Tichys Einblick
Geplanter Schwerpunkt zerschossen

Solingen zerstört die Erzählung vom „Kampf gegen Rechts“

Demos gegen Rechts, Gedenken an einen vermeintlich rechtsextremen Anschlag und eine Demo über die große Gefahr von Rechts. Eigentlich hätte es heute in der ARD einen klaren Schwerpunkt gegeben – wenn da nicht Solingen gewesen wäre.

picture alliance/dpa | Thomas Banneyer

Man stelle sich ein Wochenende vor, an dem die Tabellenführung des SC Freiburg in der Bundesliga die aufregendste Nachricht gewesen wäre: Für diesen Fall hätten Tagesschau, Deutschlandfunk und Co vorgesorgt. Sie hätten den „Kampf gegen Rechts“ zu dem großen Thema gemacht. Sechs Tage vor den Wahlen in Sachsen und Thüringen hätten sie die Erzählung – neudeutsch Narrativ – verbreitet von dem Land, das sich gegen seine größte Gefahr wehrt: den ausufernden Rechtsextremismus.

Wäre-wäre-Linksmisere: Solingen ist die Wahrheit. Und die Wahrheit ist so groß, dass sie sich nicht mehr schönreden lässt. Auch wenn es Politik, Medien und Polizei kurz nach Mannheim jetzt in Solingen wieder versucht haben. Etwa in der Täterbeschreibung. Noch am Samstag führte die Polizei einen Affentanz auf, sie könne den Gesuchten nicht beschreiben, weil sie noch widersprüchliche Zeugenaussagen auswerten müsse. Da hatte sie laut Bild schon dessen Ausweis gefunden.

Olaf Scholz’ Trauershow in Solingen
Die Parole des Tages lautet „Zorn“
Lieber lässt die Polizei die Bürger nicht wissen, wie ein freilaufender, zum willkürlichen Mord bereiter Gesuchter aussieht, als zuzugeben, dass dessen Antlitz in das Narrativ vom deutschen „Festival der Vielfalt“ so gar nicht passen will. Wenn die gleiche Polizei dann später erklärt, jeder müsse wissen, auf welche Feste er geht, demonstriert sie, wie sehr sie der Politik und wie wenig noch dem Bürger dient. Dazu passt, dass die Sicherheitsbehörden den mutmaßlichen Attentäter von Solingen nicht auf dem Schirm hatten – und heute immer noch nicht wissen, wie sie seine potenziellen Nachahmer ausfindig machen können, bevor diese zuschlagen oder zustechen.

Polizei, Medien und Politik haben sich in der Idee vom „Festival der Vielfalt“ verirrt. Sie sind darüber handlungsunfähig geworden. Sie wissen nicht mit dem Thema umzugehen. Das haben die Tage nach dem Attentat von Solingen gezeigt. Ihre bisherige Strategie lautete: Islamistischer Terror darf den „Falschen“, also den Rechten, nicht nutzen. Deswegen haben sie versucht, diesen mit dem Getöse rund um den „Kampf gegen Rechts“ zu übertönen. Die „Faktenchecker“ des MDR versuchen das immer noch und haben ausgerechnet: „Rechte Gewalt fordert deutlich mehr Todesopfer als linke Gewalt.“ Immer noch lautet der Glaube: Wenn sie, die Linken, laut genug die Gefahren des Rechtsextremismus beschwören, der schon in der gesellschaftlichen Mitte beginne, dann vergessen die Bürger die Gefahren, die durch die unkontrollierte Einwanderung von Leuten aus Krisengebieten entsteht, die durch eine gewaltbereite Kultur überhaupt erst zu Krisengebieten geworden sind.

