Viel Tinte wird bereits jetzt darauf verwandt, die Wortbrüchigkeit des Martin Schulz zu beschreiben. Hatte er doch nach der Wahl am 24.9.17 kategorisch seinen Eintritt in ein Kabinett Merkel ausgeschlossen. Im Wahlkampf stellte der langjährige Brüsseler Politiker Frau Merkel sogar großspurig in Aussicht, in eine von ihm geführte Regierung einzutreten. Wir werden sehen, ob es in der “ alten Tante SPD“ nur bei protestativen Zwischenrufern wie dem sächsischen Politiker Tiefensee bleiben, oder ob Schulzens Verhalten eine breitere Problematisierung erfahren wird. Die SPD ist jetzt gefragt und gefordert, denn es geht um Glaubwürdigkeit der Politik insgesamt.
Unbeobachtet von den Partei-Granden, die sich zum Vorteil Ihrer Parteien und zum Nachteil des Landes auf den Machterhalt einigten, verkündet die Gazette des Pariser Establishments, Le Monde, diskret und stolz den Sieg der französischen Politik: Die SPD erhält das Finanzministerium und ist damit für die „Reform der Eurozone“ zuständig. Wofür ganze Heerscharen von Lobbysten der Pariser Politik – Deutsche wie Franzosen – Sturm gelaufen waren, scheint nun erreicht worden zu sein: Im Finanzministerium wird nun einer sitzen, von dem man die Erfüllung französischer Wünsche schnellstens erhoffen darf.
Doch erstens sind die deutschen Sozialdemokraten eher vaterländisch gesinnt. Die instinktlosen ständigen Hinweise von Schulz auf seine Telefonate mit Macron kamen auf dem letzten SPD Parteitag gar nicht gut an. Und des Weiteren ist Scholz ein ausgewiesener Fachpolitiker, hanseatisch geprägt, der sich von Schulz als Grüß-August im Auswärtigen Amt nicht reinreden lassen wird. Auch wird Scholz – wenn nicht selbst, so dann von den unbestechlichen Beamten des Finanzministeriums – schnell erfahren, wie es um Frankeich und seine Wirtschaft gegenwärtig steht: Das Außenhandelsdefizit schnellte 2017 auf 62 Mrd Euro hoch und der Präsident des Rechnungshofs, der Sozialist Migaud, legte soeben einen unbarmherzigen Bericht zu den öffentlichen Finanzen vor. Danach sind die Voraussagen der Macron-Regierung unzutreffend und somit unzureichend, um die Staatsfinanzen Frankreichs zu sanieren
Gewiss haben die Pariser Machthaber ihren Traum, mit Hilfe von Schulz & Co in Deutschland mitzuregieren, nicht aufgegeben. Gerne würden sie die Eurozone in einen Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit verwandeln. Indessen sollten sie sich hinsichtlich der Robustheit des Bundesfinanzministeriums und der Solidität von Olaf Scholz keinen Illusionen hingeben.