir müssen doch nochmal ran, weil rauskam, dass uns politische Etikettenschwindler das Blaue vom Himmel versprochen hatten, aber doch keinen konstant wirkungsvollen Schutz.

Ich wünschte mir, die Herrschenden samt ihrer Hof-Wissenschaft wären in etwa so kreativ bei der Corona-Bekämpfung wie bei der Erstellung von Mogelpackungen. Wir hätten ein paar Probleme weniger. Den Kollegen Broder erinnert das Ganze sogar an finsterste Zeiten: „Selbst nach Stalingrad glaubten sie noch an den Endsieg — so als könne man jetzt Corona auf administrativem Wege besiegen.“ Doch dazu helfen keine Placebos aus der Requisitenkammer der Wortakrobatik.

Und noch zu guter Letzt: Die erste Erwähnung des Worts Lockdown im heutigen Sinn gab es übrigens 1973 nach einem Vorfall im California State Prison (fast 6.000 Schwerstkriminelle). Ich bin gerade dort —- also: in der Nähe. Nach einer Messerattacke auf einen Mithäftling wurden die Gefangenen in ihre Zellen eingesperrt – das Zuchthaus ging in den „Lockdown“. Das Opfer hieß, kein Fake, ausgerechnet Juan Corona. Der amerikanisch-mexikanische Serienmörder hat in wenigen Wochen 25 Männer getötet, alle 40 Stunden einen. Ein Superspreader-Turbo also, ein mörderischer Wellenbrecher, dieser Herr Corona. Der zur Auffrischung dann ins Gefängnis mußte.


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