Fakt ist: Die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt hat ihren Mann als Unternehmer viermal auf dienstliche Reisen mitgenommen – und sich vor Ort Zimmer mit ihm geteilt. Es ging an die Copacabana, nach Indien, Ruanda, und in die Stadt der Liebe, Paris. Mit rund 14.000 Euro hat der Staat die Reise von Schmitts Zimmerpartner finanziert. Angesichts der unbegrenzten Verschuldung des Staates mag diese Summe unbedeutend sein.
Andererseits betrug der Umsatz von Schmitts Mann auch nur 15.000 Euro, wie die Rheinpfalz berichtet. Dabei machte er Verluste. Ein derart unbedeutendes Unternehmen hat innerhalb von nur einem halben Jahr einen Kredit zu marktunüblichen Konditionen erhalten. Von der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB). Ein Platz, an dem auch schon mal ausgemusterte Pressesprecher der Landesregierung landen. Ein Unternehmen, in dem Daniela Schmitt seinerzeit den stellvertretenden Vorsitz im Verwaltungsrat innehatte. Als Unternehmer mag ihr Mann nicht so erfolgreich sein – aber im Antragstellen an sie ist er nur schwer schlagbar.
Den eigenen Mann auf Dienstreisen mitnehmen und den Steuerzahler mit dafür aufkommen lassen? Dem Mann einen günstigen Kredit zukommen lassen über eine staatliche Bank, die sie selbst mit führt? Ja, Daniela Schmitt sieht auch einen Skandal darin. Also nicht, dass sie es getan hat. Das ist für die FDP-Politikerin völlig in Ordnung. Dass dies bekannt wird, sei eine Verschwörung von innerparteilichen Gegnern, die sie loswerden wollten, weil sie am 5. April Vorsitzende der Landespartei werden will. Ein Amt, das ihr vorläufig zugefallen ist, weil der Inhaber Volker Wissing aus der Partei ausgetreten ist. Und ebenfalls ein Amt, für das es bis zum Wochenende noch keinen Gegenkandidaten gab.
Immerhin. Es finden sich noch Zeitzeugen, die viel von Daniela Schmitt halten. Da ist etwa Daniela Schmitt selbst. Sie sagt von sich in der Rheinpfalz: „Das greift mich in meinem Wertekompass an. Als frühere Bankerin und als Ministerin gehe ich diese Fragen mit maximaler Transparenz und mit der Einhaltung von Compliance-Regeln an.“ Schöne Worte. Große Worte. Es ist jedem Menschen zu wünschen, dass er einmal in seinem Leben so geschätzt wird, wie Daniela Schmitt von sich selbst.
Nur: Was ist denn dran an der „maximalen Transparenz“? 15.000 Euro hat das Unternehmen ihres Mannes laut Rheinpfalz umgesetzt. Wie viel Geld hat denn die staatliche Bank diesem Marktgiganten zukommen lassen? Wir wissen es nicht. Schmitt spricht sich selbst zwar „maximale Transparenz“ zu. Aber das muss ja noch lange nicht bedeuten, dass sie solch belanglose Details auch noch benennt. Im Übrigen habe sie ja in der Bank bekannt gemacht, dass es da einen gewissen Gewissenskonflikt gibt. Nur dumm, dass davon keine Akte existiert, nicht einmal eine winzige Gesprächsnotiz. Da muss die Nadel von Daniela Schmitts Wertekompass wohl gerade ins Nirgendwo gezeigt haben.
Und was ist mit den Compliance-Regeln, die Daniela Schmitt einhält? Wie Daniela Schmitt sagt. Die Nachrichtenagentur DPA hat Auszüge eines Protokolls von der Sitzung veröffentlicht, in der die staatliche Bank dem 15.000-Euro-Konzern einen Vorzugskredit zukommen ließ. Demnach habe sich Schmitt in der Sitzung enthalten. Nur: Eigentlich ist es üblich, den Raum zu verlassen, wenn ein derart offensichtlicher Interessenkonflikt vorliegt. Schon die Information über das Abstimmungsverhalten der anderen kann ein Vorteil sein. Die Präsenz der Politikerin und stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsrates könnte die anderen in der Stimmabgabe beeinflussen.
Damals war Daniela Schmitt Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium. Volker Wissing war dessen Minister. Dem Rechtsanwalt werden weniger Stärken im Sozialen nachgesagt, dafür mehr im Mathematischen. Er gilt als penibel. Mitunter zu penibel. Seine Partei hat er im November verlassen, weil er sich der Aufgabe des Bundesverkehrsministers verpflichtet sah und diese nicht im Stich lassen wollte. Schmitt sagt, sie habe Wissing über diesen Kredit vorab informiert. Der hat dem widersprochen. Öffentlich. Mehrfach.
Warum Wissing seinen ehemaligen Günstling de facto öffentlich der Lüge bezichtigt? Dazu schweigt die „maximale Transparenz“. Vielleicht will auch Wissing zurück in das Amt, das er im November aufgegeben hat. In der Partei, die er im November verlassen hat? Klingt konstruiert, würde nie ein Journalist übernehmen? Nun ja. Abwarten: Schmitt hat ihren Mann nachweislich auf Dienstreisen mitgenommen und sich mit ihm Zimmer geteilt. Die staatliche Bank, in der Schmitt Verantwortung trug, hat dessen Winz-Unternehmen einen begehrten Kredit zukommen lassen. Fakt.
Die Theorie ist: Das alles sei nur eine Verschwörung von Schmitts innerparteilicher Opposition. Die rheinland-pfälzische Landespresse entscheidet sich, die Theorie zu übernehmen. Denn die kommt von der Regierung. „Landes-FDP auf Kamikaze-Kurs“, titelt die Rheinpfalz über einem Kommentar zu dem Thema. Für die Landespresse ist nicht die Skandalministerin das Problem, sondern die Berichterstattung über sie, sowie deren vermeintliche Informanten.
Wenn ein Regierungspolitiker in Rheinland-Pfalz damit angeben würde, er könne das Rote Meer teilen, würden die rheinland-pfälzischen Medien lediglich nachfragen, ob sie das in einem Livestream zeigen dürfen. Und die Journalisten wären die Ersten, die ins Wasser sprängen. Lieber würden rheinland-pfälzische Medienschaffende elendig in den Fluten ersaufen, als schreiben zu müssen, dass einer ihrer Regierungspolitiker Unhaltbares getan hat und jetzt versucht, sich wieder raus zu quatschen. In einem solchen Bundesland kann sich dann auch eine Skandalministerin wie Daniela Schmitt halten.