Tichys Einblick
Rundfunkkommission der Länder

SPD und CDU reden über Stopp der Gebührenerhöhung

ARD und ZDF fordern ab nächstem Jahr höhere Gebühren. Die Parteien möchten dies im Wahljahr vermeiden. Eine wichtige Rolle spielt dabei ein Skandal im Bundesland von Malu Dreyer (SPD).

IMAGO / Collage: TE

Das ZDF sitzt in Mainz. Deshalb nimmt Rheinland-Pfalz traditionell in der deutschen Medienpolitik eine wichtige Rolle ein. Denn die liegt eigentlich in der Hoheit der Länder, tanzt aber nach der Pfeife von Linken, SPD, Grünen, FDP und CDU/CSU. Die jeweilige rheinland-pfälzische Landesregierung koordiniert daher – mal offiziell, mal inoffiziell – die Medienpolitik ihrer Partei bundesweit. Aktuell sind das Ministerpräsidentin Malu Dreyer und die SPD.

Dreyers Frau für die Medienpolitik ist Staatssekretärin Heike Raab (SPD). Die war jüngst in einen handfesten Skandal verwickelt. Zwar stellen die Parteien ihren Einfluss auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gerne als rechte Verschwörungstheorie dar. Doch Raab zeigte, wie diese Theorie in der Praxis aussieht: Der SWR-Korrespondent Georg Link hatte die Wiederwahl von Roger Lewentz zum Vorsitzendenden der SPD Rheinland-Pfalz als „einmaligen Vorgang“ bezeichnet. Wegen dessen massiver Fehler während der Ahrflut musste Lewentz im Frühling 2023 als Innenminister zurücktreten – und wurde von der SPD trotzdem als Vorsitzender wiedergewählt.

Revolution bei den Öffentlich-Rechtlichen?
SPD und CDU fordern das Ende des „Haltungsjournalismus“
Daraufhin schrieb Raab einen Brief an die rheinland-pfälzische Landesführung des SWR. Dabei benutzte die Staatssekretärin das offizielle Briefpapier der Staatskanzlei. Der Fraktionschef der CDU in Rheinland-Pfalz, Gordon Schnieder, nannte den Vorgang einen „Einschüchterungsversuch“. Raab behauptete im Landtag indes, sie habe den Journalisten – über den Umweg über seine Chefs – nur auf sprachliche Feinheiten aufmerksam machen wollen. Zurücktreten musste Raab trotzdem. Als Mitglied der Gremien des SWR. Nicht als Staatssekretärin. In Malu Dreyers Rheinland-Pfalz kannst du als Sozialdemokrat so sehr versagen, wie du willst. Trotzdem gilt: Niemals gehst du so ganz. Dreyer selbst hat von dem Brief vorab übrigens nichts gewusst – sagt sie.

Nun tagt die Rundfunkkommission der Länder in Bingen bei Mainz und berät über die Zukunft der öffentlich-rechtlichen Sender. Wenn es darum geht, dass Politiker künftig weniger Einfluss auf ARD, ZDF und Co. nehmen können, verhandelt Raab in entscheidender Rolle mit. Fastnacht ist derzeit übrigens auch in Rheinhessen. Ein dreifach donnerndes Helau der Rundfunkkommission.

Basis für die Gespräche der Kommission ist ein Papier des „Zukunftsrates“. Wieder so ein hübsches Sprachgebilde im Land von „Schuldenbremse“, „Tierwohlabgabe“ und „Gehsteigbelästigung“. Der Zukunftsrat war ein achtköpfiges Expertengremium. Ausgesucht, wer darüber beraten soll, dass die Öffentlich-Rechtlichen weniger unter dem Einfluss der Parteien stehen, haben die Parteien. Alaaf.

Entsprechend wenig einschneidend fielen die Vorschläge des „Zukunftrates“ aus. Die Sender sollen ein paar Aufgaben zusammenlegen, um Geld zu sparen und neue Aufsichtsgremien sollen die alten ersetzen. Mit denen klappt es dann. Bestimmt. Die Experten sprachen sich aber vor allem nicht gegen den Wunsch von ARD, ZDF und ihrem Haus-und-Hof Gremium, der Kommission KEF, aus. Nämlich, den Beitragssatz nächstes Jahr um weitere 58 Cent zu erhöhen. Damit spielten die Experten den Ball zurück an die Politik – namentlich an die Rundfunkkommission der Länder.

