Was wären wir froh, wenn Deutschlands Richter gegen Straftäter so rigoros vorgingen wie gegen Soldaten, die sich nicht impfen lassen.
Seit Sonntagvormittag sitzt Stabsunteroffizier Dimitri Heidel in der Justizvollzugsanstalt Oldenburg ein. Zwölf Jahre hat der Mann der Bundesrepublik und der Bundeswehr treu und ohne Tadel gedient. Dann war er 2023 am 3. März 2023 „unehrenhaft“ entlassen worden: weil er sich nicht gegen Corona impfen lassen wollte.
Jetzt sitzt der ehemalige Zeitsoldat im Sanitätsdienst zusammen mit Mördern, Vergewaltigern und anderen Schwerverbrechern. Wohl noch „ungefähr bis zum 8. November“ soll der zweifache Familienvater seine Strafe verbüßen. Aber ganz genau weiß man das in Niedersachsens Justizverwaltung auch nicht.
Erst vor wenigen Tagen hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im Bundestag ja behauptet: „Mir wäre es neu, tatsächlich, dass irgendein Soldat derzeit im Gefängnis sitzt, weil er sich nicht hat impfen lassen. Das bestreite ich hier und wirkt nicht wirklich plausibel.“
Schlecht gealtert, sagt man zu solchen Zitaten wohl.
Heidel hatte die angeordnete Corona-Impfung aus „sehr persönlichen Gründen“ verweigert. Daraufhin wurde ihm befohlen, sich zu einer Grippeimpfung einzufinden. Das akzeptierte der Soldat auch mündlich, jedenfalls zunächst.
Beim Termin stellte er dann jedoch fest, dass das ausgehändigte Informationsblatt über mögliche Nebenwirkungen gar keine Grippeimpfung, sondern eine Corona-Impfung betraf. Das empfand Heidel als eklatanten Vertrauensbruch. Daraufhin verweigerte er sowohl die Unterschrift unter das Informationsblatt als auch die eigentliche Impfung. Ohne sein schriftliches Einverständnis wollten die Stabsärzte ihm auch gar keine Spritze geben.
Zu Kampfhandlungen ist die Bundeswehr bekanntermaßen nicht mehr in der Lage. Statt auf kriegerische Auseinandersetzungen gegen äußere Feinde verlegt sich die Führung der Truppe deshalb auf juristische Scharmützel gegen die eigenen Leute: Heidel wurde wegen Befehlsverweigerung angeklagt – weil er das Informationsblatt nicht unterschrieben hatte.
Der Stabsunteroffizier verlor 2022 in erster Instanz vor dem Amtsgericht Wittmund. Die Erste Kleine Strafkammer des Landesgerichts Aurich unter ihrer Vorsitzenden Richterin Bröker verwarf 2023 dann die Berufung Heidels (Az. 12 Ns 410 Js 3791/22 (107/22)). 2024 schließlich verwarf das Oberlandesgericht Oldenburg auch die Revision. Damit wurde das Urteil rechtskräftig.
Heidels Rechtsanwalt Sven Lausen hat schon mehrere Bundeswehrsoldaten in ähnlichen Fällen vertreten. Er schreibt:
„Die Impfpflichtbefehle wurden lediglich erteilt, um künstlich eine Strafbarkeit zu schaffen. Ein rechtlicher Grund dafür existierte nie.“
Hintergrund all dieser Vorgänge ist die sogenannte „Duldungspflicht“ für Soldaten gegenüber einer Corona-Impfung. Sie war am 29. November 2021 von der damaligen Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) angeordnet worden. Erst im Mai 2024 hat das Verteidigungsministerium sie wieder aufgehoben. Die soldatische Duldungspflicht für bestimmte Impfstoffe ist im Soldatengesetz (SG) geregelt (§ 17a Abs. 2 S. 1 Nr. 1).
Nach Angaben des Verteidigungsministeriums waren 72 Soldaten bis Anfang August 2024 im Zusammenhang mit der Duldung einer Corona-Impfung entlassen worden. Bis dahin seien 14 Impfschäden als Folge einer Corona-Impfung als sogenannte „Wehrdienstbeschädigung“ anerkannt worden.
Manchmal fragt man sich, warum Soldaten, die so behandelt werden, eigentlich zur Verteidigung unseres Landes ihr Leben riskieren sollen.