Olaf Scholz will, dass der IWF die Türkei kreditiert, Andrea Nahles geht noch weiter. Sie fordert, Erdogans Regime mit deutschen Steuergeldern zu stabilisieren. Ein Schelm, wer da an erhoffte Stimmen von Türken mit deutschem Pass denkt.
Recep Tayyip Erdogans Großmachtsphantasien, die er diktatorisch in Politik umsetzt, treiben die Türkei in eine wirtschaftliche Krise. In dem Konflikt zwischen der USA und der Türkei geht es nicht zuletzt auch um Menschenrechte und um Religionsfreiheit, eine Religionsfreiheit, die Muslime in Deutschland gern in Anspruch nehmen. Allerdings hört man von den gleichen Funktionären deutscher Islamverbände, die keine Gelegenheit auslassen, im Kampf um exklusive Rechte für Muslime über Islamophobie in Deutschland zu klagen, nicht eine Stellungnahme, nicht eine Forderung zur Gewährung von Religionsfreiheit für Christen in muslimischen Ländern, beispielsweise in der Türkei. Hierin finden sie in der Sozialdemokratie willige Helfer.
Ruhe als erste Bürgerpflicht
So wie der sozialdemokratische Außenminister Stellung für das Mullah-Regime im Iran und gegen die USA bezieht, bemühen sich in selten gesehenem Aktionismus der sozialdemokratische Finanzminister und die Vorsitzende der SPD um Finanzhilfen für die Türkei. Schlägt Olaf Scholz vor, dass der IWF die Türkei kreditiert, geht Andrea Nahles sogar noch weiter. Sie fordert allen Ernstes, Erdogans Regime mit deutschen Steuergeldern zu stabilisieren. Andreas Nahles dazu wörtlich: „Es kann die Situation entstehen, in der Deutschland der Türkei helfen muss …“ Warum muss Deutschland der Türkei helfen? Wird Berlin von Ankara aus regiert?
Das Argument, das Nahles anführt, ist an geistiger Schlichtheit und in seiner Demagogie nicht zu übertreffen. „Die Türkei ist ein Nato-Partner, der uns nicht egal sein kann. Es ist in unser aller Interesse, dass die Türkei wirtschaftlich stabil bleibt und die Währungsturbulenzen eingedämmt werden.“ Sind die USA etwa kein Nato-Partner? Sind die USA etwa ein Nato-Partner „der uns egal sein kann“, der womöglich unser Feind ist? Wohin versteigt sich die SPD? Warum schlägt sich die SPD in Konflikten auf die Seite diktatorischer Regime? Michel Houellebecq nannte dieses Verhalten einmal „Unterwerfung“.
Betreutes Denken und Meinen
Die gleiche SPD, die deutschen Familien die Förderung von Wohneigentum nicht gönnt, die zunächst das Baukindergeld in der Quadratmeterzahl beschränken wollte und schließlich sich zu den Kompromiss nötigen ließ, auf die Beschränkung der Quadratmeterzahl zu verzichten, im Gegenzug aber die Antragsfrist auf drei Jahre einzugrenzen, heraushandelte, zieht die Spendierhosen an, wenn es gilt, durch finanzielle Hilfen diktatorische Regime abzusichern. Für deutsche Familien hat die SPD kein Geld, für Recep Tayyip Erdogan hingegen ein offenes Portemonnaie, das übrigens zuvor auch deutsche Familien mit Steuergeldern füllte, Familien, die sich kein Wohneigentum leisten können, weil der Staat auf eine zu hohe Steuerlast besteht.
Dass Andrea Nahles mit dieser Forderung auf Wähler mit türkischem Migrationshintergrund zielt, ist deutlich, dass sie dafür die soziale Frage, Grundwerte wie Demokratie, Freiheit und Menschenrechte ad acta legt, ist eine Schande vor allem vor dem Hintergrund der großen Geschichte der Sozialdemokratie. Doch das wundert nicht, hat die gleiche Parteivorsitzende unlängst die Historische Kommission der SPD aufgelöst. Geschichte stört die Funktionäre der SPD, die Erinnerung an eine Zeit, als Sozialdemokraten noch Sozialdemokraten waren, wird den Nahles, Scholz und Stegners lästig. So scheint es in der SPD common sense zu sein, wenn die SPD-Politikerin und frühere Staatsministerin für Integration, Aydan Özoguz, außerhalb der Sprache keine deutsche Kultur zu erkennen vermag. Das Diktum sagt im Grunde alles darüber aus, inwieweit die Ministerin für Integration a.D. selbst integriert ist.