Politische Schlagseite
Talkshows von ARD und ZDF haben zwei Stars – von Grünen und SPD
Die Runde der Rundfunkpolitiker berät nun darüber, wie ARD, ZDF und Co. sparen könnten: Die Gehälter der Intendanten begrenzen, die jetzt schon mehr verdienen als der Bundeskanzler? Verwaltungen zusammenlegen? Den Etat für Sportrechte begrenzen? Es ginge jedenfalls darum, „kostspielige Doppelstrukturen“ abzubauen, sagt der Medienstaatssekretär, Brandenburgs, Benjamin Grimm (SPD) der FAZ. Dann brauche es keine Erhöhung der „Rundfunkbeitrag“ genannten Zwangsgebühren.

Groß denken die Politiker in der Kommission ebenso wenig wie die Experten im Rat. Warum braucht es im Zeitalter des digitalen Fernsehens noch derart viele analoge, bundesweite Staatssender: ARD, ZDF, Arte, 3Sat, Phoenix, ZDF neo, ARD alpha, ZDF Info, One oder Tagesschau 24? Und all die dritten Programme obendrein? Warum erlaubt es eine Gesellschaft einem öffentlich-rechtlichen System, nur drei politische Richtungen zu kennen: extrem links, noch linker und ganz linksaußen? Wieso zwingt der Staat seine Bürger, einen Aktivisten zu finanzieren, der Frauenrechtler einen „Schei…aufen“ nennt? Alles kein Thema für die Rundfunkkommission.

Immerhin gibt es in der CDU erste Tendenzen, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kritischer zu sehen. Seit ihre ehemalige Parteivorsitzende Angela Merkel nicht mehr Bundeskanzlerin ist, erleben die Christdemokraten schließlich die Linkslastigkeit von ARD und ZDF am eigenen Leib. Den Nazivorwurf gegenüber Friedrich Merz und Co. ziehen die öffentlich-rechtlichen „Journalisten“ schneller als Lucky Luke seinen Revolver.

Dreckiger Deal
Die Politik will Opas Radio abschalten
Der rheinland-pfälzische Landeschef Christian Baldauf fordert eine „Neuaufstellung der Sendeanstalten“. Eine Erhöhung der Gebühren lehne er strikt ab: „Statt wie von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) vorgeschlagen, die Beiträge ab 2025 zu erhöhen, gilt es jetzt erst einmal, die lange überfälligen Reformen anzugehen, Doppelstrukturen abzubauen und weitere Einsparungen zu prüfen. Wir können die Beiträge der Bürgerinnen und Bürger nicht immer weiter hochschrauben, ohne dass Klarheit über den zukünftigen Auftrag und den möglichen Umbau der Anstalten herrscht.“

Allerdings können solche Forderungen derzeit leicht auch politische Lippenbekenntnisse sein. Nicht nur, weil die CDU in Rheinland-Pfalz in der Opposition ist. Es gibt mittlerweile hohe Hürden für die Politik, eine von ARD und ZDF geforderte – und von der KEF abgenickte – Forderung nach noch mehr Gebühren abzulehnen. Das verdankt sie einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes unter dem von Merkel eingesetzten Präsidenten Stephan Harbarth (CDU).

Die Erhöhung der Zwangsgebühren im nächsten Jahr können die Länder daher kaum verhindern. Was sie können, ist, über eine Gesetzesnovellierung die KEF zwingen, die Gebühren neu zu berechnen. Wenn sich die Länder einigen, kann das Gesetz 2026 vorliegen und 2027 wirken. Und selbst das geht nur, wenn die Länder der Erhöhung im nächsten Jahr zustimmen. Sonst könnten ARD und ZDF klagen und die politischen Reformen damit lahmlegen.

Von dem Treffen der Länder in Bingen bleibt nicht viel. Immerhin: Der Wein ist gut dort. Der Besuch einer (echten) Fastnachtssitzungen lohnt allemal. Und obendrein können sich die anderen 15 für Medienpolitik Zuständigen von Raab erklären lassen, wie man als verantwortlicher Politiker offen Einfluss auf einen Landessender nimmt, sich dabei erwischen lässt – und trotzdem im Amt bleiben kann.

Anzeige
Die mobile Version verlassen