Jens Gnisa, Direktor des Bielefelder Amtsgerichts und Vorsitzender des Deutschen Richterbundes zur „Rettung Schiffbrüchiger“ im Mittelmeer: „Ich halte es bereits für unangemessen die Flüchtlinge, die mit Booten nach Europa übersetzen wollen, mit Schiffbrüchigen zu vergleichen. Ein Schiffbruch ist ein Unglücksfall. Diejenigen, die in Nordafrika übersetzen wollen, … setzen unter Inkaufnahme ihrer Notlage auf See über, um sich ein illegales Einwanderungsrecht nach Europa zu verschaffen.“ (Westfalen-Blatt 23.08. 2018)
Die „Seenotrettung” spaltet Europa, weil sich die EU einer permanenten, leicht zu durchschauenden moralischen Erpressung ausgesetzt sieht, die von Schleuserbanden inszeniert wird. Vorgeplante Rettung aus Seenot wird zur Eintrittskarte nach Europa. Liberale Länder erfahren einen Rechtsruck und unsere Politiker und Chefchristen, wie den EKD-Ratsvorsitzenden Bedford-Strohm, scheint dies nicht zu bekümmern. Im Gegenteil: sie fordern ein über unser Asylrecht hinausgehendes Asylrecht. Könnte es nicht sein, dass die massenhaften Kirchenaustritte mit einer Entfremdung der Gläubigen auch mit der Migrantenkrise zusammenhängen könnten?
Wenn Menschen, Schleppern gehorchend, ganz gezielt sich in Lebensgefahr begeben, weil Seenot zum Schlepperplan gehört und die letzte Transferetappe einleitet, indem die Migranten auf seeuntauglichen, überfüllten Booten auf dem Meer ausgesetzt werden, damit sie möglichst bald von „Rettungsschiffen” abgeholt und nach dem ersehnten Europa gebracht werden, dann kann man den Aktivismus der „Retter” wohl kaum noch als „Seenotrettung“ bezeichnen. Die Kooperation mit den Schleppern bringt deren Geschäft zum Blühen und lockt ihnen in Massen zahlende Kundschaft aus Afrika herbei.
Die „Retter“ und ihre Unterstützer sollten mehr auf die Betroffenen hören. Afrikas Bischöfe sind gegen die Auswanderung ihrer Landsleute. Sie predigen gegen ein solches „Abenteuer“ und warnen vor einem „falschen Paradies“, das ihnen versprochen wird. Sie sehen in der Auswanderung die große Gefahr, dass die afrikanischen Staaten ihr wichtigstes Kapital verlieren: ihre Jugend. Afrikas Bischöfe fordern vom Westen, wenn schon, Hilfe vor Ort, aber nicht Bevölkerungsverschiebungen. Peter Kodwo Appiah Kardinal Turkson warnt schon seit Jahren vor den negativen Folgen einer zu starken Einwanderung in Länder mit einer demographischen Abwärtsentwicklung: „Wo es mehr Gäste als Kinder gibt, kommt es immer zu starken Spannungen. Asyl kann dann gewährt werden, wenn die einheimische demographische Entwicklung gesichert ist. Wenn die Geburten zurückgehen, wird die einheimische Bevölkerung von Einwanderern in Sorge versetzt. Die Nationalismen entstehen gerade wegen der Sorge der einheimischen Bevölkerung eines Landes, durch die Einwanderung einer neuen Bevölkerung geschluckt zu werden.“ Ich rege an, auch mal den linken franko-beninischen Schriftsteller Kémi Séba (2017 Personality of the Year/Africanews) anzuhören. Er ist ein scharfer Kritiker dieser Art Seenotrettung. Im Internet kann man ein Interview auf Französisch finden.
Darüber sollten sich die Verantwortlichen, Seenotretter und ihrer Unterstützer in Politik und Kirchen Gedanken machen und auch für die Folgen einstehen. Sie sind verantwortlich für diese Migrationsphase unglücklicher Menschen auf seeuntüchtigen Booten. Und nicht nur das: dieses subversive Handeln gegen unsere Gemeinschaft wird uns alle, speziell unsere Jugend, noch teuer zu stehen kommen. Nicht zu vergessen, es kommt nicht nur in Italien und Osteuropa schlecht an, von uns Deutschen ständig Moral gepredigt zu bekommen.
Volker Seitz war von 1965 bis 2008 in verschiedenen Funktionen für das deutsche Auswärtige Amt tätig, zuletzt als Botschafter in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorialguinea mit Sitz in Jaunde. Er gehört zum Initiativ-Kreis des Bonner Aufrufs zur Reform der Entwicklungshilfe und ist Autor des Buches „Afrika wird armregiert“. Die aktualisierte und erweiterte Taschenbuchausgabe erschien im September 2018. Volker Seitz publiziert regelmäßig zum Thema Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika und hält Vorträge.