Tichys Einblick
Ausschreitungen vorprogrammiert

Nur noch zwei Wochen … dann stehen die Silvester-Krawalle vor der Tür

Spätestens am Neujahrsabend werden auf den Fernsehschirmen Bilder von vermummten Jugendlichen und jungen, johlenden Männern, die mit Flaschen, Steinen und Feuerwerkskörpern Polizisten und Feuerwehrleute attackieren, von brennenden Barrikaden, Mülltonnen und Autos zu sehen sein.

IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) befürchtet, dass sich die Silvesterkrawalle des vergangenen Jahres wiederholen – und diesmal durch den Nahostkonflikt und propalästinen­sische Demonstrationen zusätzlich angeheizt werden. „Ich habe die Sorge, dass Silvester wieder ein Tag sein könnte, an dem wir in manchen Städten blinde Wut und sinnlose Gewalt zum Beispiel gegen Polizisten oder Rettungskräfte erleben müssen“, sagte sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) kurz vor Weihnachten.

Die Silvester-Krawalle 2023 in Berlin und anderen Großstädten mit Hunderten von verletzten Polizisten, Feuerwehrleuten und Rettungshelfern kamen teilweise überraschend: kaum jemand hatte mit solch heftigen Gewaltausbrüchen gerechnet, für die vor allem junge Männer mit Migrationshintergrund verantwortlich waren.

Diesmal gibt es zahlreiche Warnungen – und Sicherheitsexperten und Polizeigewerkschaften fürchten, dass Silvester 2024 noch schlimmer werden wird als der Jahreswechsel im Vorjahr. Denn weder gibt es Böllerverbote, wie sie die Polizei massiv gefordert hat, noch erkennbar andere Maßnahmen, um erneut blutige Ausschreitungen zu verhindern.

Framing
Der oberste Sendeauftrag: Realitätsverdrängung
Man muss wirklich kein Prophet sein, um für den 31. Dezember Krawalle und Blutvergießen in deutschen Großstädten vorauszusagen. Spätestens am Neujahrsabend werden auf den Fernsehschirmen die Bilder von vermummten Jugendlichen und jungen, johlenden Männern, die mit Flaschen, Steinen und Feuerwerkskörpern Polizisten und Feuerwehrleute attackieren, von brennenden Barrikaden, Mülltonnen und Autos zu sehen sein. Erschrocken wird die Öffentlichkeit auf die vermutlich erneut hohe Zahl von verletzten Beamten und Rettungskräften reagieren; die ersten Politiker und Kommentatoren werden fragen, ob die Sicherheitskräfte nicht unangemessen gehandelt und „überreagiert“ hätten, und warum die Polizei denn keinen angemessenen Plan zur Begrenzung der Gewaltausbrüche gehabt habe.
Vandalismus und Gewalt an Schulen sind böse Omen

Experten fürchten, dass die Gewalt-Exzesse heuer noch stärker ausfallen werden. Die heftigen, pro-palästinensischen Proteste der vergangenen Wochen sind ebenso ein böses Omen wie die in diesem Jahr erneute Zunahme von Vandalismus gegen öffentliche Einrichtungen wie Bushaltestellen, Fahrkartenautomaten oder Hinweistafeln, aber auch KZ-Gedenkstätten, jüdische Einrichtungen und Kirchen. Zahlreiche Berichte von Kommunen und der Polizei zeigen, dass es offensichtlich immer mehr Bereitschaft zu Gewalt und Zerstörung gibt.

Ganz besonders gefährlich scheint die ständige Zunahme von Gewalt an Schulen besonders in sozialen Brennpunkten, was heute meist gleichbedeutend mit einem hohen Migrationsanteil einhergeht. In einer Berliner Schule wurden am Montag bei einer Massenschlägerei 49 Lehrer, Schüler und Familienangehörige der Schüler verletzt, die Polizei musste schließlich Tränengas einsetzen.

Begonnen hatte es mit dem Streit zwischen einer Handvoll 15-Jähriger um einen Fußball. Selbstverständlich erwähnte kaum einer der Berichte in den Medien, dass bei diesen und den vielen ähnlichen Vorfällen in erster Linie Teenager mit Migrationshintergrund beteiligt waren.

Ganz besonders diese Jugendlichen machen den Verantwortlichen in den Sicherheitseinrichtungen und Innenministerien am meisten Sorgen: minderjährige Gewalttäter, bei denen es zu ihrem männlichen Selbstverständnis und ihrem Macho-Gehabe gehört, Dispute mit Stärke und sehr schnell auch mit Messern und anderen Waffen auszutragen.