Die Anschläge werden schlimmer. Die Abstände werden kürzer. Zwischen Mannheim und Solingen liegen nicht einmal drei Monate. Die Ablenkungstaktik greift immer weniger. Die Erzählung vom Kampf gegen Rechts zieht nicht mehr. Die Umfragen für den Sonntag lassen das erahnen. Der AfD-Politiker war das Feindbild, das staatliche und staatsnahe Medien in den vergangenen Monaten aufgebaut haben. Nicht zuletzt, mit der inszenierten Berichterstattung des Journalisten-Kollektivs „Correctiv“, das die Ampel mit staatlichem Geld pampert.

Es ist eben nicht der AfD-Politiker, vor dem sich Frauen an Bahnhöfen und auf dem Nachhauseweg ängstlich umdrehen und der sie dazu bringt, während des Heimwegs mit ihrer Freundin auf dem Handy im Kontakt zu bleiben. Zwar besuchen Tausende die zahllosen „Festivals der Vielfalt“, die es in Deutschland gibt. Doch selbst diese Kämpfer gegen Rechts wissen, dass es eben nicht der AfD-Politiker sein wird, der ihnen das Messer in den Hals sticht. Dieser rechte Politiker – oder Journalist – ist nur das Feindbild-Narrativ der staatlichen und staatsnahen Medien. Die reale Gefahr sticht mit dem Messer zu. Sie verdrängt das mühsam aufgebaute Narrativ.

Gerade an diesem Montag ist das mustergültig zu besichtigen. An zweiter Stelle berichtet der Deutschlandfunk in seinen Nachrichten von den Demonstrationen gegen Rechts, die es in Dresden, Leipzig oder Zittau gegeben hat. 20.000 Besucher haben daran teilgenommen, wollen Veranstalter und Polizei zusammen ausgerechnet haben. Was wäre das ein schöner Block gewesen, um das heißgeliebte Narrativ vom Kampf gegen Rechts zu beschwören. Doch an erster Stelle der Nachrichten geht es stattdessen um einen Mann, dem Deutschland – gegen dessen eigenen Gesetze – Schutz, Bett und Geld bietet, der sich aber zum Dank damit rächt, dass er ziellos umhermordet. Da fällt es schwer, im zweiten Nachrichtenblock die eigentliche Gefahr zu beschwören, die von Rechts komme. Nicht, dass die Journalisten vom Deutschlandfunk es nicht versuchen würden.

Wut statt Trauer
Die Verwandlung der Bürger in wehrlose Opfer
Weiter hinten in den Nachrichten berichtet der Deutschlandfunk, dass sich der Brandanschlag von Duisburg-Wanheimerort in dieser Nacht zum 40. Mal jährt. Für diesen Anschlag wurde eine psychisch kranke Pyromanin verurteilt. Doch, so belehren uns die Nachrichten des Deutschlandfunks, habe man mittlerweile den rechtsextremen Hintergrund erkannt. Die verurteilte Täterin ist seit 14 Jahren tot und kann sich nicht mehr wehren. Warum da eine psychisch kranke Tat nicht passend zum eigenen Narrativ umdeuten? Dass die Gefahr von Rechts ausgeht, ist wahr, wenn du es dir als linker Journalist des Deutschlandfunks nur stark genug wünschst.

Zuerst die 20.000 Demonstranten im Osten. Dann das Gedenken an einen Anschlag, der gegen ein Urteil zum Rechtsextremismus umgedeutet wurde. Was wäre das für ein starker Nachrichtentag gewesen. Abgerundet durch die Dokumentation „Machen wir unsere Demokratie kaputt?“, mit der das Erste an diesem Montag zur besten Sendezeit weiter am Narrativ der größten Gefahr strickt. Die Doku wird laufen. Trotz alledem. Den ARD-Aktivisten in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf. Blöd halt nur, dass davor Tagesschau und vermutlich Brennpunkt zu sehen sind, die die echte Gefahr zeigen: dieses Mal auf dem „Festival der Vielfalt“ in Solingen demonstriert. Da fällt es Jessy Wellmer danach umso schwerer, das eigentlich erwünschte Narrativ von der Gefahr gegen Rechts durchzusetzen. Nicht, dass sie es nicht versuchen würde.

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