Mehr als hundert Fragen hat die CDU/CSU-Fraktion des Deutschen Bundestages am 20. Dezember 2023 zur Umsetzung des geplanten Selbstbestimmungsgesetzes (SBGG) im Rahmen einer „Kleinen Anfrage“ an die Bundesregierung gestellt. Durchnumeriert sind es 92 Fragen, dazu kommen 13 Unterfragen (siehe hier).
„Endlich“, könnte man sagen, ist die Union aufgewacht und zerpflückt dieses „Ampel“-Projekt als das, was es ist: ein hochideologisches Projekt, ein Zuckerl für bestimmte Lobbys, gesetzgeberischer Pfusch, in den rechtlichen Konsequenzen und vor allem in den individuellen Folgeschäden nicht einmal angedacht, geschweige denn durchdacht. Lange hat die CDU/CSU-Fraktion gebraucht, um sich diesen Gesetzentwurf dezidiert zur Brust zu nehmen. Noch am 28. November hatte die CDU/CSU-Fraktion zu einem „Ampel“-(Schein-)Hearing zwar drei renommierte Fachleute aufgeboten, bei der Besetzung dieser Posten aber auch erst einmal peinlich herumgeeiert.
Jedenfalls will die „Ampel“ dieses Prestigeprojekt durchziehen. Federführend sind das SPD-geführte Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und das FDP-geführte Bundesministerium der Justiz (BMJ). Das Gesetz soll am 1. November 2024 in Kraft treten. Und darum geht es: Das „Selbstbestimmungsgesetz“ (SBGG) soll das seit 1980 geltende Transsexuellengesetz (TSG) ersetzen. Trans- und intergeschlechtlichen Menschen soll die Änderung von Namens- und Geschlechtseintrag erleichtert werden, und zwar so, dass es keiner professionellen Begutachtung mehr bedarf – ohne jede Prüfung der Ernsthaftigkeit und Beständigkeit des Wunsches und ohne eine obligate professionelle Beratung.
Statt wie bisher zwei psychiatrischer Gutachten sowie einem Gerichtsbeschluss soll mit dem SBGG – quasi auf Zuruf – nur noch eine einfache Erklärung beim Standesamt notwendig sein. Für Minderjährige bis 14 Jahre sollen die Sorgeberechtigten die Änderungserklärung gegenüber dem Standesamt abgeben können. Minderjährige ab 14 Jahren sollen die notwendige Erklärung selbst abgeben dürfen; die Erklärung bedarf der Zustimmung der Sorgeberechtigten. Stimmen diese nicht zu, kann die Zustimmung vom Familiengericht ersetzt werden; und zwar dann, wenn die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen dem Kindeswohl nicht widerspricht.
Peinlich und zugleich interessant ist, dass die „Ampel“ im Vorspann zum SBGG-Entwurf auch noch – pi-mal-Daumen – von Einsparungen schwadroniert. Wörtlich: „Da zukünftig bei Abweichen der Geschlechtsidentität vom Geschlechtseintrag keine zwei Gutachten mehr für die Änderung des Geschlechtseintrags erforderlich sein werden, entfallen jährlich 3 736 000 Euro an Verfahrenskosten und jährlich 21 600 Stunden Zeitaufwand für die betroffenen Personen … Bei den Ländern werden durch den Wegfall der gerichtlichen Verfahren Kosten in Höhe von gerundet 185 000 Euro eingespart …Durch die Neuregelungen werden Kosten im richterlichen Bereich von jährlich gerundet 500 000 Euro eingespart.“ Peinlich inkonsequent übrigens auch, dass der Entwurf an vielen Stellen, insbesondere im Rechtsverkehr, selbst weiterhin auf das biologische Geschlecht abhebt und nicht auf die „Geschlechtsidentität“.
CDU/CDU-Fraktion bohrt hinein
Zur CDU/CSU-Fraktion: Sie will mit ihren mehr als hundert Fragen einiges wissen – wir fassen zusammen:
- Mit welcher Tragweite des SBGG rechnet die Bundesregierung?
- Wird es eine staatlich kontrollierte Beratung und Aufklärung durch wen geben? Wer haftet für eine Falschberatung? Welche Kosten übernehmen die Krankenkassen? Wie steht es um die Bereitschaft von Ärzten zur Aufklärung und Behandlung?