Auch Wiederholungstäter werden milde bestraft

Die Silvesternacht mit vielen großen Festen (in Berlin werden am Brandenburger Tor Zehntausende erwartet) und dem allgemeinen Rummel und Feuerwerken auf den Straßen erscheint vielen wohl als eine perfekte Bühne für spektakuläre Action und gefährliche Mutproben zu sein.

Berliner Silvesternacht
Spahn macht „kulturell-religiöse“ Gründe für Silvester-Krawalle verantwortlich
„Das Schlimmste ist vielleicht, dass sich die Täter ziemlich sicher sein können, letztendlich vor Gericht kaum spürbare oder gar wirklich harte Strafen zu bekommen“, klagte der Sicherheitsexperte der Polizeigewerkschaft DPolG, Kristian Beara. Besonders frustrierend sei es, dass Richter sogar Wiederholungstäter kaum bestrafen würden. Das sei wohl auch der Grund, warum nach den üblen Krawallen 2022/23, so gut wie keine Urteile gegen Übeltäter veröffentlicht wurden.

Leider habe die deutsche Justiz grundsätzlich bei Gewalttaten offensichtlich viel zu wenig Mitgefühl mit den Opfern, bringe aber viel Nachsicht für die Täter auf, meinte Beara, aktives Mitglied in der Kölner CDU. Vermutlich sei die innere Einstellung der meisten Richter und Staatsanwälte noch immer geprägt von der fragwürdigen Geisteshaltung der Achtundsechziger-Generation.

Ausschreitungen vorprogrammiert

Vor diesem Hintergrund versucht sich die Polizei in den deutschen Großstädten vor der absehbar herausfordernden Silvesternacht zu wappnen. Tausende von Beamten und Dutzende von Polizeipräsidien wissen schon jetzt, dass alle gut gemeinten „De-Eskalations-Strategien“ genauso wenig nützen werden wie bei all den anderen 1.-Mai-, Halloween- oder Silvesterunruhen in der Vergangenheit.

„Die Polizei ist besser vorbereitet als früher, aber ich fürchte, es wird nur sehr begrenzt helfen“, meinte Polizeigewerkschafter Beara. Mit einer sehr genauen Beobachtung sozialer Plattformen wie Instagram und TikTok sollen früh Informationen über Verabredungen und Pläne zu „flash mobs“ (überraschender Menschenauflauf) aufgedeckt werden.

Mehr Video-Überwachung an heiklen Orten und ausgefeilte Einsatzpläne sollen die Sicherheit der Beamten und Rettungskräfte verbessern, den Frieden auf den Straßen gewährleisten. In der Polizei gibt es aber auch Enttäuschung über den Mangel an mehr Prävention und die Weigerung der Politik für ein konsequentes Sicherheitskonzept – das auf dem Prinzip der „Zero Tolerance“ (Eingreifen schon bei den kleinsten Vergehen) und dem Verbot von Böllern beruhen müsste.

Polizeigewerkschaft enttäuscht

„Kein Böllerverbot und wenig Konkretes für Silvester. Hier haben wir mehr von unseren … Innenministern erwartet“, betonte auch der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, in sehr diplomatischen Worten am Montag nach der Sitzung der Innenministerkonferenz. Böllerverbote wie beispielsweise im Zentrum von Hamburg gibt es in Deutschland eher wenig.

Insbesondere in Berlin befürchten die Behörden wieder massive Ausschreitungen. Der neue, CDU-geführte Senat und die Polizei der Hauptstadt beschlossen ein „Bündel aus Prävention und Repression“, um Ausschreitungen wie vor einem Jahr zu verhindern.

aus linguistischer Sicht
Silvester-Krawalle in Berlin: Die Botschaft der Vornamen
„Auch in der Silvesternacht werden wie an allen anderen Tagen im Jahr Recht und Gesetz auf Berliner Straßen gelten“, betonte Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) nach dem dritten „Gipfel gegen Jugendgewalt“ im Oktober. Szenen wie zu Silvester 2022/2023 dürften sich nicht wiederholen.

In Berlin sollen auch Präventionsmaßnahmen wie geöffnete Einrichtungen für Jugendliche zu Silvester und der Einsatz von mehr Personal, um jungen Leuten Angebote für die Nacht zu schaffen, damit sie „nicht falsch abbiegen in der Silvesternacht“, so Wegner. Polizeipräsidentin Barbara Slowik kündigte eine Verstärkung der Einsatzkräfte an, zudem werde die Polizei im Vorfeld sowohl mit bekanntermaßen gewaltbereiten Jugendlichen als auch mit Sozialarbeitern, Lehrern, Eltern und Imamen sprechen.

„Böllerverbot unrealistisch“

Ein flächendeckendes Böllerverbot werde es in Berlin nicht geben, das wäre nach Ansicht von Senat und Polizei „unrealistisch“ und „einfach nicht durchsetzbar“. Zudem dürfe man nicht wegen einiger Straftäter der Allgemeinheit das Silvester-Vergnügen verbieten. Ähnlich sehen das viele andere Großstädte auch.

