Tichys Einblick
Auf Kommando produzieren?

Söder und Baerbock fordern Impf-Planwirtschaft

Zwei mögliche Kanzlerkandidaten wetteifern darum, wer am lautesten nach einer Planwirtschaft ruft, die das Impfchaos beseitigen soll.

IMAGO / Sven Simon | photothek

Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock forderte auf Twitter: „Der Staat muss jetzt die Unternehmen koordinieren und alle Impf-Kräfte bündeln – notfalls auch ordnungsrechtlich.“ CSU-Chef Markus Söder, so wie Baerbock ein möglicher Kanzlerkandidat, schlägt in die gleiche Kerbe: „Deshalb sollte es eine Not-Impfstoffwirtschaft geben, in der der Staat klare Vorgaben macht“, sagte er der „Welt“. Baerbock lobt denn auch umgehend auf Twitter Söder für diese Aussage: „Gut, wenn endlich auch Teile der Union @markus soeder einsehen, dass der Markt in einer Pandemie nicht alles regelt. So wie wir im letzten Frühjahr Pandemiewirtschaft für Masken + Beatmungsgeräte vorgeschlagen haben, ist heute Notimpfstoffwirtschaft das Gebot der Stunde!“

Maybritt Illner lud vor einigen Tagen den Revolutionshelden und grünen Politiker Daniel Cohn-Bendit ein, der mit drastischen Worten forderte, der Staat müsse endlich das Kommando bei der Impfstoffproduktion übernehmen und den deutschen Chemieunternehmen Anweisungen geben, was sie produzieren sollten.

Das ist schon absurd. Der deutsche Staat hat seit einem Jahr in der Pandemie-Bekämpfung in jeder Hinsicht versagt, funktioniert hat alleine der Markt:

In den vergangenen 100 Jahren gab es mindestens 24 Experimente mit staatlicher Planwirtschaft – und sie alle sind ausnahmslos gescheitert. Aber in Deutschland dominiert mehr und mehr planwirtschaftliches Denken. Angela Merkel hat unter dem Stichwort „Energiewende“ zuerst die deutsche Energiewirtschaft in eine Planwirtschaft umgewandelt. Ergebnis: Strom ist jetzt in Deutschland so teuer wie nirgendwo sonst auf der Welt. Das soll jetzt mit dem Herzstück der deutschen Wirtschaft, der Automobilwirtschaft, wiederholt werden: Nicht mehr die Unternehmen bzw. die Konsumenten bestimmen, was produziert wird, sondern der Staat. Brüssel gibt sogenannte „Flottenziele“ vor, die faktisch zum Verbot von Verbrennungsmotoren führen. Ähnlich ist es in der Wohnungswirtschaft, in die der Staat seit Jahren zunehmend eingreift: Zuerst wurde mit der „Mietenbremse“ der Markt ausgeschaltet.

In Berlin geht man sogar noch weiter und zwingt mit dem „Mietendeckel“ die Vermieter, die in bestehenden Verträgen vereinbarten Mieten zu senken. Jetzt wird für ganz Deutschland ein „Umwandlungsverbot“ erlassen, nach dem Häuser nicht mehr in Eigentumswohnungen umgewandelt werden dürfen und somit der Erwerb von Eigentumswohnungen zum Privileg für sehr gut verdienende Personen wird, die sich Neubau-Wohnungen leisten können.

In Deutschland zeigt sich sehr deutlich, was auch in vielen anderen Ländern zutrifft: Der Staat ist dort schwach, wo er stark sein sollte, also beispielsweise im Bereich der inneren und äußeren Sicherheit oder bei der Prävention und Bekämpfung einer Pandemie. In Deutschland ist die Infrastruktur in einem katastrophalen Zustand, bei der Bundeswehr gibt es mehr Waffensysteme die defekt sind als solche, die funktionieren und im Digitalisierungs-Ranking liegt Deutschland hinter Mexiko, Brasilien und Südafrika. Gleichzeitig ist der Staat dort viel zu stark, wo er schwach sein sollte, vor allem im Bereich der Wirtschaft. Und nun reden zwei potenzielle Kanzlerkandidaten, Markus Söder und Annalena Baerbock noch mehr Planwirtschaft das Wort.


Rainer Zitelmann ist Autor des Buches „Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung“, das die Überlegenheit der Marktwirtschaft gegenüber der Planwirtschaft belegt. 

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