Die SPD-Politikerin und politische Referentin für Menschenrechte am Bundestag, Karen Taylor, empfindet den Gebrauch des Begriffes Heimat als problematisch, weil Heimat kein unschuldiger Begriff sei. Darüber diskutiert sie u.a. auf Kosten des rot-grünen Hamburger Senats, auf Kosten des Staatsministeriums für Kultur und Medien, auf Kosten des deutschen Steuerzahlers auf einer Konferenz genannten Propagandaveranstaltung unter dem Titel „Heimatphantasien“ mit Leuten, die ihrer Meinung sind.
Die politische Referentin für Menschenrechte am Bundestag scheint im Übrigen nicht zu wissen, dass Heimat ein Menschenrecht ist. Auf dieser Veranstaltung darf auch die Berliner Professorin Naika Foroutan, die Wissenschaft mit Ideologie verwechselt, nicht fehlen, schließlich ist für sie Deutschland bereits ein „präfaschistisches Land“. Pikant daran ist, dass Foroutan die Bundesrepublik in einem Interview mit dem Tagesspiegel als „präfaschistisch“ bezeichnete, nachdem die Kanadier ihr keine Professur geben wollten und sie nun leider auf der gutdotierten Berliner Professur ausharren muss.
Braune Soße links angerührt
Die Sozialdemokraten haben nicht nur die soziale Frage verraten, sie haben sich auch von den Interessen der Familien, des Mittelstandes, des Handwerks, der Arbeiter verabschiedet. Ihre Politik zielt im Kern darauf, weiter gegen den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika zu kämpfen. Es scheint kein Regime zu existieren, mit dem sie sich in diesem Kampf nicht verbrüdern würden. An der Seite von Hillary Clinton und Barack Obama hat sich die einstmals stolze deutsche Sozialdemokratie zum Diener der Hedgefonds und des Finanzimperialismus erniedrigt. Sie ist an die Seite des liberalen Clinton-Lagers in den Kampf gegen ihre eigene Klientel getreten. Sie bezahlt bereits den Preis dafür. Dass Andrea Nahles nun auch noch Erdogan finanziell stabilisieren will, belegt die Todessehnsucht dieser Partei.
Man hatte den Sozialdemokraten einmal vorgeworfen, dass sie vaterlandslosen Gesellen wären. Damals waren sie das nicht. Nach dem ersten Weltkrieg und in den Wirren der Novemberrevolution standen plötzlich die Sozialdemokraten als die letzten Verteidiger des Vaterlands da, als sich die Konservativen vorübergehend in die Büsche geschlagen hatten. Allerdings ist das schon sehr lange her. Die Sozialdemokratie von August Bebel und Wilhelm Liebknecht, von Friedrich Ebert und Philipp Scheidemann, von Kurt Schumacher und Erich Ollenhauer, von Willy Brandt und Helmut Schmidt gibt es nicht mehr. Sie hat aufgehört zu existieren. Ihre Erbschleicher verschleudern das große Erbe.
Die SPD weiß nicht mehr, wofür sie steht. Die soziale Frage ist in Deutschland in doppelter Weise unbeheimatet. Nicht mehr für die Sozialität einer Gesellschaft einzutreten, ist das eine, das andere ist, die Heimat begrifflich und kategorial vernichten zu wollen, die erst die Bedingungen für soziale Strukturen schafft. Die gemeinsame Wurzel, in Taylors Kampf gegen die Heimat, in Özoguz Missachtung der deutschen Kultur und in Nahles Wunsch, Erdogan finanziell im Kampf gegen die USA zu unterstützen, findet sich in einer inneren Abkehr von der Demokratie, denn zur Demokratie gehört der Demos, das „Volk, der große Lümmel“, wie Heinrich Heine einmal dichtete.