Einen besonderen Polizeischutz sollen in Berlin nach den schockierenden Angriffen auf Feuerwehrleute und Sanitäter die Einsatzwagen von Feuerwehr und Rettungsdiensten bekommen. Zudem sei eine enge Abstimmung zwischen Polizei, Feuerwehr und anderen Diensten beschlossen.

Die deutsche Feuerwehrgewerkschaft (DFeuG) bemängelt, dass die Einsatzkräfte zu wenig auf neue Gefahren geschult werden. Feuerwehrleute müssten darauf vorbereitet werden, wie sie aus „Hinterhalten“ herauskämen und wie sie sich „bei Beschuss und Angriffen auf das Einsatzfahrzeug und die Besatzung“ verhalten sollten, so Manuel Barth, DFeuG-Sprecher.

Bereitschaftsgericht soll schnell abstrafen

Berlins Regierender Bürgermeister verwies auf die Bedeutung einer schnellen Ermittlung und Bestrafung von Straftätern. Deshalb werde es zusätzliche Staatsanwälte geben und ein Bereitschaftsgericht vor Ort, so der Bürgermeister. Auch bei der Polizei besteht Skepsis, ob solche Maßnahmen schon jetzt abschreckend sein können – und ob es wirklich spürbare Strafen gibt, die zumindest langfristig eine Wirkung haben.

Statistische oder politische Wehen?
Schon wieder andere Zahlen zu Berliner Silvester-Unruhen
Es gibt in den großen Städten und Innenministerien kaum jemanden, der an friedliche Silvesterfeiern glaubt. Überall dominiert das Prinzip Hoffnung und das Vertrauen in die Sicherheitskräfte. Dabei hat es die Polizei in diesem Land schon seit langem sehr schwer.

Umfragen belegen zwar seit vielen Jahren, dass noch immer eine überwältigende Mehrheit der Bundesbürger den Polizeikräften vertraut, auch wenn dieses Vertrauen seit der Corona-Pandemie mit seinen teilweise brutalen Eingriffen in das Leben der Bürger spürbar gelitten hat. Linke und grüne Organisationen und Parteien machen allerdings die Polizei bei Ausschreitungen oft genug zum eigentlichen Sündenbock.

Wenig Vertrauen in der Polizei zu Nancy Faeser

Zudem trägt Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) mit polizeikritischen Äußerungen immer wieder zu Irritationen bei. Viele Beamte waren auch empört, als Faeser Anfang Juli beim Christopher Street Day der LGBTQ+-Community in Frankfurt mit ausgewiesenen Polizei-Hassern mitmarschierte. Teilnehmer des bunten Festzugs forderten in Sprechchören und auf Plakaten die Abschaffung der Polizei und attackierten sogar ein Einsatzfahrzeug, während die oberste Dienstherrin der Beamten fröhlich mitdemonstrierte.

Die Aktion bewirke den völligen Vertrauensverlust in die Ministerin, kritisierte der Vorsitzende der DPoIG, Heiko Teggatz. Er verwies auf die „verbale Entgleisung“ von Vizekanzler Robert Habeck (Grüne), der im Juni die Polizei als „Rollkommandos“ diffamiert hatte. „Diese Politik ist geprägt von Misstrauen und Verachtung“ gegenüber der Polizei, so Teggatz.

Zahnlose Justiz und ängstliche Polizei

Nicht zuletzt auch die Angst vor Kritik aus der Politik ist eine Ursache für die bemüht defensive, zurückhaltende Taktik der Polizei bei Protesten und Unruhen. Jedes Jahr lässt sich das bei den jährlichen, 1.-Mai-Ausschreitungen in zahlreichen deutschen Städten beobachten – für die allerdings vor allem linksradikale und anarchistische Gruppierungen verantwortlich waren, und nicht – wie an Silvester – Jugendliche und junge Männer mit Migrationshintergrund.

Jedes Jahr aufs Neue toben sich rund um den 1. Mai – angekündigt und erwartet – Chaoten aggressiv und gewalttätig aus, werden immer wieder viele Personen verletzt, gibt es einen erheblichen Sachschaden. Aber in Deutschland – wie in manch anderen westlichen Staaten, siehe Schweden, – lachen viele über eine zahnlose Justiz und eine ängstliche Polizei. Vor allem Angehörige fremder Kulturkreise und damit oft die Lieblinge linker und grüner Politiker neigen zu einer Verachtung der Staatsorgane. Was nun vermutlich wieder am Silvestertag zu besichtigen wäre.

Anzeige
Die mobile Version verlassen