In der Union rumort es: Wie das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ unter Berufung auf CDU/CSU-Kreise berichtet, soll es in der Parteienfamilie Bestrebungen geben, eine Jamaika-Koalition unter einem Unionskanzler voranzutreiben. Doch dieser Unionskanzler soll nicht Laschet sein: Stattdessen soll Söder gedrängt werden, das Zepter an sich zu reißen, und sich im Zweifel für die Wahl zum Bundeskanzler aufstellen zu lassen. Söder, der stets beliebter als Kanzlerkandidat Laschet war, hatte sich in der parteiinternen Auseinandersetzung am Ende nicht gegen den CDU-Parteiapparat durchsetzen können.
Söder hatte gegenüber Laschet immer die besseren Beliebtheitswerte: Doch auch er hat die Wahl verloren und mit 31,7 Prozent der Zweitstimmen in Bayern das schlechteste CSU-Bundesergebnis aller Zeiten eingefahren. Auch wenn Kandidat Laschet daran sicherlich seinen Anteil hatte: Söders One-Man-Show in Bayern kam wohl auch nicht gut an. Der Ministerpräsident und seine CSU-Lakaien stichelten immer wieder gegen den Unionskandidaten Laschet – bis die CSU aufhörte, gegen ihren eigenen Kanzlerkandidaten Wahlkampf zu machen, vergingen Wochen. Wochen, in denen sich wohlmöglich viele Wähler genervt von den Schwarzen abwendeten. Doch jetzt soll der ungeliebte Kanzlerkandidat als Sündenbock vom Hof gejagt werden – als Bauernopfer, das von den wahren Problemen der Union ablenkt. Denn der Kern des Problems der schlechten Werte von CDU und CSU war nie Laschet.
Doch Brinkhaus, Söder und Spahn sind alles andere als neu oder unverbraucht. Im Gegenteil – sie sind die führenden Köpfe der Unionspolitik der letzten 16 Monate. Als Gesundheitsminister hatte Spahn federführenden Anteil an der desaströsen Coronapolitik – einer Coronapolitik, die von Markus Söder als oberstem Lockdown-Paladin mitgetragen und von Brinkhaus in polemischster Art und Weise im Bundestag verteidigt wurde. Erneuerung ist das nicht – eher die altbekannte Truppe, die nach den letzten verbleibenden Pfründen greift. Die Hoffnung auf nochmal vier Jahre Ministerämter und Dienstwagen stirbt eben zuletzt. Sollte zu diesem Zwecke am Ende doch noch Söder als Ritter in aufpolierten Rüstung die Union von einem schlechten Wahlergebnis in eine Regierung retten, wäre das zwar demokratiepolitisch wenig schön. Aber wie schon die Berufung von Urusla von der Leyen zur Kommissionspräsidentin zeigte: Wenn es um Macht geht, war halt alles andere nur PR und Propaganda.