- Wie sollen Schulen und Sportvereine eine Leistungsdifferenzierung im Fach Sport vornehmen, etwa bei der Benotung von Leistungen oder vor Wettkämpfen?
- Was bedeutet das SBGG bei Einstellungstests, darunter Sporttests, bei der Bundes- und der jeweiligen Landespolizei? Müssen vor der Einstellung von „Transpersonen“ frühere Vornamen angegeben werden?
- Wie schaut es bei der Bundeswehr aus? Zum Beispiel mit der Pflicht zur Gemeinschaftsunterkunft? Wie schaut es bei Auslandseinsätzen aus? Soll die Wehrplicht im Spannungs- und Verteidigungsfall ausschließlich biologisch definierte Männer betreffen? Wäre mit einer erheblichen Anzahl an missbräuchlichen Änderungen des Geschlechtseintrags im Spannungs- und Verteidigungsfall zu rechnen?
- Woran erkennen Eltern eines 8-jährigen Kindes eine andere Geschlechtsidentität als das Geburtsgeschlecht, das bei der Geburt dokumentiert wurde?
- Kann der Entzug des Sorgerechts angemessen sein, wenn ein Elternteil der Änderung des Geschlechtseintrags eines Kindes nicht zustimmt? Gibt es Fälle, in welchem dem Elternteil die Sorge ganz oder teilweise allein übertragen wird, der sich kritisch zur Änderung des Geschlechtseintrags äußert oder gilt dies nur für den befürwortenden Elternteil?
- Werden Schutzmaßnahmen geplant, um die Selbstmedikation mit Pubertätsblockern/ gegengeschlechtlichen Hormonen von Jugendlichen oder jungen Erwachsenen bzw. die Online-Rezept-Praxis bei Genderdysphorie/Genderinkongruenz einzudämmen?
- Was an „Transition“ wird ggf. an das Ausländerzentralregister übermittelt? Werden bei Trans-Personen mit einem ausländischen Pass fortan „hinkende Identitäten“ entstehen? Bestehen sicherheitsrechtliche Bedenken, wenn hinkende Identitäten gegenüber einem Standesbeamten, der eine Erklärung nicht ablehnen darf, entstehen können und Personen fortan einen anderen heimatstaatlichen Pass führen, der eine andere Identität ausweist als die, die ein deutscher Personenstandseintrag vorsieht?
- Wie geht die Bundesregierung mit den „erheblichen rechtlichen Bedenken“ des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit um?
- Was ist nach Auffassung der Bundesregierung Ziel der geplanten Evaluation? Plant die Bundesregierung eine deutschlandweite statistische Erfassung von Jugendlichen/jungen Erwachsenen, die von Genderdysphorie/Genderinkongruenz betroffen sind? Hat die Bundesregierung Forschungsprojekte veranlasst, um die Ursachen des deutlichen Anstiegs der Zahl der Behandlungs- und Beratungssuchenden zu klären?
- Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass Artikel 3 Absatz 2 GG biologische Männer und Frauen meint und falls nein, warum nicht?
(Am Rande: Selbst führende CDU-Leute wie Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner wollen mittlerweile ja den Artikel 3 des GG umformulieren. Wegner sagte am 22. Juli 2023 beim Berliner Christopher Street Day: „Meine feste Zusage für diesen Berliner Senat ist: Wir wollen den Artikel 3 des Grundgesetzes ändern. Da muss die sexuelle Identität mit rein.“ „Das ist mein Versprechen … Wir werden das gemeinsam mit euch auch hinbekommen.“)
Bei anderen verkorksten Gesetzesvorhaben würde man vielleicht verständnisvoll sagen: Der Teufel steckt eben im Detail. Damit kann man es bei SBGG nicht bewenden lassen. Denn dieser SBGG-Entwurf ist Ergebnis einer dekonstruktivistischen Ideologie, die Menschen, zumal Heranwachsende, in einem Maße verunsichern und indoktrinieren will, bis sie sich „selbst“ so konstruieren, wie es der links-grün-(liberal?)-queer-woken Ideologie entspricht.