Tichys Einblick
Für Propagandazwecke:

Mit vollen Händen wird das Geld der Steuerzahler aus dem Fenster geworfen

Politische Öffentlichkeitsarbeit: ein kaum durchschaubares Gestrüpp. Wer schaut den Regierenden dabei auf die Finger? Der Bundesrechnungshof – und der Bund der Steuerzahler. Sein „Schwarzbuch“ befördert Interessantes zutage über verschwendete Steuergelder. Zugleich rotieren die Drehtüren zwischen Politik und Medien.

IMAGO - Collage: TE

Die Bundesregierung unterhält ein „Presse- und Informationsamt“ mit zuletzt jährlich 117 Millionen Euro Kosten und rund 500 Mitarbeitern. Peanuts eigentlich, denn das ist nur die Spitze eines Eisbergs an regierungsamtlicher „Informationsarbeit“. Jedes einzelne der 16 Bundesministerien („oberste Bundesbehörden“), jede einzelne nachgeordnete Ober-/Mittel-/Unter-Behörde inklusive Bundesanstalten und Bundeszentralen betreibt ihre eigene „Informationsarbeit“: vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) über das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw), das Bundeskriminalamt (BKA) bis hin zur Bundeszentrale für politische Bildung (BZpB) und zur Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) usw. Weit mehr als hundert Bundesbehörden sind es. Was die 16 deutschen Länder an „Informationsarbeit“ betrieben, lassen wir hier einmal außen vor.

Ein kaum durchschaubares Gestrüpp, aus dem heraus tagtäglich sogenannte Informationen über Informationen, Aufklärungen über Aufklärungen, Ratschläge über Ratschläge, Mahnungen über Mahnungen, ja Manipulationen über Manipulationen, Erziehungen über Erziehungen auf das Volk herunterprasseln. Manches davon wird versteckt tituliert. Zum Beispiel im 1,9-Milliarden-Etat der „Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien“ (Staatsministerin: Claudia Roth, Die Grünen), in dem unter anderem 390 Millionen Euro für die Deutsche Welle ausgewiesen sind. Denn am deutschen Ampel-Wesen soll ja …

Wie streng schaut der Bundesrechnungshof den Regierenden auf die Finger?

Wer überhaupt schaut den Regierenden und ihrer Geldverschwendung auf die Finger? Da gibt es zunächst einen Bundesrechnungshof, der als oberste, quasi „externe“ Bundesbehörde, diesem Wildwuchs Einhalt gebieten könnte/sollte/müsste. Nach Grundgesetz Art 114 (2) hat er die Aufgabe, „die Rechnung sowie die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes“ zu prüfen. Seine mehr als 1.050 Mitglieder besitzen richterliche Unabhängigkeit, der Bundesrechnungshof ist auch keinem Ministerium, sondern nur dem Gesetz unterstellt.

Haushaltsdebatte und kein Ende
Erneut ein verfassungswidriger Nachtragshaushalt, stellt der Bundesrechnungshof fest
Eigentlich! Denn über „Bemerkungen“, hier für das Jahr 2023, veröffentlicht am 7. Dezember 2023, kommt der Bundesrechnungshof nicht hinaus. Erhobene Zeigefinger sind es, mehr nicht. Die Politik kann darüber hinweggehen, und sie tut es de facto immer. Zudem ist es mit der Unabhängigkeit nicht so ganz weit her: Denn der Präsident (derzeit Kay Scheller mit CDU-Ticket) und der Vizepräsident (derzeit Christian Ahrendt mit FDP-Ticket) des Bundesrechnungshofes werden auf Vorschlag der Bundesregierung vom Deutschen Bundestag und vom Bundesrat für 12 Jahre gewählt und vom Bundespräsidenten ernannt.

Immerhin hat der Bundesrechnungshof zuletzt, aber eben „post festum“ gerügt, dass die „Corona-Krise ohne Lerneffekt“ geblieben sei, weil die Wirtschaftshilfen des Bundes ohne angemessene Beteiligung der Länder organisiert wurden. Dem Auswärtigen Amt werden „unwirtschaftliche Entscheidungen“ beim Kauf von Auslandsresidenzen vorgeworfen, die keine Einzelfälle seien. Siehe die 217 Seiten der „Bemerkungen 2023 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes“ hier und hier.

Das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler – Schwerpunkt: politische Öffentlichkeitsarbeit

Sodann haben wir das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler Deutschlands e.V. (BdSt). Dieses Schwarzbuch (196 Seiten) haben wir uns etwas genauer angeschaut, weil im Fokus der aktuellen Ausgabe von 2023/24 über 40 Seiten hinweg (Seiten 8 bis 47) – so die Kapitelüberschrift – „Die teure Öffentlichkeitsarbeit der Politik“ steht. Wir lesen dort:

„Wann wird aus Informationsvermittlung eine Publicity-Kampagne und aus Öffentlichkeitsarbeit politische Werbung? … Die Rubrik ‚Teure Öffentlichkeitsarbeit und Imagepflege‘, die unsere Analyse mit ganz unterschiedlichen Fall-Beispielen untermauert, steht für unsere sinnbildliche Kritik an der ‚Bella Figura‘-Politik … Mehr als 500 Accounts der Bundesregierung und der ihr nachgeordneten Stellen in den sozialen Medien, klassische Druckerzeugnisse wie Broschüren und Berichte aus den einzelnen Ressorts, Print-, TV-, Hörfunk-, Online- und Außenwerbung, mehr als 1.000 eigene Internet- und themenabhängige Kampagnenseiten, Erklär- und Imagefilme, Werbemittel, Veranstaltungen und sogar sogenannte Let’s plays 2 auf Streaming-Plattformen bilden den Werkzeugkasten politischer Öffentlichkeitsarbeit und sind in ihrem Umfang bereits Indikatoren für diesen riskanten Wildwuchs. So strotzt der Bundeshaushaltsplan vor Ausgabentiteln für Öffentlichkeitsarbeit – allerdings teilweise sehr versteckt … Ein Grund für diese exorbitante Aktivität ist die hybride Struktur der Öffentlichkeitsarbeit.“

