Seit einem Jahr sind die Tanzclubs nun schon zu. Auch Bars, Restaurants und Cafés sind seit Ewigkeiten im Lockdown. Seit Beginn der Corona-Krise will uns die Regierung schlicht verbieten, neue Bekanntschaften zu machen. Wer während Corona Single ist, muss da wahrlich kreativ, ja geradezu zum Dissidenten werden. Schließlich ist man laut Michael Müller schon Mörder, wenn man zum Weihnachts-Shoppen geht. Nicht auszumalen, was er von Leuten hält, die sich ganz absichtlich treffen, um infektiösen Speichel auszutauschen!
Das Kennenlernen in der Realität ist da besser. Aber wo soll man sich noch kennenlernen, wenn sich unsere selbsternannten Erzieher Mutti Merkel und Papi Söder mit Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen alle Mühe geben, uns Hausarrest zu verdonnern? Nun, ein paar Möglichkeiten gibt es da ja schon noch: auf der Straße, beim Einkaufen, an der Tankstelle, beim Spazieren in Parks, in der Schlange bei Take-away-Ständen, in der Buchhandlung, am Flughafen, in Bus und Bahn, im Warteraum beim Arzt oder beim Bürgeramt, bei Gottesdiensten, beim Bäcker, in der Drogerie … Mit etwas Glück zieht auch ein neuer Nachbar ins Haus oder man lernt, wenn man auf sowas steht, jemanden auf einer Demo kennen.
„Na, also“, denkt jetzt wahrscheinlich der ein oder andere TE-Leser Ü60, „hab dich nicht so, Kleene. Gibt doch noch genug Orte“. Na, ham se ja recht. Aber ich glaube wir jungen Leute sind einfach nicht besonders geübt im Flirten bei Tageslicht. Ist mir jedenfalls bisher noch nicht so oft passiert, dass ich von einem Mann, der nicht Türke oder Araber war, an der Tankstelle angemacht wurde. Und wenn doch, fand ich’s ganz schön schwierig ihn mir ohne FFP2-Maske vorzustellen. Außerdem: lächeln Sie mal mit einem chirurgischen Mundschutz – ist alles tricky.
Ja, ich weiß schon, was jetzt wieder kommt. Ich sollte lieber mal wieder ein dickes Buch lesen, mich meinem Studium widmen, eine politische Partei gründen … Ja, und danach? Ich weiß ja nicht, wofür Sie so arbeiten, aber ich ackere mich seit Jahren in einem Medizinstudium ab und arbeite nebenbei, damit ich heute und in Zukunft ein schönes Leben haben kann. Und dazu gehört auch ausgehen, Freunde treffen, in den Urlaub fahren – eben all das, was einem jetzt seit einem Jahr systematisch mies gemacht wird.
Die Edeka-Kunden, die sich in der Presse als Single-Shopper „geoutet“ und fotografieren lassen haben, sahen jedenfalls alle recht vergnügt aus. Tina und Mona sind im Studentenalter und haben sich frisiert und geschminkt. Leider verdecken ihre riesigen FFP2-Masken den Großteil ihres Gesichts – aber das muss man vielleicht wie eine Art Maskenball sehen. Daniel Cronau, Mitarbeiter bei Edeka und selbst Single-Shopper, guckt neugierig in die Kamera. Er wird nun bestimmt keine Corona-Depressionen mehr haben, wenn jeden Freitagabend die Bude voller junger Frauen ist.
Derweil in Berlin hat mich ein junger Mann zugeparkt – als ich ihn verärgert anspreche, lässt er sich grinsend alle Zeit der Welt, um zum Wagen zurück zu gehen. Es gibt sie noch, die Kreativen … Denn Gefühle, Frau Merkel, können Sie uns nicht verbieten!