Auf Seite 12 heißt es: „Es gibt 149 weitere Ausgabentitel der Regierung, aus denen auch themengebundene Maßnahmen für die Öffentlichkeitsarbeit finanziert werden. Diese sind über die gesamten Einzelpläne der Ministerien verteilt und umfassen ein Volumen von rund 211,2 Mio. Euro. Demnach belaufen sich die geplanten Ausgaben für die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung im Jahr 2023 – inklusive Öffentlichkeitsarbeit rund um die Pandemie – auf insgesamt bis zu 323,3 Mio. Euro.“

Bemerkung zu unnötigen Ausgaben
Bundesrechnungshof rügt Baerbocks Amt wegen Steuergeldverschwendung
Auf insgesamt sechs Risiken der staatlichen Öffentlichkeitsarbeit macht der BdSt – sprachlich relativ dezent – aufmerksam: „1. Werbung statt Information – 2. Unterhaltung statt Information – 3. Verkürzte Botschaften – 4. Fragwürdiger Nutzen – 5. Fehlende Transparenz – 6. Manipulation.“

Unter „Risiko 4: Fragwürdiger Nutzen“ lesen wir wörtlich: „Im Jahr 2022, inmitten der Sorge um eine sich verschärfende Energiekrise, hat die Bundesregierung die Informationskampagne ‚80 Millionen gemeinsam für Energiewechsel‘ gestartet, um den Bürgern ‚Empfehlungen zum Energiesparen und der Steigerung der Energieeffizienz‘ zu geben. Auf diesem Weg werden die Bürger etwa über die Wirkung kürzerer Duschzeiten aufgeklärt. Überraschung: Das spart Warmwasser und somit Energie. Bis Ende 2025 soll die Kampagne nach Angaben der Bundesregierung mit bis zu 83 Mio. Euro aus dem ‚Klima- und Transformationsfonds‘ finanziert werden. Im vergangenen Jahr hat sie bereits 38,3 Mio. Euro verschlungen.“

Im Schwarzbuch ist auch von einer „gewissen Tendenz zur Eitelkeit“ die Rede. Gemeint sind die 1,5 Millionen Euro (ein Plus an 80 Prozent gegenüber 2021), die vom Bund 2022 (sprich: de facto vom Steuerzahler) für Visagisten (siehe Baerbock) und Fotografen (siehe Habeck) von Ministern bzw. Ministerinnen ausgegeben wurden. Oder mit 57.000 Euro für das äußere Erscheinungsbild von Ex-Kanzlerin Merkel (CDU?). Nicht mitgerechnet sind hier die 56.000 Euro, die das Büro der Ex-Kanzlerin mit 9 Mitarbeitern (bis Besoldungsgruppe B6) monatlich (!) kostet. Noch nicht einmal aufgenommen in das „Schwarzbuch“ sind die 98.417,64 Euro, die NRW-Ministerpräsident Wüst (CDU) von Januar bis November 2023 für Fotobegleitung ausgeben ließ.

Und dann erst der polit-mediale Komplex mit seinen Drehtüren

Früher galt als Rat: „Tue Gutes und rede darüber!“ Heute scheint der Grundsatz zu gelten: „Baue Mist und decke den Mist mit Propaganda zu!“ Das entsprechend „geeignete“ Personal dafür steht bereit. So kann man nicht zu Unrecht von einem polit-medialen Komplex (Kartell?) sprechen, das beweist allein schon die Tatsache, dass sich die Drehtüren zwischen Presse und Politik gut geölt drehen: Ulrich Wilhelm war Merkels Regierungssprecher von 2005 bis 2010, dann bis 2021 Intendant des Bayerischen Rundfunks. Jetzt ist er Vorsitzender und Geschäftsführer der „Fazit-Stiftung“, der zu größten Teilen die F.A.Z. und die mit diversen Ministerien zusammenarbeitende „Fazit Communication GmbH“ gehören. Steffen Seibert vom ZDF war ab 2010 Regierungssprecher. Ulrike Demmer, früher bei ZDF, Spiegel, Focus, RND, RBB, war ab Juni 2016 Merkels stellvertretende Regierungssprecherin. Martina Fietz, vorher bei Welt, Burda, Focus, Cicero, war ab April 2018 ebenfalls Merkels stellvertretende Regierungssprecherin.

Auch die „Ampel“ hat ihre Sprecher aus der Presse rekrutiert. Regierungssprecher Steffen Hebestreit war bei der Frankfurter Rundschau und bei Dumont, Wolfgang Büchner bei dpa bzw. Spiegel und Christine Hoffmann beim Spiegel. Steinmeier hat als Sprecherin Cerstin Gammelin von der Süddeutschen Zeitung und die bisherige Anna Engelke zum NDR zurückgeschickt. Sein Redenschreiber Marc Brost war Ressortchef bei der ZEIT.

Da kann ja nichts schiefgehen, zumal die „Öffentlich-Rechtlichen“ und so manch arrivierten Presseprodukte aus Häusern in Hamburg, München oder Köln ihrer Aufgabe als „vierte Gewalt“, nämlich als Kontrollorgan, nicht gerecht werden. Das ist auch der Unterschied zum Orwellschen „Wahrheitsministerium“. Dort gibt es nur eines davon, hier mittlerweile viele: staatliche und fast-staatliche.

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